
Mehr als 12,2 Millionen Menschen haben sich in diesem Jahr in den USA für die von Ex-Präsident Barack Obama eingeführte Krankenversicherung angemeldet - ungeachtet der Unsicherheit, wie es damit weitergeht. Denn Präsident Donald Trump hat angekündigt, die Reform seines Vorgängers, die Republikaner auch als Obamacare bezeichnen, rückgängig zu machen und zu ersetzen.
Einer Erhebung der Nachrichtenagentur AP zufolge blieben viele Verbraucher dem Programm treu, trotz seiner Probleme. Zu diesen zählen neben den politischen Turbulenzen ein deutlicher Anstieg der Versicherungsprämien, eine höhere Selbstbeteiligung und eine schrumpfende Anzahl von Anbietern.
Zwar haben sich aktuell etwa vier Prozent weniger Kunden für das Programm angemeldet als im Vorjahr. Doch zeigt die beachtliche Zahl von Antragstellern, dass die Republikaner ein hohes Risiko eingehen, wenn sie das Gesetz für eine erschwingliche Krankenversicherung demontieren und durch einen konservativen, noch nicht näher definierten Ansatz ersetzen. Aus der AP-Analyse geht hervor, dass mit 64 Prozent eine deutliche Mehrheit derer, die sich für das Programm eingeschrieben haben, in US-Staaten lebt, in denen Trump bei der Wahl im November siegte.
Donald Trump und seine „große, schöne Mauer“
Trump will auf dem gesamten Verlauf der 3200 Kilometer langen Grenze eine massive Mauer errichten. „Es wird kein Zaun, sondern eine Mauer“, bekräftigte er bei der Pressekonferenz am Mittwoch in New York. Sie soll bis zu 15 Meter hoch sein und aus Stahl und Beton errichtet werden. Nach einer Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) wären dafür 9,7 Millionen Kubikmeter Beton und 2,3 Millionen Tonnen Stahl nötig.
Experten rechnen mit Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe. Die bisherigen Grenzanlagen auf rund einem Drittel des Grenzverlaufs haben damals 2,5 Milliarden Dollar gekostet. Dabei handelt es sich überwiegend um Zäune an leichter zugänglichen Stellen. Das MIT rechnet mit Kosten von bis zu 40 Milliarden US-Dollar.
Zahlen muss zumindest zunächst einmal der US-Steuerzahler. Die Republikaner-Mehrheit im US-Kongress hat vermutlich die Möglichkeit, den Bau auf der Grundlage eines Gesetzes aus dem Jahr 2006 zu genehmigen und auch die Finanzierung freizugeben, ohne dass die Demokraten dies blockieren können. Trump hat allerdings immer wieder versprochen, er werde Mexiko dazu zwingen, für die Mauer zu bezahlen.
Bei der Pressekonferenz in New York sagte Trump, es gebe verschiedene Möglichkeiten, wie Mexiko die USA für die Baukosten entschädigen könnte. „Es könnte eine Steuer oder eine Zahlung sein.“ Denkbar wäre, dass die US-Regierung die Überweisungen von in den Vereinigten Staaten arbeitenden Mexikanern an ihre Familien in Mexiko mit hohen Abgaben belegt. Rund 25 Milliarden Dollar fließen pro Jahr über die sogenannten Remesas nach Mexiko - mehr als die Erdöleinnahmen.
Die mexikanische Regierung will nicht für die Kosten der Mauer aufkommen. „Natürlich wird Mexiko nicht für die Mauer zahlen“, sagte Präsident Enrique Peña Nieto nach Trumps Pressekonferenz. Auch Finanzminister José Antonio Meade betonte bereits: „Ich kann mit absoluter Sicherheit sagen, dass sie nicht im Budget steht.“
Zumindest in einigen Abschnitten lauern juristische Fallstricke. Teile des Grenzgebiets stehen unter Naturschutz, andere sind in Privatbesitz. Ein 75 Meilen langer Abschnitt zwischen dem US-Bundesstaat Arizona und Mexiko wird von dem Indianerstamm Tohono O'odham verwaltet. Nur der Kongress könnte das Gebiet aus dem Trust herauslösen - das gilt als so gut wie unmöglich.
Auf rund 1000 Kilometern wird die Grenze bereits mit einem Grenzzaun geschützt. Zudem gibt es Kameras, Drohnen und Tausende Grenzschutzbeamte, die an der Grenze patrouillieren. Hinzu kommen natürliche Barrieren wie große Wüstengebiete, der Rio Grande oder der Nationalpark Big Bend in Texas.
Sie soll die illegale Einwanderung in die USA verhindern. „Mexiko schickt uns nicht seine Besten. Es sind Drogenhändler und Vergewaltiger“, sagte Trump im Wahlkampf. Tatsächlich ist die Netto-Einwanderung aus Mexiko in die USA wegen der sinkenden Geburtenquote, besserer Chancen in Mexiko und der schleppenden US-Wirtschaft bereits seit 2012 negativ.
Experten bezweifeln das. „Eine stärkere Grenzsicherung erhöht die Kosten eines illegalen Grenzübertritts, was dazu führt, dass die Menschen länger in den USA bleiben müssen, um die Reise profitabel zu machen“, sagt der Soziologe Douglas Massey von der Universität Princeton. Während Saisonarbeiter früher nur für die Ernte in die USA kamen und danach wieder nach Mexiko zurückkehrten, bleiben sie heute meist in den Vereinigten Staaten, weil sie befürchten müssen, es in der nächsten Saison nicht wieder in die USA zu schaffen.
„Wenn sie es ersetzen, dann muss es schon genauso gut oder besser werden als das, was es jetzt gibt. Wenn nicht, wird es sie teuer zu stehen kommen“, sagt John Chipman, ein Schlagzeuger aus Austin, Texas. Er hat auch seine Frau und die beiden Kinder mit Hilfe von Obamacare versichert. Um einen starken Prämienanstieg zu vermeiden, beschränkt sich die Familie in diesem Jahr jedoch auf eine „Bronze“-Versicherung, während es vergangenes Jahr noch die „Silber“-Variante war. Doch ohne das Gesetz würden er und seine Frau wegen Vorerkrankungen vermutlich von keiner Versicherung aufgenommen, sagt Chipman.
Vincent Daley aus Cambridge, Massachusetts, hat sogar drei Jobs, aber keiner von ihnen bietet eine Krankenversicherung. Er schrieb sich im vergangenen Jahr ein. „Versichert zu sein war extrem wichtig, denn ich habe schonmal einen Unfall erlitten, beim Rugbyspielen“, sagt Daley.
Unter Obamacare fiel die Zahl der Nichtversicherten in den USA auf ein historisches Tief von etwa neun Prozent. Seit der Verabschiedung des Gesetzes 2010 wurden rund 20 Millionen Menschen abgesichert. Zusätzlich zu den staatlich subventionierten Privatversicherungen, die über die Regierungswebsite HealthCare.gov vermittelt werden, dürfen US-Staaten demnach das bereits länger existierende Medicaid-Programm ausweiten, um mehr Erwachsene mit niedrigem Einkommen abzusichern.
Die Republikaner argumentieren, dass die Zahl der diesjährigen Antragsteller gar kein Erfolg sei. Denn eigentlich hatte Obamas Regierung für diesen Zeitraum mit 13,8 Millionen Antragstellern gerechnet.
Wie viele Deutsche Trumps Vorschläge auch bei uns gerne verwirklicht sähen
Die Deutschen mögen Donald Trump nicht. Nur wenige Prozent hätten für den Republikaner gestimmt, ergaben Umfragen vor der US-Wahl. Doch ist ihnen womöglich nur der Mensch zuwider, nicht sein Programm? Und fürchtet die überwiegende Mehrheit, dass Trump ein gefährlicher Präsident wird? Eine aktuelle Ipsos-Umfrage im Auftrag der WirtschaftsWoche liefert dazu erstaunliche Erkenntnisse.
Auf die Frage, welche Trump-Vorhaben die Deutschen auch hierzulande gerne umgesetzt sähen, antworteten satte 56,3 Prozent, sie wollten die Abschiebung aller illegalen Ausländer.
34 Prozent der Befragten stimmen Trumps Forderung nach mehr Durchgriffsrechten für die Polizei zu.
Immerhin 30,6 Prozent wünschen sich weniger Einkommensteuer.
26,2 Prozent wünschen sich gar eine strikte Einreiseregulierung für Muslime.
Die Ablehnung der Deutschen gegen Freihandelsabkommen wie TTIP oder TPP zeigt sich auch in dieser Umfrage. 19 Prozent sähen auch hierzulande gerne ein Ende/Neuverhandlung der Freihandelsabkommen.
15 Prozent der Befragten sind für den Aufbau engerer Beziehungen zu Putins Russland.
Die Erbschaftsteuer sähen 13 Prozent der Befragten auch in Deutschland gerne abgeschafft.
Immerhin 4 Prozent wünschen sich eine Einführung von (Schutz-)Zöllen für Importe.
Mehrfach drohte der designierte US-Präsident mit dem Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen. Nur 2 Prozent der Befragten sind für einen Austritt beziehungsweise Rückzug aus dem Klimavertag.
17 Prozent der Befragten ist nicht nur die Person Donald Trump zuwider. Auch das Programm des Republikaners stößt auf Ablehnung.
Gemessen an der Ablehnung seiner Person, sehen die Bundesbürger Trumps Rolle in der Welt noch vergleichsweise milde. 57,2 Prozent der Deutschen gehen davon aus, Trump werde vom Weißen Haus aus die Welt politisch destabilisieren.
55,9 Prozent erwarten negative Auswirkungen für Deutschland.
Zu den möglichen Folgen für die USA ist die Skepsis viel größer: Nur 12,2 Prozent sagen, Trump werde die internationale Position seines Landes nachhaltig verbessern.
Die Zahl der Versicherungsnehmer nehme seit dem vergangenen Jahr stetig ab, denn es sei unpopulär und koste zu viel, sagt der republikanische Senator Orrin Hatch. Seine Partei wolle für eine „verantwortungsvolle Übergangsphase“ sorgen, um so viel Stabilität wie möglich für die Versicherungsnehmer sicherzustellen. Der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Matt Lloyd, sagte, die neue Regierung betrachte Obamacare als Fehlschlag und setze auf Alternativen, die „für das amerikanische Volk funktionieren“ würden.
Befürworter des Gesetzes sagen, die Ungewissheit über seine politische Zukunft habe vermutlich viele Menschen davon abgehalten, sich erneut zu versichern. „Wir haben von Verbrauchern gehört, sie hätten gedacht, Obamacare sei mit der Regierung von Präsident Obama beendet worden“, sagt Elizabeth Colvin, Leiterin des Krankenversicherungsprogramms bei Foundation Communities, einer gemeinnützigen Organisation in Austin, die sich um Menschen mit geringem Einkommen kümmert. Manche Verbraucher hätten gesagt, „warum soll ich mich darum kümmern, wenn es sowieso abgeschafft wird?“.
Doch trotz der schwierigen Ausgangslage habe ihr Programm rund 4000 Menschen und damit sechs Prozent mehr als im vergangenen Jahr zu einem Antrag bewegt, sagt Colvin. „Diese Zahlen zeigen, dass eine Nachfrage nach dieser Versicherung besteht, und dass die Menschen in dem finanziellen Schutz und dem Zugang zur Krankenversicherung einen Wert sehen.“
Als neuer Gesundheitsminister wurde der Abgeordnete und Obamacare-Kritiker Tom Price aus Georgia am Freitag im Amt vereidigt. In seinem Anhörungsverfahren erklärte er, die Regierung wolle bereits Versicherten nicht den Boden unter den Füßen wegziehen. Und er räumte ein, dass es bislang keinen fertigen Ersatzplan gibt.