Gibraltar „Wir bereiten uns derzeit auf einen harten Brexit vor“

Die britische Enklave Gibraltar bereitet sich auf einen harten Brexit vor. Das kleine Land am Südzipfel Spaniens könnte darunter jedoch besonders leiden. Und doch: Die Bewohner stehen zum Vereinigten Königreich.

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In der britischen Enklave möchte man kein Teil von Spanien werden. Quelle: Reuters

Brüssel Anfang April erinnerte ein spanisches Kriegsschiff vor der britischen Halbinsel Gibraltar daran, dass der Brexit auch Fragen von Krieg und Frieden berührt. Denn Spanien, dem das Gebiet bis 1713 gehörte, zeigte kurz seine Herrschaftsansprüche - in der britischen Regierung und den britischen Medien kochten sofort nationale Gefühle hoch. Zwar haben sich die Spannungen zwischen Madrid und London mittlerweile wieder beruhigt. Aber die 30.000 Einwohner in der kleinen britischen Enklave am Südzipfel Spaniens wissen seither, wie sehr auch ihr Schicksal vom Ausgang der britischen Austrittsverhandlungen aus der EU abhängig sein wird. „Wir bereiten uns derzeit auf einen harten Brexit vor“, gibt sich James Tipping, Direktor der für Finanzinstitutionen zuständigen Gibraltar-Behörde wenig optimistisch. Gibraltar rechne derzeit nicht mehr damit, einen besonderen Status und damit Zugang zum EU-Binnenmarkt zu erhalten, betont er.

Dabei hatte die große Mehrzahl der Menschen in Gibraltar im Sommer 2016 gegen einen Brexit gestimmt. Nun aber will man retten, was zu retten ist. Und dazu gilt es die Bande zu Großbritannien zu verstärken. Denn so klar wie die Menschen in Gibraltar den Brexit abgelehnt haben, so sehr sind sie gegen den von der spanischen Regierung geforderten Anschluss an Spanien. In einem Referendum stimmten 2002 99 Prozent für den Verbleib im Königreich - auch heute ist die Stimmung eindeutig.

Das hängt auch damit zusammen, dass man mit dem Modell gut gefahren ist, von Touristen, Versicherungen und Glücksspiel zu leben. Immerhin 15.000 Firmen sind in dem kleinen Gibraltar registriert. Versicherungen auf dem „Felsen“, wie Gibraltar auch genannt wird, halten rund 20 Prozent der Policen der Autobesitzer in Großbritannien. Dazu kommen ein Dutzend Banken, einige Investmentfonds und führende Online-Wettfirmen. „Unser Finanzmodell wird sich nicht ändern“, beschreibt Tipping seine Vorstellung von der Zukunft der Enklave. Großbritannien habe bereits zugesagt, dass es vollen Marktzugang für die Firmen in Gibraltar gewähren werde.

Allerdings hängt dennoch ein Damoklesschwert über Gibraltar. Denn Spanien hat wie jedes anderes EU-Land ein Vetorecht, wenn am Ende über den britischen EU-Austrittspakt entschieden wird. Und die Regierung in Madrid will den Anspruch auf Gibraltar nicht kampflos aufgeben. Und auch andere EU-Regierungen könnten eine wenig freundliche Haltung einnehmen, sobald erst einmal die anderen großen Themen ausgehandelt sind. Denn ein Grund für die erstaunlich hohe Anzahl an Firmen in dem 30.000 Einwohner-Ort sind die niedrigen Steuern. Und mehrere EU-Regierungen haben Großbritannien bereits gewarnt, dass sie Steuerdumping durch britische Gebiete nach einem Brexit nicht mehr hinnehmen wollten.

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