Giftgas-Affäre Russland wirft USA und Großbritannien „Goebbels-Propaganda“ vor

Russland will „zur rechten Zeit“ auf die ausgewiesenen Diplomaten reagieren – und macht Großbritannien ausgerechnet die Giftgas-Affäre zum Vorwurf.

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Moskau Wirklich Nettes hatte Heather Nauert, die Sprecherin des Weißen Hauses, über Russland nicht zu sagen. Als sie gefragt wurde, ob die Diplomatenausweisungen eine Einmischung bei den Kongresswahlen 2018 verhindern würden, sagte sie: „Russland hat lange Arme und viele Tentakel.“ Und fügte dann erklärend hinzu: „Ganz wie ein Tiefseemonster.“

Die russische Botschaft in Washington fühlte sich angesichts dieser Beschreibung an Goebbels-Propaganda erinnert und twitterte als Antwort: „Heute haben wir die „Große antibolschewistische Show“ in der Aufführung des US-State Departments gesehen.

Neben dem Stenogramm des Briefings von Nauert führte die Botschaft dann ein Plakat aus Nazizeiten auf.

Auch in Moskau kam der Vergleich nicht gut an: Der stellvertretende Chef des Sicherheitsausschusses in der Duma Andrej Krasow sprach von einer „Dämonisierung Russlands“, die es schon immer gegeben habe, die nun aber mit „neuer Kraft“ eingesetzt habe, weil Russland erstarke.

Aber es sei nicht Russland gewesen, das ohne UN-Resolution den Irak und Syrien zerstört und Jugoslawien bombardiert habe, fügte er hinzu. „Wenn es ein Monster gibt, dann ist das nicht Russland“, wies Krasow die Schulzuweisungen über die Störung der internationalen Ordnung an die Gegenseite zurück.

Das russische Außenministerium wiederum knöpfte sich London vor und rieb den Briten ausgerechnet jene mysteriösen Todesfälle unter die Nase, deren zum Großteil Moskau verdächtigt wird. Großbritannien könne die Sicherheit russischer Bürger auf seinem Territorium nicht gewährleisten.

„Die eklatantesten Beispiele sind die Vergiftung des ehemaligen FSB-Agenten Alexander Litwinenko, die ungeklärten Todesfälle der Unternehmer Badri Patarkazischwili und Alexander Perepilitschny, der rätselhafte Selbstmord von Boris Beresowski und die Strangulierung seines Geschäftspartners Nikolai Gluschkow und zu guter Letzt der Anschlag auf Leben und Gesundheit von Sergej und Julia Skripal“, heißt es auf der Webseite des russischen Außenamts.

Neben diesen rhetorischen Nadelstichen hat Außenminister Sergej Lawrow noch einmal angekündigt, auf die Massenausweisungen mit Taten zu reagieren. „Wir werden antworten, zweifeln Sie nicht daran, denn so eine Frechheit will niemand einstecken“, sagte er.

Wann diese Reaktion erfolgt, lässt der Kreml aber weiterhin offen. Wladimir Putins Sprecher Dmitri Peskow bestätigte, dass Moskau eine Reaktion vorbereite. Diese werde „zur rechten Zeit“ erfolgen, sagte er und fügte hinzu, dass Russland dabei strikt auf die Wahrung seiner eigenen Interessen achten werde. Russland sei für eine Verbesserung der Beziehungen offen, aber dies sei keine Einbahnstraße, betonte er.

Einen diplomatischen Boykott der Fußball-WM fürchtet Peskow derweil nicht. Nach der britischen Premierministerin Teresa May hatten auch mehrere andere Regierungen von WM-Teilnehmern angekündigt, dem Großereignis fernzubleiben.

Peskow sagte dazu: „Der Verzicht von Staatsgästen, die eine oder andere Veranstaltung im Rahmen des Wettbewerbs zu besuchen, wird kaum einen negativen Einfluss auf den Festtag des Sports im Ganzen haben, denn bei einer Fußball-Weltmeisterschaft ist das Wichtigste nicht die Anreise von Beamten oder offiziellen Vertretern, sondern das Spiel der Mannschaften.“

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