
Das wird ein Gipfel im Schnelldurchgang. Gerade einmal 25 Stunden werden die Staats- und Regierungschefs der acht führenden Industrienationen zusammen sitzen. Freitagmittag ist schon wieder alles vorbei. Und der enge zeitliche Rahmen signalisiert schon das Problem der Gruppe: Mögen die ökonomischen Probleme rund um den Globus auch gigantisch sein – von Staatsschuldenkrise über Anti-Terror-Kampf nach dem Tod Bin Ladens bis zu den Folgen der Atomkatastrophe in Japan: Das G-8-Treffen im französischen Deauville ist für die akutellen Probleme das falsche Gremium.
Deutsche Regierungsbeamte verweisen bei allen aktuellen Fragen darauf, dass das jeweilige Thema entweder gar nicht offiziell auf der Tagesordnung steht oder nur in einzelnen Gesprächen am Rande und schon gar nicht abschließend behandelt werden wird. Die Besetzung des vakanten IWF-Chefpostens ist zwar für die gesamte Weltwirtschaft und vor allem für die strauchelnden Europäer nicht unwichtig, aber beim Termin am Atlantikstrand fehlen die entscheidenden Akteure. Von den fünf BRICS-Staaten ist nur Russland dabei, umgekehrt fehlt die Masse der Euro-Länder. Ob sich die Partner dennoch zumindest wohlwollend über die französische Kandidatin Christine Lagarde offiziell äußern, ist eher unwahrscheinlich.
Auch beim Welthandel sind große Fortschritte nicht zu erwarten. Die Doha-Verhandlungsrunde tritt auf der Stelle, seit Jahren schon. Wichtige Mitspieler sind in Deauville dabei, aber eben längst nicht alle entscheidenden. Zumindest die Acht wollen sich nun darüber klar werden, ob sie weiter nach einer umfassenden Liberalisierung der Märkte streben oder sich mit dem zufrieden geben wollen, was bisher zwischen den mächtigen Gruppen der Industrieländer einerseits und der Schwellenländer andererseits ausgehandelt wurde.
Werbung für den Standort Ganznahost
Aufsehen wird dagegen der Programmpunkt „Nukleare Sicherheit“ liefern – aber freilich kaum Ergebnisse. Deutschland sähe es gern, wenn sich die acht Partner zu einheitlichen Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke durchringen könnten. Doch sehr hilfreich würden die kaum sein – zu groß sind die technischen Unterschiede zwischen den deutschen Meilern und manchem Alt-Reaktor in Russland oder den Problemanlagen in Fernost. Zumindest ist Deauville für den japanischen Ministerpräsidenten die erste Gelegenheit, den sieben Freunden die Lage zu erklären. Erklärungsbedarf hat auch die Bundeskanzlerin. Angela Merkel möchte von der deutschen Energiewende berichten, denn ihre Beamten haben in der Vorbereitung vom Ausland „großes Interesse“ am teutonischen Sonderweg registriert.
Weit in den Hintergrund rückt dadurch das Thema, mit dem Gastgeber Frankreich eigentlich seinen besonderen eigenen Akzent setzen wollte. Die Entwicklung des Internets, aber auch die Gefahren des Cyber-Krieges wollte Staatspräsident Nicolas Sarkozy mit seinen Gästen besprechen. Dieser Programmpunkt landet nun im Schatten.
So wird als zählbarer Erfolg vor allem die Unterstützung für die nordafrikanischen Länder der Jasmin-Revolution bleiben. Am Freitag gibt es das inzwischen schon traditionelle Treffen mit weiteren Ländern, diesmal nicht nur mit süd-, sondern auch nordafrikanischen Vertretern. „Outreach“ heißt das Format im Konferenzsprech. Die Industrieländer wollen „als Wertegemeinschaft“ ein „Signal der Unterstützung“ an die Revolutionäre senden. Damit es nicht bei guten Worten bleibt, soll die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), die ursprünglich Osteuropa aufpäppeln sollte, südlich des Mittelmeeres aktiv werden. Aber nicht als Geldgeber, sondern als Berater für Unternehmen, die sich im internationalen Geschäft zurechtfinden sollen. Denn ohne eine bessere Wettbewerbsfähigkeit, ohne bessere Exportchancen wird es mit der Umgestaltung der einstigen Autokratien nicht weit kommen.
Die Bundesregierung will zudem bei den heimischen Wirtschaftsverbänden Werbung machen für den Standort Ganznahost. Deutsche Unternehmen sollten dort mehr investieren und vor allem die Zahl ihrer Ausbildungsplätze erhöhen. 200 Firmen sind beispielsweise in Tunesien aktiv, 2000 in Ägypten. Aber auch der Bundesregierung ist klar: Ohne Chancen vor Ort wird auch der Zustrom über das Mittelmeer nicht nachlassen.