Es ist noch kein Jahrzehnt her, da regierte ein ultra-christlicher Präsident George W. Bush die Vereinigten Staaten von Amerika – mit verheerenden Konsequenzen, die sich unter anderem im Gefolge der Kriege im Irak und Afghanistan noch besichtigen lassen. George W. Bush nutzte nicht selten eine religiöse Rhetorik, die „Achse des Bösen“ ist ein Beispiel. Auch führte er den Begriff des „Kreuzzugs“ gegen den Terror ein. Kabinettstreffen des frommen Mannes begannen mit Gebeten. Alles in allem schien sein Weltbild von apokalyptischen und gnostischen Bildern geprägt gewesen zu sein. Hier die Guten, dort die Bösen. Der Konflikt zwischen islamistischem Terrorismus und den Vereinigten Staaten von Amerika als Fanal des biblischen Armageddon.
Biblische Terminologie und christliche Rhetorik ist den Amerikanern, den Republikanern im Besonderen, nicht fremd. Die „scheinende Stadt auf dem Berge“, wie Ronald Reagan die USA apostrophierte, hat darin ihren Ursprung. Wann immer sich der moderne Staat versucht mit Religion zu legitimieren oder aufzuwerten, tut es ihm nicht gut.
Die Marke Donald Trump
Als Baulöwe, Casinobetreiber, Golfclubbesitzer und Ausrichter von Schönheitswettbewerben hat der New Yorker ein Vermögen von zehn Milliarden Dollar angehäuft – nach eigenen Angaben.
Trumps Satz „You’re fired“, mit dem er in der Show „The Apprentice“ ehrgeizige Jungunternehmer feuerte, wurde zum geflügelten Wort.
Trump spendete auch an Demokraten wie die Clintons, tritt nun aber für die Republikaner an.
Am Ende stehen angeschlagene und ausgehöhlte Institutionen, wie es in der Türkei oder in Russland zu beobachten ist. Und nun Donald Trump. Sein „Grab them by the pussy“ ist sicher nicht einem biblischen Text entnommen, aber die Rhetorik, die er entfaltet, ist ebenso geeignet, die Nation zu spalten und die Amerikaner gegeneinander aufzubringen und bürgerkriegsähnliche Szenen zu evozieren.
Zwar sagte der Sexist und Politik-Anfänger am Ende der ersten Präsidentschaftsdebatte, dass er den Ausgang der Wahl akzeptieren würde. Wenig später aber, und zum wiederholten Male, äußerte er, dass der Wahlausgang, sollte er nicht gewinnen, garantiert gefälscht wäre. Seine Anhänger glauben ihm. Denn der Narrativ, dass „die in Washington“, dass „das Establishment“ ihn verhindern wolle, ist tief verankert im US-amerikanischen Selbstverständnis. Fast nichts ist einem Amerikaner mehr verhasst, als seine Zentralregierung.
Das Land ist groß und die Behauptung, dass die in der Hauptstadt nur die individuellen Rechte beschneiden wollten, ist mehr als salonfähig. Die Debatte um Waffenbesitz, den zweiten Zusatzartikel zur US-Verfassung, kreist ebenfalls darum: es geht nicht darum, ob es sinnvoll ist, Waffen zu besitzen, sondern darum, dass es illegitim sei, sollte die Zentralregierung die Waffen ihrerseits einsammeln wollen.
Die Legitimation der Bundesregierung hängt von ihrem als amerikanisch verstandenen Verhalten ab. Dies ist auch der Grund, warum Barack Obama für viele, auch wieder in religiöser Sprache, der „Anti-Christ“ ist. Er hat die Krankenkasse für alle eingeführt. Was eine Selbstverständlichkeit in Europa ist, der Begriff der Solidarität, gilt in den individualistischen USA nicht nur ein Fremd-, sondern auch ein Schimpfwort.
Für viele ist das schlicht Sozialismus. Wenn ein Kandidat presidentiell sein soll, wird er geprüft: verkörpert er das, was als amerikanische Werte gilt? Dabei machen Präsidenten immer einen Spagat, denn sie entstammen dem Politikbetrieb und müssen gleichzeitig so tun, als sei dies nicht der Fall.
Trump behauptet, die Wahl werde garantiert gefälscht
Das, was gerade in den USA passiert, ist aber historisch singulär und nicht in einer Linie mit bisherigen Wahlkämpfen: der Kandidat der Republikaner behauptet, dass die Wahl garantiert gefälscht werden wird. Es ist der erwähnte George W. Bush, dessen Regierung den Nährboden bildet dafür, dass so etwas, wie die Behauptung Donald Trumps, überhaupt gedeihen kann. Seine erste Wahl, von der nicht heute wenige behaupten, dass George W. Bush nicht ihr rechtmäßiger Gewinner war, steht am Anfang dieses Arguments.
Wir erinnern uns an Wahlurnen, die nach der Auszählung der Stimmen irgendwo auftauchten. Bush gewann mit kleinem Vorsprung. Jeb Bush, der Bruder des Präsidenten und auch ein Kandidat im Rennen um das Weiße Haus in diesem Jahr, war damals Gouverneur von Florida.
Damals bot das kommunistische Kuba an, Wahlbeobachter in die USA zu entsenden. Viel tiefer konnte man in jener Zeit nicht sinken. Die Demokratie ist seitdem angezählt und sie wurde weiter beschädigt durch die Tea-Party-Bewegung und die Verstumpfung des konservativen Spektrums in den USA, am besten in seiner ganzen Pracht verkörpert durch Fox-News und die frühere US-Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin.
Heute führt Donald Trump nicht weniger als einen „Kreuzzug gegen die Demokratie“. In der zweiten TV-Debatte hat er umfänglich zu Protokoll gegeben, dass er das demokratische System der USA, das Gesetzgebungsverfahren, nicht versteht. Hillary Clinton musste ihn darauf aufmerksam machen, dass es ein Veto des Präsidenten gibt, als Trump sie anging, warum sie als eine der Senatorinnen nicht im Alleingang ein Gesetz durchgeboxt hat. Ihr war es nicht möglich, weil eben jener Republikaner, George W. Bush, seinerzeit im Amt war.
Ob Donald Trump wirklich versteht, was er da tut? Ist er ein Soziopath, ein Bully, ein Tyrann? Macht er all das mit Berechnung und Kalkül oder nur und einfach, weil er es kann? Mit seinen fanatischen Anhängern, von denen er einmal gesagt hat, dass sie ihn auch weiter wählen würden, wenn er auf der Fifth Avenue in New York jemand erschösse, ist in jedem Fall nicht zu spaßen.
Die Wirtschaftsberater von Donald Trump
Der Hedgefondsmanager wettete 2007 gegen den überhitzten Immobilienmarkt und machte dadurch Milliarden Dollar Gewinn für sich und seine Investoren. Jüngst waren seine Einschätzungen zu Aktienentwicklungen und Konjunktur jedoch weniger akkurat. In den vergangenen fünf Jahren büßten seine Investments massiv an Wert ein.
Quelle: Reuters
Der Investmentmanager ist Chef der von ihm 1992 mitbegründeten Beteiligungsgesellschaft Cerberus Capital Management. Unter seiner Führung war das Unternehmen auch größter Anteilseigner von Chrysler, bis der Autobauer 2009 mit staatlicher Hilfe saniert wurde.
David Malpass war Vize-Staatssekretär im Finanzministerium unter Präsident Ronald Reagan und Vize-Staatssekretär im Außenministerium unter Präsident George Bush senior sowie Chefvolkswirt der Investmentbank Bear Stearns. Derzeit leitet er die Investmentberatungsfirma Encima Global. Er ist ein scharfer Kritiker der Geldpolitik der US-Notenbank, fordert mehr Investitionen in die Infrastruktur und Steuersenkungen.
Peter Navarro ist der einzige Vertreter auf Trumps Beraterliste, der in Wirtschaftswissenschaften promovierte. Derzeit lehrt er als Wirtschaftsprofessor an der University of California in Irvine. Drei seiner neun Bücher befassen sich kritisch mit Chinas Rolle in der Welt. Er fordert einen Importzoll in Höhe von 45 Prozent auf chinesische Waren. Die USA sollten seiner Meinung nach eine strengere Haltung zu Diebstahl geistigen Eigentums und in Handelsfragen einnehmen.
Howard Lorber ist Chef der Vector Group, die Zigaretten herstellt und im Immobiliengeschäft aktiv ist. Laut Trumps Wahlkampfstab ist Lorber einer der besten Freunde Trumps.
Der Investmentmanager konzentriert sich auf Finanzierungsvorhaben in der Unterhaltungsbranche. Der Ex-Goldman-Sachs-Partner ist Chef der Beteiligungsgesellschaft Dune Capital Management. Er hat in der Vergangenheit häufig Geld an die Demokraten gespendet, einschließlich deren Kandidatin Hillary Clinton. Mit Trump ist er nach eigenen Angaben seit mehr als 15 Jahren privat und beruflich verbunden.
Dan Dimicco ist Ex-Chef der Nucor Corp, einem der größten US-Stahlproduzenten. Er ist ein scharfer China-Kritiker und tritt ein für neue Handelsregeln zugunsten der US-Industrie.
Stephen Moore ist einer der führenden konservativen US-Wirtschaftsexperten, der für das "Wall Street Journal" arbeitete und derzeit der Denkfabrik Heritage Foundation angehört. Er gründete die Anti-Steuern-Lobbygruppe Club of Growth.
Der Immobilienfinancier und Hotelentwickler ist ein langjähriger Freund Trumps. Er ist Gründer und Chef der Beteiligungsgesellschaft Colony Capital.
Donald Trump hat Lust daran, das Land an den Rand des Bürgerkriegs zu manövrieren. Ob er dabei eine Marionette des Kreml ist oder nicht, wird früher oder später herauskommen. In jedem Fall lacht man sich in Moskau kaputt und sehnt den Untergang der verhassten USA herbei. Seine Ankündigung, Hillary Clinton ins Gefängnis zu werfen, wenn er Präsident wird, spricht Bände. Eine unabhängige Justiz, Gewaltenteilung? Der Generalstaatsanwalt muss sich der Sache des Präsidenten Trump annehmen, sagt dieser.
Am Ausgang dieser Untersuchung hat Trump indessen schon heute keinen Zweifel. „Lock her up!“ skandieren seine Anhänger: „Sperr die Clinton ein!“ Die USA erinnern nicht mehr an die Stadt auf dem Berge, sondern an das durch den Tyrannen Nebukadnezar zerstörte Jerusalem. Und es erinnert an das Wort des Herrn, der im Angesicht der Tragöde spricht: „Weint über euch und eure Kinder“ (Lk. 23,28).