Görlachs Gedanken

Es geht um viel mehr als TTIP

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Krise weitet sich auf Politik aus

Wer beziehungsweise was von beidem zuerst da war, Politik oder Handel, darüber streiten sich die Gelehrten. Handel war schon immer im Interesse von Imperien, Reichen und Ländern. Die Kaufleute folgten Straßen, die geschützt werden mussten und ihr Handel unterlag Regeln, die einer festlegen und sanktionieren musste. Eine Marktabschottung fand auch in früheren Jahrtausenden nicht statt, weswegen man römische Münzen in China gefunden hat. Das heutige China nimmt sich seinen antiken Vorläufer übrigens nicht zum Vorbild: das Reich der Mitte "schützt" heute seinen Markt, in dem es einen Eintritt dort maximal erschwert.

Chlor-Hühnchen contra Pferde-Lasagne
Chlor-Hühnchen Quelle: dpa
 Keimbombe verzehrfertiger Salat Quelle: Fotolia
Radioaktiv bestrahlte Lebensmittel Quelle: Fotolia
H-Milch Quelle: REUTERS
Hormon-Fleisch Quelle: AP
Gentech-Gemüse Quelle: AP
 Rohmilchkäse Quelle: AP

Ein Liebäugeln mit Abschottung ist auch im Westen zu erkennen, in Deutschland genauso wie im Amerika, das fasziniert auf den möglichen Präsidentschaftskandidat Donald Trump schaut. So ist es augenfällig, dass die Ablehnung von TTIP in einer Zeit steigt, in der nationales Denken wieder erstarkt und eine "Zugbrücke hoch"-Haltung viele Länder des Westens erfasst hat.

Wir erleben also nicht nur eine Krise des Handels, sondern auch der Politik. Die Globalisierung hat Gewinner geschaffen und Verlierer produziert. Anders als der freie Verkehr von Gütern und Personen hat der freie Verkehr von Geld der Menschheit keinen Segen beschert. Vielmehr ist die Entkoppelung des letzten von den erst genannten für die schwerste Finanz- und Wirtschaftskrise seit der Depression der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts verantwortlich.

Beide Beteiligten, die USA genauso wie die EU, verfolgen mit dem TTIP-Abkommen Ziele. Die Hoffnung soll nicht vergebens sein, dass es hierbei um Ziele zweier Akteure handelt, deren Interessen sie mehr eint als dass sie trennt. Durch TTIP entsteht der größte Freihandelsraum der Erde. Und die USA und Europa, die gemeinsam das formen, was gemeinhin der Westen genannt wird, können gegen andere Modelle des Wirtschaftens wie es beispielsweise von Peking in Afrika vorexerziert wird, nur dann mit legitimen Mitteln ankommen, wenn sie ihre Optionen erweitern und rechtlich kodifizieren.

Eine Welt des Menschen ohne Handel hat nie existiert. Abkommen, die den Handel fördern, sind prinzipiell zu begrüßen, denn sie nehmen prinzipiell die Unterzeichner als Gleichberechtigte in die Pflicht. Wahr ist aber auch, dass die eingeübten Verfahren,mit denen Übereinstimmung hergestellt wird, überholt sind. Man muss das beides trennscharf halten: den freien Handel als solchen und die Wege, wie man ihn ins Werk setzt.



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