Görlachs Gedanken
Donald Trump zerstört den Amerikanischen Traum Quelle: REUTERS

Trump zerstört den Amerikanischen Traum

Was einst die Attraktivität der USA ausmachte, ist unter der Ägide von Donald Trump verschwunden. Aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist eine fremdenfeindliche Bastion geworden.

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Harvard-Professor Joseph Nye hat den berühmten Begriff der "Soft Power" geprägt. Die USA, so der Politikwissenschaftler, würden sich dadurch auszeichnen, dass ihre Pop-Kultur, ihr Kino, die Sprache in aller Welt beliebt seien. Diese "Soft Power", dass der American Way of Live weltweit als erstrebenswert angesehen wird, habe die Vereinigten Staaten zu dieser Stadt auf dem Berge gemacht, die sie sei, und nicht etwa ihre Militärmacht.

Darüber lässt sich diskutieren, aber letztlich kann nichts darüber hinwegtäuschen, dass das, was die Attraktivität der USA einmal ausgemacht hat, unter der Ägide von Donald Trump verschwunden ist. Aus dem "Land der unbegrenzten Möglichkeiten", in dem man "vom Tellerwäscher zum Millionär" werden konnte, ist eine fremdenfeindliche Bastion geworden. Die neueste Entwicklung, wonach beim illegalen Grenzübertritt Kinder von ihren Eltern getrennt werden, stellt den einst so inklusiven Narrativ der USA erneut in Frage. Sowohl die First Lady als auch die Tochter des Präsidenten haben in öffentlichen Statements die Härte dieser Maßnahmen kritisiert. Das dürfte nun der Weltöffentlichkeit vor Augen führen, wie gespalten die USA in dieser (und anderen Fragen) wirklich sind: der Riss geht durch die Familien.

In Europa brauchen wir uns nicht auf das hohe Ross zu schwingen: es gab genügend Umfragen, in denen sich - knapp zwar, aber dennoch - die Bevölkerung verschiedener europäischer Länder für einen Einreisestopp für Muslime nach dem Modell Trumps ausgesprochen haben. Die deutsche Bundesregierung steht vor einer Zerreißprobe, die sich um die Frage der Zuwanderung dreht. Dabei hat dieses sicherlich schwierige Thema überall, wo es diskutiert wird, zwei Seiten: die eine ist die öffentliche, öffentlichkeitswirksame. Die andere ist die Seite konkreter Politik. Das die beiden auseinanderklaffen, hat häufig etwas mit Populismus zu tun, aber viel eher damit, dass das Thema Zuwanderung eben kein simples ist, dass sich einfach lösen ließe.

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Wenn - und diese Debatte ist in den USA und in Deutschland ähnlich - Menschen illegal einreisen, nicht im Land sein dürfen und in beiden Fällen dennoch dort verbleiben, dann ist das eine Herausforderung für den Rechtsstaat. Zum einen muss er prüfen, ob die Gesetze überhaupt Sinn ergeben und die Wirklichkeit spiegeln. Zum anderen ob die Politik bereit ist, die nötige Führungskraft für die Umsetzung des Auftrags des Gesetzgebers auch aufzubringen. In Deutschland hat die Zustimmung zur Aufnahme von Flüchtlingen im Oktober 2015 rapide nachgelassen, nachdem die Bundeskanzlerin in einer TV-Talkshow erklärte, dass man Grenzen heute, im 21. Jahrhundert, nicht mehr wirklich schützen könnte. Zudem wurde eine fast schon philosophisch klingende Debatte über Grenzen an sich losgetreten.

In den USA ist das Problem ein anderes: die Einwanderung aus Mexiko ("Mexikaner" meint in der Sprache von Herrn Trump alle Lateinamerikaner) ist rückläufig. Ein dauerhaftes Problem ist jedoch die instabile Situation in Zentralamerika und südamerikanischen Ländern, von Guatemala über Honduras bis nach Venezuela. Die Grenze, die es für die Vereinigten Staaten zu schützen gelte, wäre die Südgrenze Mexikos. Und das Land täte gut daran, sich konstruktiv an der Entwicklung der krisengeschüttelten südlichen Nachbarländer zu beteiligen.

Diese Beschreibung erinnert an die Führungsstärke, die im europäischen Fall ebenfalls gebraucht wird: die Unterstützung der südeuropäischen Länder, die Stabilisierung der nordafrikanischen Länder. All das sind Strategien und Maßnahmen, über die sich sachlich streiten lässt, die aber in sich noch nicht zu der Herzlosigkeit führen, mit der in den USA nun an der Grenze agiert wird. Führungsstärke und "Soft Power" gedeihen letztlich nur auf einem Boden, der von Werten genährt wird. Werte machen ein Land sympathisch und einen Lebensstil erstrebenswert. Sie sorgen damit dafür, dass Menschen dort leben wollen, wo diese Werte geteilt werden. Nur in ein "Arschlochland" (Zitat Donald Trump) will keiner auswandern.

Empathie und Mitmenschlichkeit sind Beispiele für diese Werte. Dazu kommen sperrig klingende wie Verhältnismäßigkeit und Rechtsstaatlichkeit. Gerade im Pochen auf das Recht liegt im Moment die Gefahr für die USA. Die Deutschen mögen sich an den Sekundärtugenden-Streit zwischen Helmut Schmidt und Oskar Lafontaine erinnern. Mit deutschen Tugenden wie Fleiß und Pünktlichkeit könne man, so lautete die Kritik Lafontaines an Schmidt, genauso gut ein Kaufhaus wie ein KZ betreiben. Diese formalen Kriterien benötigen inhaltliche Füllung, sie brauchen Herz, um die Botschaften aufzugreifen, die Ivanka und Melania Trump an den Präsidenten senden.

Gerade wenn es dieses "Herz" gibt, verhilft man dem Recht zu seinem Recht: wer illegal in ein Land einreist, der begeht eine Straftat. Er verliert aber nicht seine Menschenwürde, seinen Wunsch nach einem guten Wort, den Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren und das Recht auf den grundlegenden Impuls, sein und das Leben seiner Kinder verbessern zu wollen. Wenn einer Einwanderer-Nation wie den Vereinigten Staaten von Amerika die Einsicht in diesen Zusammenhang verloren geht, geht es seiner Seele verlustig, verrät den amerikanischen Traum und verliert seine "Soft Power". Diese bedeutet ja, dass man ein gutes Beispiel abgibt und Vorbild ist. Der Anführer der freien Welt aber sendet einen Botschafter nach Deutschland, der die menschenfeindlichen Kräfte stärken soll, er sprengt die G7 mit dem Wunsch, das nicht-demokratische Russland wieder an den Tisch zu laden, er exportiert seine empathielose, spaltende Botschaft in den Rest der Welt. Damit verliert der Westen insgesamt an "Soft Power".

"Soft Power" ist kein "deal making". Mit der Logik eines nicht richtig erfolgreichen Unternehmers an die Lenkung der USA und der Welt zu gehen, war, ist und bleibt ein Fehler. Donald Trump gibt die Seele der USA auf. Die First Lady scheint eine von denen zu sein, die den Kompass für das, was die USA einmal wirklich und in der Tat groß gemacht hat, nicht aus den Augen verloren hat.

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