




Wenige amerikanische Namen tauchen in den Panama-Papieren auf. In einem ersten Reflex witterten Verschwörungstheorien nicht abholde Kommentatoren, dass es sich hier um ein geschicktes Manöver handeln, dass gar die Offenlegung der Namen, unter anderem der Entourage des russischen Präsidenten, von Geheimdiensten befördert gewesen sein, könnte.
Dabei ist der Grund für das Fehlen von amerikanischen Namen ein ganz anderer, viel einfacherer: US-Amerikaner müssen nicht ins Ausland gehen, um eine Briefkastenfirma zu gründen und Steuern zu sparen. Bundesstaaten wie Delaware, Wyoming und Nevada ermöglichen eine Firmengründung ganz einfach, Steuererleichterung inklusive.
Bei den Enthüllungen geht es um mehr, als um Briefkastenfirmen, die es großen Unternehmen ermöglichen, Steuern zu optimieren. Rund 32 Billionen Dollar, so schätzt die britische Zeitung The Guardian, liegen in Offshore-Konten vor dem Fiskus versteckt.
Das müssen Sie zu den Panama Leaks wissen
Der "Süddeutschen Zeitung" sind nach eigenen Angaben umfassende Daten über Briefkastenfirmen zahlreicher Politiker zugespielt worden. Insgesamt gehe es um 11,5 Millionen Dokumente zu 214.000 Briefkastenfirmen, die von einer Kanzlei aus Panama gegründet worden seien. Die Dokumente würden ein detailliertes Bild darüber abgeben, wie diese Firma "Tag für Tag Sanktionsbrüche und Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche in Kauf nimmt". Es gebe Unterlagen über mutmaßliche Offshore-Firmen von zwölf aktuellen und früheren Staatschefs sowie Spuren zu Dutzenden weiteren Spitzenpolitikern, ihren Familien, engsten Beratern und Freunden. Zudem fänden sich fast 130 weitere Politiker aus aller Welt unter den Kunden der Kanzlei, darunter viele Minister. Zur Überblicksseite: www.panamapapers.de
Quelle: dpa/reuters
Die Unterlagen sollen E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge, Passkopien und weitere Dokumente zu rund 214.000 Gesellschaften umfassen, vor allem in Panama und den Britischen Jungferninseln. Der Datensatz wurde der „Süddeutschen Zeitung“ von einer anonymen Quelle zugespielt. Die „Süddeutsche Zeitung“ teilte die Daten mit dem Internationalen Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) und Partnern auf der ganzen Welt. Etwa 370 Journalisten aus 78 Ländern haben im Zuge der Recherchen den Datenschatz aus rund 11,5 Millionen Dateien ausgewertet. Es handle sich um „ein gigantisches Leak in einer bislang nicht vorstellbaren Dimension von rund 2,6 Terabyte“.
Die Kanzlei Mossack Fonseca aus Panama bietet die Gründung und Verwaltung von Offshorefirmen an. Nach eigenen Angaben beschäftigt das Unternehmen über 500 Mitarbeiter auf der ganzen Welt. Die Kanzlei ist demnach in Belize, den Niederlanden, Costa Rica, Großbritannien, Malta, Hong Kong, Zypern, den Britischen Jungfern-Inseln, Bahamas, Panama, Anguilla, Seychellen, Samoa und den US-Bundesstaaten Nevada und Wyoming tätig.
Mossack Fonseca bietet zudem Rechtsberatung unter anderem in den Bereichen Finanzen, geistiges Eigentum und öffentliche Ausschreibungen an. Außerdem setzt die Kanzlei Treuhandfonds und private Stiftungen auf und verwaltet sie.
Gegründet wurde die Kanzlei 1977 von dem deutschstämmigen Rechtsanwalt Jürgen Mossack. 1986 tat er sich mit dem Panamaer Ramón Fonseca Mora zusammen. Der Anwalt, Schriftsteller und Politiker war bis vor kurzem Berater von Staatschef Juan Carlos Varela. Wegen Ermittlungen gegen Mossack Fonseca in Brasilien lässt er seine Beratertätigkeit derzeit ruhen.
Panama ist einer der wichtigsten Finanzplätze in Lateinamerika. Ein äußerst liberales Bankengesetz lockte zahlreiche Kreditinstitute nach Mittelamerika. Die Finanzkrise ging an Panama weitgehend vorbei und brachte dem Finanzplatz sogar zusätzliche Investitionen.
Nachdem sich die Schweiz zuletzt von ihrem Bankgeheimnis verabschiedet hatte, galt Panama vielen als neue Steueroase. Immer wieder gibt es Berichte über illegale Transaktionen. In den Achtzigerjahren war das Land das Bankenzentrum der kolumbianischen Drogenkartelle. Zuletzt bemühte sich Panama allerdings darum, dieses Image loswerden und sich als seriöser Finanzplatz zu positionieren.
So erließ die Regierung eine Reihe neuer Richtlinien für Banken, Versicherungen, Immobilienfirmen sowie Wertpapier- und Edelsteinbörsen. Im Februar strich der OECD-Arbeitskreis für Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung (Gafi) Panama von der grauen Liste, auf der Staaten geführt werden, die beim internationalen Austausch von Finanz- und Steuerinformationen noch hinterherhinken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) lobt in seinem jüngsten Bericht die Stabilität des Bankensektors.
Die Schere globaler Ungleichverteilung zwischen Reichen und Armen zeige also, so der Schluss des Artikels, noch viel weiter auseinander als die offiziellen Zahlen es erahnen lassen. Im heißen US-Präsidentschaftswahlkampf ist das genau das Thema von Bernie Sanders. Der Kandidat, der als demokratischer Sozialist beschrieben wird, prangert an, dass die amerikanischen Konzerne und Wall Street nicht ihre Steuern zahlten. Es drängt sich die Frage auf, warum dieses Thema unter einem demokratischen Präsidenten Barack Obama in acht Jahren nicht angegangen werden konnte.
In der großen Finanzkrise des Jahres 2008 fort folgende, wurden die Banken mit den Mitteln der Steuerzahler gestützt und gerettet. Solidarität, ausgedrückt durch ein verantwortungsvolles Geschäftsmodell, haben die Banken im Gegenzug nicht geliefert, nirgends auf der Welt. Stattdessen dreht sich das Bonus-Karussell wieder. Letztendlich sind die Steueroasen blühende und ertragreiche Häfen für die jeweiligen Heimatstaaten, das Geschäftsmodell der Schweiz beruht auf den Banken, ebenso das Englands. Wer hier etwas ändern möchte, der hat es schnell mit ganz potenten Gegnern zu tun. Deshalb haben die US-Amerikaner ihrerseits härteste Bandagen aufgezogen, um das schweizerische Bankgeheimnis zu kippen. Dass gleichzeitig nichts ausreichendes zu hause geschieht, erhöht den Standortvorteil der Vereinigten Staaten.
So sieht Schäubles 10-Punkte-Plan gegen Steueroasen aus
In Deutschland will Schäuble die Maßnahmen gegen Geldwäsche verstärken. Nach den bereits eingeführten strengeren Regeln gegen Geldwäsche im Finanzsektor zielt Schäuble nun auf den gewerblichen Bereich. Dessen Kontrolle ist hierzulande allerdings Sache der Bundesländer.
Die Verjährung von Steuerhinterzieher soll erst einsetzen, wenn ein Steuerpflichtiger seinen bestehenden und neuen Meldepflichten für Auslandsbeziehungen nachgekommen ist.
Schäuble will schärfere Verwaltungssanktionen für Unternehmen einführen. Eine wirksame strafrechtliche Verfolgung von Fehlverhalten scheitere oftmals am Nachweis persönlichen Verschuldens. Daher sollten künftig die Unternehmen selbst stärker zur Verantwortung gezogen werden können.
Anbieter von Steuersparmodellen sollen verpflichtet werden, diese den Steuerbehörden offen zu legen.
Diese nationalen Transparenz-Register sollen nach Schäubles Willen weltweit systematisch vernetzt werden. Steuerverwaltungen sollen Zugriff auf Geldwäscheregister bekommen, wie dies in Deutschland bereits geplant ist.
Die Register sollen auch Nichtregierungsorganisationen und Fachjournalisten offenstehen können. Umgekehrt erwartet Schäuble aber, "dass diese Nichtregierungsorganisationen und Journalisten die Ergebnisse ihrer Recherchen auch den zuständigen Behörden zur Verfügung stellen".
Schäuble setzt sich weltweit für Register der wirtschaftlich Berechtigten von Firmen ein, um die Hintermänner von Unternehmenskonstruktionen transparenter zu machen. Mit der vierten Anti-Geldwäsche-Richtlinie der EU ist ein solches Register für die EU-Staaten bereit vereinbart worden. Die EU-Staaten müssen die Richtlinie bis 2017 national umsetzen.
Der automatische Informationsaustausch soll einen Überwachungsmechanismus bekommen. Die Aufgabe soll das Global Forum der OECD übernehmen, die außerdem Sanktionen für nachlässige oder nicht kooperierende Staaten entwickeln soll.
Schäuble will erreichen, dass weltweit möglichst alle Staaten und Gebiete den neuen Standard für den automatischen Informationsaustausch umsetzen, der 2017 beginnen soll. Bisher haben sich der von Schäuble maßgeblich mit angestoßenen Initiative fast 100 Staaten angeschlossen.
Die verschiedenen nationalen und internationalen "schwarzen Listen" mit Steueroasen sollen vereinheitlicht werden. Die Federführung soll einer internationalen Organisation wie der Industrieländerorganisation OECD übertragen werden.
Schäuble drängt Panama, dem internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen beitreten und dafür zu sorgen, dass inaktive und substanzlose Gesellschaften und deren Gesellschafter identifiziert werden können. Wenn Panama nicht rasch kooperiert, will Schäuble dafür eintreten, bestimmte in Panama getätigte Finanzgeschäfte international zu ächten.
Die Panama-Krise hat nun gezeigt, welche globale Dimension diese Briefkastenunternehmen haben, was es bedeutet, dass Kapital überall auf der Welt frei fließen kann - ein Umstand, der die Globalisierung erst möglich gemacht hat. So liegen Segen und Fluch in ökonomischem Fortkommen. Gleichzeitig wird dieses "Fortkommen" von vielen Angehörigen der Mittelschichten in den westlichen Ländern nicht mehr gesehen.
Wenn sich ein Drittel der Deutschen von der wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt sieht, dann mag man das Warum für diese Einschätzung gerne einmal mit ihnen diskutieren. Gleichzeitig liegt auf der Hand, dass die Nachrichten über eine globale Elite, die schalten und walten kann wie sie möchte, diese bereits vorhandene Tendenz nicht in ihr Gegenteil verkehren wird.