Mit Vergleichen ist es so eine Sache. Äpfel mit Birnen. Sie hinken. Die deutsche Sprache geht ausgiebig der Frage nach, wann und unter welchen Gesichtspunkten ein Vergleich statthaft ist. Donald Trump, der Präsidentschaftskandidat der Republikaner, vergleicht Politik gerne mit "Business", dem Geschäftsleben, in dem er, wie er stets behauptet, große und größte Erfolge erzielt habe – etwa durch geschickte Bluffs.
Bevor wir der Frage nachgehen, ob der Vergleich der Regeln, denen Politik und Geschäftsleben unterliegen, statthaft ist, muss der Hinweis erfolgen, dass Donald Trump keineswegs der erfolgreiche Unternehmer ist, der er vorgibt zu sein: zahllose Pleiten, unzählige unbezahlte Rechnungen von Dienstleistern und illegal Beschäftigte. Die Liste der Klagen gegen ihn ist lang.
Nun hat der US-Präsidentschaftskandidat mehrfach über den Einsatz von Atomwaffen, auch in Europa, gesprochen. Dabei hat er höchste Militärs ebenso verschreckt wie Sicherheitsberater und hochrangige Vertreter seiner Partei, die nun beginnen, seine Kontrahentin Hillary Clinton zu unterstützen. Donald Trump spricht erratisch über Atomwaffen, er habe sich bereits mehrfach danach erkundigt, wie das Prozedere zu deren Einsatz sei, wurde jüngst bekannt.
Seine Strategie, so sagt er, sei es, Verwirrung zu stiften, wie er mit dem Atomwaffenarsenal seines Landes umgehen würde, sollte er Präsident werden. Ein Bluff also wieder? 925 Sprengköpfe hat der Commander-in-Chief jederzeit zu seiner Verfügung. Um die Waffen einzusetzen, muss der Präsident weder den Kongress konsultieren noch eine andere zweite Meinung einholen. Wenn der Präsident, der im Januar 2017 seine Hand auf die Bibel legen wird, auf die schon Abraham Lincoln und danach Barack Obama ihren Amtseid geschworen haben, Donald Trump heißen sollte, dann ist kein Ort der Welt mehr sicher vor seiner Obsession, die er für Atomwaffen zu haben scheint.
Die Wirtschaftsberater von Donald Trump
Der Hedgefondsmanager wettete 2007 gegen den überhitzten Immobilienmarkt und machte dadurch Milliarden Dollar Gewinn für sich und seine Investoren. Jüngst waren seine Einschätzungen zu Aktienentwicklungen und Konjunktur jedoch weniger akkurat. In den vergangenen fünf Jahren büßten seine Investments massiv an Wert ein.
Quelle: Reuters
Der Investmentmanager ist Chef der von ihm 1992 mitbegründeten Beteiligungsgesellschaft Cerberus Capital Management. Unter seiner Führung war das Unternehmen auch größter Anteilseigner von Chrysler, bis der Autobauer 2009 mit staatlicher Hilfe saniert wurde.
David Malpass war Vize-Staatssekretär im Finanzministerium unter Präsident Ronald Reagan und Vize-Staatssekretär im Außenministerium unter Präsident George Bush senior sowie Chefvolkswirt der Investmentbank Bear Stearns. Derzeit leitet er die Investmentberatungsfirma Encima Global. Er ist ein scharfer Kritiker der Geldpolitik der US-Notenbank, fordert mehr Investitionen in die Infrastruktur und Steuersenkungen.
Peter Navarro ist der einzige Vertreter auf Trumps Beraterliste, der in Wirtschaftswissenschaften promovierte. Derzeit lehrt er als Wirtschaftsprofessor an der University of California in Irvine. Drei seiner neun Bücher befassen sich kritisch mit Chinas Rolle in der Welt. Er fordert einen Importzoll in Höhe von 45 Prozent auf chinesische Waren. Die USA sollten seiner Meinung nach eine strengere Haltung zu Diebstahl geistigen Eigentums und in Handelsfragen einnehmen.
Howard Lorber ist Chef der Vector Group, die Zigaretten herstellt und im Immobiliengeschäft aktiv ist. Laut Trumps Wahlkampfstab ist Lorber einer der besten Freunde Trumps.
Der Investmentmanager konzentriert sich auf Finanzierungsvorhaben in der Unterhaltungsbranche. Der Ex-Goldman-Sachs-Partner ist Chef der Beteiligungsgesellschaft Dune Capital Management. Er hat in der Vergangenheit häufig Geld an die Demokraten gespendet, einschließlich deren Kandidatin Hillary Clinton. Mit Trump ist er nach eigenen Angaben seit mehr als 15 Jahren privat und beruflich verbunden.
Dan Dimicco ist Ex-Chef der Nucor Corp, einem der größten US-Stahlproduzenten. Er ist ein scharfer China-Kritiker und tritt ein für neue Handelsregeln zugunsten der US-Industrie.
Stephen Moore ist einer der führenden konservativen US-Wirtschaftsexperten, der für das "Wall Street Journal" arbeitete und derzeit der Denkfabrik Heritage Foundation angehört. Er gründete die Anti-Steuern-Lobbygruppe Club of Growth.
Der Immobilienfinancier und Hotelentwickler ist ein langjähriger Freund Trumps. Er ist Gründer und Chef der Beteiligungsgesellschaft Colony Capital.
Und? Kann man das Dealen und Bluffen bei einem Business-Deal wirklich mit den Anforderungen und Gesetzmäßigkeiten der Politik, in diesem Fall der Weltpolitik, vergleichen? Nein, kann man nicht. Die Metrik des Kalten Krieges, viele Leserinnen und Leser werden sich erinnern, bestand in der perfiden Logik, dass die gegenseitige Abschreckung ein Drücken des Roten Knopfes verhindern würde. Dieses Patt der Mächte hat nichts mit einem Deal in der Geschäftswelt gemein. Geschäfte bedeuten Bewegung, Veränderung.
In der Logik des Kalten Krieges wurde hingegen zementiert, eine Eiszeit geschaffen. Diese Logik hat die in Blöcke geteilte Welt Jahrzehnte lang in Atem gehalten. Die Angst vor einem Atomschlag wurde plastisch und anschaulich gemacht in dem Film "The Day After" (1983). Nach dem dort inszenierten nuklearen Doppelschlag lag die Welt in Trümmern, in der letzten Einstellung des Filmes reicht ein Mann einem anderen ein Stück Obst, in der Gestik unserer tierischen Vorfahren. Der Film sagte klar: Atomwaffen bomben uns zurück in die Steinzeit. Und die Steinzeit gilt nicht als die Blütezeit geschäftigen Treibens.
Wie ein Spielsüchtiger im Casino
Donald Trump ist ein schlechter Geschäftsmann, denn in dieser Welt agiert man nicht, wenn man den Vergleich schon bemühen möchte, wie ein Spielsüchtiger in einem Casino: obsessiv, rücksichtslos und entfesselt. Zum einen ist die Kunst des Deals keine die auf Zerstörung aus ist, sondern auf Opportunität und von dem Willen getragen, seinen finanziellen Einsatz zu vermehren nicht zu zerstören. Natürlich wird bei einem Deal geblufft und natürlich geht es dort nicht nur rational zu.
Gilt das für politische Verhandlungen nicht auch, ist da nicht zumindest eine kleine Parallele, fragt der Teufel auf der Schulter? Der "Deal" mit dem Iran, der "Deal" mit der Türkei, wir sprechen schließlich nicht viel anders über Politik als Donald Trump. Deshalb sollten wir auch aufhören, diese politischen Verhandlungen beziehungsweise deren Ergebnisse als Deal zu bezeichnen. Denn selten wechselt bei diesen Angelegenheiten eine Sache den Besitzer oder werden einfach gestrickte Sachverhalte binär zur Disposition gestellt. Was mit Deal gemeint ist, trifft eher der Begriff Konsens: Man versucht eine Einigung zu erzielen. Ist eine solche erreicht, hat in der Regel keiner der beteiligten Akteure seine Agenda zu einhundert Prozent einbringen und umsetzen können.
Business-Deals sind keine Frage von Leben und Tod. Politische Verhandlungen und der Konsens, der durch sie erreicht wird, schon. Sie stellen Weichen für das Leben und Überleben von Millionen Menschen.
Die internationale Gemeinschaft versucht in schweren und zähen Verhandlungen, ein globales Gleichgewicht der Mächte und Gewalten herzustellen, was ohnehin schwer ist. Dabei wird die Frage, ob es überhaupt gerecht ist, eine Waffe zu besitzen, die die gesamte belebte Welt ausradieren kann, ins Zentrum gestellt und nicht das Gegenteil: wie man am schnellsten an den roten Knopf kommt. Allein schon eine solche Rhetorik wirft die internationale Gemeinschaft um zwanzig Jahre zurück.
Die USA befinden sich nicht im Krieg, Herr Trump. In Gedanken Atomwaffen über Europa oder in Syrien gegen islamistische Terroristen oder wem auch immer abzuwerfen, um den IS abzuschrecken: Was für ein Bluff soll das sein? Den Terroristen, die sich seit Jahren abmühen, an eine schmutzige Bombe zu kommen, wird es wie ein Geschenk des Himmels erscheinen, dass ein US-Präsident bereit ist, echte Atombomben über dem christlichen Abendland und den Stätten des Altertums abzuwerfen.
Die Frage von Herrn Trump: "Warum stellen wir sie dann her?" - gemeint sind Atomwaffen - entlarvt, dass er nicht in den Kategorien des Politischen denken kann. Hiroshima muss aber jeden amerikanischen Präsidenten verpflichten, genau das zu tun.