Griechenland-Poker Schuldenstreit überschattet entscheidende Runde

Wichtige Hürden vor der Auszahlung frischer Kredite an Griechenland sind bereits genommen. Aber ein alter Streit holt die Unterhändler immer wieder ein: Soll das Land Schuldenerleichterungen erhalten?

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Der IWF zweifelt daran, dass die Schuldenlast des EU-Landes langfristig tragfähig ist. Quelle: dpa

Brüssel Deutschland sieht gute Chancen für frische Kredite an das überschuldete Griechenland. „Ich hoffe, dass wir heute zu einer Lösung kommen, die politisch die Sache abschließt“, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble am Montag vor Beratungen der Euro-Finanzminister in Brüssel. Doch überschattete erneut der Streit über Schuldenerleichterungen das zähe Ringen um einen Durchbruch. Auch die Bundesregierung ist sich darüber nicht einig.

Es geht um die nächste Tranche aus dem bereits 2015 aufgelegten Hilfsprogramm für Griechenland. Das Parlament in Athen hatte zuletzt auf Drängen seiner Gläubiger weitere Sparprogramme für die Jahre 2019 und 2020 beschlossen, um den Weg für die Auszahlung frei zu machen. Die Euro-Finanzminister müssen formell bestätigen, dass die Reformen ausreichen. Die EU-Kommission hält das für gegeben.

Zweite Bedingung ist für Deutschland, dass der Internationale Währungsfonds sich an dem Hilfsprogramm beteiligt, das bisher nur von den europäischen Partnern Griechenlands gestemmt wird. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem mahnte den IWF am Montag noch einmal: „Es ist Zeit für den IWF, an Bord zu kommen.“

Der IWF zweifelt allerdings daran, dass die Schuldenlast des EU-Landes langfristig tragfähig ist. Deshalb fordert die Washingtoner Institution Schuldenerleichterungen für Griechenland. Schäuble will aber darüber frühestens 2018 entscheiden, wenn das Hilfsprogramm ausläuft.

Beide Positionen seien noch nicht in Übereinstimmung zu bringen, sagte Schäuble vor der Brüsseler Sitzung. „Deswegen müssen wir schauen, wie wir mit dem IWF eine Lösung finden, dass der IWF sich weiter am Programm beteiligt, ohne gegen seine Regeln zu verstoßen“, fügte der CDU-Politiker hinzu. „Und das wird eines der schwierigen Dinge sein.“ Trotzdem sei er zuversichtlich, dass eine Lösung möglich sei.

Auch sein neuer französischer Kollege Bruno Le Maire gab sich überzeugt, dass man einen Kompromiss finden werde. Der ebenfalls aus Frankreich stammende Finanzkommissar Pierre Moscovici forderte Bewegung. Das Parlament in Athen habe ein ambitioniertes und schmerzhaftes Sparprogramm beschlossen, jetzt sei es an den Kreditgebern, Verantwortung zu übernehmen, sagte Moscovici. „Das griechische Volk braucht dringend einen Durchbruch.“ Dazu zähle eine Lösung für die Tragfähigkeit der griechischen Schulden.

Auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel dringt auf konkrete Zusagen für Erleichterungen ab 2018. „Immer wieder ist Griechenland eine Schuldenerleichterung versprochen worden, wenn die Reformen durchgeführt werden“, sagte der SPD-Politiker der „Süddeutschen Zeitung“. „Jetzt müssen wir zu diesem Versprechen stehen.“

Der neue französische Präsident Emmanuel Macron setzt seinerseits auf eine baldige Vereinbarung, um Griechenlands Schuldenlast dauerhaft zu erleichtern. Das verlautete nach einem Telefonat Macrons mit dem griechischen Premierminister Alexis Tsipras aus Élysée-Kreisen.

Schäuble kontert, für Verhandlungen jetzt wäre ein neues Mandat des Bundestags nötig. Vorstellen kann sich der Bundesfinanzminister aber, dass schon jetzt etwas konkreter gesagt wird, welche Erleichterungen ab 2018 zur Debatte stehen könnten.

Griechenland hat nach Angaben der EU-Kommission mit knapp 179 Prozent der Wirtschaftsleistung mit Abstand die höchste Schuldenlast in der Eurozone. Erlaubt sind eigentlich nur 60 Prozent.

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