Griechenland Schäuble hofft auf schnelle Kompromissfindung

Aus der Sicht von Finanzminister Schäuble könnte es in dem Hin und Her um griechische Hilfszahlungen rasch eine Entscheidung geben. Bereits im Juli könnte Geld fließen. Knackpunkt sind die Schuldenentlastungen.

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Der Bundesfinanzminister hofft auf ein schnelles Ende in den Griechenland-Diskussionen. Quelle: dpa

Berlin Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble rechnet mit einem raschen Ende des Streits um Hilfszahlungen und Schuldenerleichterungen für Griechenland. Sein Sprecher sagte am Mittwoch, es gebe „deutliche Fortschritte“ in der Eurogruppe. „Wir hoffen, dass wir im Juni dann zu einer Auszahlungsentscheidung und im Juli zu einer Auszahlung kommen“. Auch für die noch offenen Probleme mit dem Internationalen Währungsfonds gebe es ein Modell, sagten Insider. Formal bleibe die Beteiligung des IWF am aktuellen Hilfsprogramm unabdingbar. Über etwaige Schuldenentlastungen könnte erst nach Ende dieses Programms 2018 entschieden werden, sagte der Sprecher. Für eine Entscheidung schon jetzt benötigte Schäuble ein neues Mandat des Bundestages.

Schäuble selbst hatte am Dienstag gesagt, dass der IWF sich in den Gesprächen zuletzt „relativ schwierig“ gezeigt habe. Diskutiert wird nach Angaben von Insidern über eine Lösung, bei der der IWF in Kürze seine Bereitschaft zur Beteiligung am geltenden Hilfsprogramm erklärt, aber erst am Ende des Programms, wenn der Fonds seine finale Analyse zur Tragfähigkeit seiner Schulden für Griechenland vorlegt, tatsächlich eigene Zahlungen leistet. Formal würde der IWF danach auch nicht in das europäische Hilfsprogramm einsteigen, sondern ein eigenes daneben stellen, hieß es ergänzend.

Die grundlegenden Auffassungsunterschiede von Eurogruppe und IWF und ihre Folgen werden aus einem Dokument des Euro-Schutzschirms ESM ersichtlich, das Reuters vorliegt. Daraus geht hervor, dass es ohne Schuldenerleichterungen für Griechenland kaum gehen dürfte – trotz gegenteiliger Hoffnungen Schäubles. In dem Papier gibt es nur in einem von mehreren Szenarien, die sich in erster Linie bei den Wachstumsannahmen unterscheiden, die Option, dass das hoch verschuldete Land ohne Entlastungen bei seinen Schulden die Krise hinter sich lassen kann.

Das günstigste Szenario geht von einem langfristigen Durchschnittswachstum von 1,3 Prozent jährlich aus. Dabei müsste die Regierung in Athen bis 2038 einen Primärüberschuss, also unter Herausrechnung des Schuldendienstes, von mindestens drei Prozent gemessen an der Wirtschaftsleistung ausweisen, zum Teil sogar noch etwas mehr. Nach diesen Annahmen könnte der Schuldenstand von derzeit gut 180 Prozent der Wirtschaftsleistung auf knapp 50 Prozent im Jahre 2060 sinken. Ähnlich hohe Überschüsse über 20 oder mehr Jahre hinweg hat in der EU laut Daten der EZB bisher allerdings nur Dänemark zwischen 1983 und 2008 aufgewiesen. Die Dänen haben aber keine zermürbende Schuldenkrise zu überwinden.

Bei allen anderen Szenarien in dem ESM-Dokument, über das das Handelsblatt zuerst berichtet hatte und über die die Euro-Finanzminister am Montag beraten hatten, werden aber Schuldenerleichterungen eingerechnet. Diese Entlastungen entsprechen dem, was die Eurogruppe Griechenland schon im Mai 2016 in Aussicht gestellt hatte. In einer Annahme, in der die Zahlen des IWF zugrunde gelegt werden, reichen diese Erleichterungen aber nicht aus: Der Schuldenstand würde demnach bis 2060 auf fast 226 Prozent der Wirtschaftsleistung anschwellen, vor allem weil nur ein relativ schwaches Wachstum von einem Prozent pro Jahr angesetzt wird.

Ein sogenanntes Szenario C versucht einen Mittelweg zwischen den optimistischen Annahmen der Euro-Geldgeber und den pessimistischen des IWF zu finden. Es könnte die Grundlage für eine Annäherung zwischen beiden Seiten bilden für das nächste Treffen der Eurogruppe am 15. Juni.

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