Griechenland Ewig gefangen im Schuldenstrudel?

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Schlechte Zahlungsmoral belastet Staat und Banken


Auch die griechischen Banken kämpfen gegen den Schuldenstrudel. Sie haben an ihre Kunden Kredite von 200 Milliarden Euro ausgereicht. Davon wird die Hälfte nicht mehr bedient. Zum Vergleich: Vor Beginn der Krise lag die Quote der notleidenden Darlehen nur bei 4,8 Prozent. Etwa 57 Prozent der faulen Kredite entfallen auf kleine und mittelgroße Firmen, 28 Prozent auf Hypothekendarlehen. Die restlichen 15 Prozent sind Verbraucherkredite: Fast zwei Millionen Griechen können ihre Kreditkartenrechnung, die Raten für das Auto, den Fernseher oder die Waschmaschine nicht mehr abbezahlen.

Infolge der siebenjährigen Rezession, fallender Einkommen und der Massenarbeitslosigkeit sind viele Familien tatsächlich in echter Not. Andere nutzen die Krise als Vorwand und zahlen nicht, obwohl sie es könnten. Bank-Experten schätzen, dass ein Fünftel der faulen Kredite auf das Konto solcher „strategischer Schuldner“ geht.

Auch der Staat leidet unter der schlechten Zahlungsmoral. Die Griechen schulden dem Fiskus festgestellte Steuern und Abgaben von 93 Milliarden Euro. Das entspricht dem 1,8-Fachen der gesamten letztjährigen Haushaltseinnahmen. Weitere 25 Milliarden entfallen auf nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge. Die Zahl der Schuldner beläuft sich auf gut vier Millionen. Das bedeutet: Fast vier von zehn Bürgern, vom Baby bis zum Greis, schulden dem Staat Geld.

Zwar hat der Fiskus nach einer dieses Jahr verabschiedeten Gesetzesänderung die Möglichkeit, die Bankkonten säumiger Schuldner auch ohne Gerichtsbeschluss zu pfänden. Aber Fachleute des griechischen Finanzministeriums wissen: Von den ausstehenden 93 Steuer-Milliarden werden sie nur einen Bruchteil eintreiben können – optimistische Schätzungen gehen in eine Größenordnung von zehn Milliarden. Denn die Forderungen reichen zum Teil Jahrzehnte zurück.

Viele Schuldner sind längst tot - oder pleite. Beispiel: Der größte Steuerschuldner Griechenlands ist das Brokerhaus „Akropolis“. Die Firma schuldet dem Finanzamt einschließlich Strafgeldern und Verspätungszuschlägen mittlerweile 8,5 Milliarden Euro. Aber das Unternehmen ist seit Jahren bankrott. Die früheren Inhaber sitzen wegen Betrugs im Gefängnis. Da ist für den Fiskus wohl nichts mehr zu holen.

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