Großbritannien Briten wollen Referendum über Brexit-Bedingungen

Der Brexit spaltet Großbritannien – laut einer Umfrage spricht sich eine Mehrheit für eine Volksabstimmung über die Bedingungen des Brexit aus.

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Brüssel/London Eine Mehrheit der Briten hat sich einer Umfrage zufolge für eine Volksabstimmung über die Bedingungen des Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union ausgesprochen. In der am Freitag veröffentlichten Erhebung des Meinungsforschungsinstituts YouGov für die Zeitung „The Times“ vertreten 42 Prozent der Befragten die Ansicht, es solle ein Referendum über die endgültige Brexit-Vereinbarung zwischen Großbritannien und der EU geben. 40 Prozent waren dagegen.

In einer weiteren Umfrage zeigten sich auch immer mehr Briten unzufrieden mit der Regierung und der Amtsführung von Premierministerin Theresa May. Die Vorschläge der britischen Regierung zu einer Brexit-Vereinbarung stoßen bei der EU-Kommission und im Europaparlament auf Widerspruch. Die Chefunterhändler beider Institutionen erteilten zentralen Vorschlägen des britischen Plans eine Absage.

Gut acht Monate vor dem EU-Austritt am 29. März 2019 sind die Briten tief darüber gespalten, wie der Brexit vollzogen werden soll. Vor allem Anhänger der oppositionellen Labour-Partei unterstützen der Umfrage zufolge ein zweites Referendum.

Bei der Brexit-Volksabstimmung im Juni 2016 hatten 51,9 Prozent der Wähler für, 48,1 Prozent gegen den Austritt gestimmt. Sollte erneut über den Verbleib in der EU abgestimmt werden, würden sich der „Times“ zufolge derzeit 45 Prozent dafür aussprechen, 42 Prozent wären für den Brexit.

Der Regierung, die bislang jedem weiteren Referendum eine Absage erteilt hat, stellen immer mehr Briten ein schlechtes Zeugnis aus. In einer Ipsos-Mori-Umfrage für die Zeitung „Evening Standard“ äußerten sich nur noch 30 Prozent zufrieden mit der Amtsführung Mays nach 35 Prozent in der Juni-Umfrage. Die gesamte Regierung schnitt im Urteil der Bürger noch schlechter ab. 22 Prozent nach 30 Prozent im Juni waren mit ihrer Arbeit zufrieden.

Der Kurs Mays eines weichen Brexit ist in ihrer eigenen Partei heftig umstritten. Hardliner fordern einen harten Schnitt nach einem EU-Ausstieg und lehnten den May-Plan als Verrat am Referendum ab. Aus Protest gegen Mays waren Brexit-Minister David Davis und Außenminister Boris Johnson zurückgetreten. Sie werfen May vor, der EU zu weit entgegenzukommen.

Ob es überhaupt zu einer Einigung der EU mit Großbritannien kommt, ist alles andere als sicher. Einer der Hauptstreitpunkte ist die Gestaltung der künftigen EU-Außengrenze zwischen Irland und der britischen Provinz Nordirland. Um auf der Insel Grenzanlagen mit Kontrollen zu vermeiden, müssen für Nordirland nach EU-Vorstellungen dieselben Regeln gelten wie für die Republik, auch wenn diese von den im übrigen Großbritannien abweichen. May dagegen lehnt neue Hürden im Warenverkehr mit Nordirland ab.

Ihr vor wenigen Wochen vorgelegtes Weißbuch sieht die Schaffung einer EU-Freihandelszone für Güter sowie weitere enge Beziehungen zu Brüssel vor. Kernpunkt ist, dass die EU künftig für Großbritannien Zölle eintreiben soll, wenn die Regierung in London dies auch für die EU tut. Dies lehnt die EU ab.

Die EU könne und werde nicht ihre Hoheit über die Erhebung von Zöllen an ein Nicht-Mitglied wie Großbritannien abgeben, sagte EU-Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier am Donnerstag nach einem Treffen mit dem neuen britischen Brexit-Minister Dominic Raab. „Jedes Zollabkommen oder jede Zollunion muss sich an das Prinzip halten.“

Ähnlich äußerte sich am Freitag der Chefunterhändler des Europaparlaments, das wie die 27 übrigen verbleibende EU-Staaten einem Austrittsvertrag zustimmen muss. Bislang gebe es immer noch keinen praktikablen Vorschlag der Briten zur Lösung des Problems mit der irischen Grenze, sagte Guy Verhofstadt. Ohne eine solche Lösung werde das Parlament aber nicht zustimmen, sagte der frühere belgische Ministerpräsident.

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