Gründungen in China Joint-Venture war gestern

Warum sich deutsche Mittelständler im Reich der Mitte zunehmen entscheiden, ohne chinesischen Partner aufzutreten - und wie das gelingt.

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Beistand gegen Bürokraten - Ingenieur Lauber kennt die Fallstricke für China-Neulinge. Quelle: Stefen Chow für WirtschaftsWoche

Noch sitzt Markus Lauber vor weißen Wänden. Ein paar Mappen stapeln sich schon auf seinem Schreibtisch. Bald soll es losgehen. Der Ingenieur gründet gerade für den Stuttgarter Bauprojektierer Drees & Sommer eine Niederlassung in der chinesischen Hauptstadt.

Sein wichtigste Utensil, verrät Lauber, liegt in einem kleinen Tresor: ein kleiner roter Stempel. Denn Unterschriften zählten in China nichts, wenn der rote Stempel fehle. Bei jeder Bank, selbst bei der Post, brauche er ihn. Der rote Stempel, so viel ist klar, wird das Herz der jungen Firma sein. Das kleine Ding stammt vom örtlichen Zivilgericht, sein Abdruck weist auf die ausgebende Behörde und die Firma hin. Ohne ein solches Signet laufen in China so gut wie keine Geschäfte.

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Doch zu Beginn jedes Einstiegs auf den chinesischen Markt steht für jedes Unternehmen neben dem Kampf um den kleinen Stempel die große Frage nach der passenden Unternehmensform. Eine kleine Repräsentanz, ein Joint Venture oder sogar eine Aktiengesellschaft? Für Drees & Sommer kam nichts davon infrage: Das 1.350-Personen-Unternehmen entschied sich für eine 100-prozentige Tochter – wie die meisten Unternehmen, die derzeit nach China gehen.

Allein stärker

Damit haben sie – anders als in einem Joint Venture mit einem chinesischen Partner – weitgehende Handlungsfreiheit bei Investitionen und im operativen Geschäft. Inzwischen reichen in immer mehr Branchen Genehmigung und der unumgängliche Stempel von der Polizei für eine Unternehmensgründung. Nur noch in wenigen Branchen ist das Joint Venture Pflicht.

Genau die ersten wackeligen Schritte anderer China-Pioniere sind für die Pekinger Niederlassung von Drees & Sommer der Ansatz für das eigene Geschäft. Manager Lauber weiß, wen man wie ansprechen muss, wenn es um den begehrten Stempel oder um eine Baugenehmigung geht. Er hat schließlich schon mehrere Projekte in China in Gang gebracht. Und weil eben zunehmend häufiger ausländische Unternehmen ohne die Unterstützung eines chinesischen Partners im Reich der Mitte starten, müssen sie sich um Grundstücke, Bau und Betrieb der Gebäude selbst kümmern – oder aber einen Immobilienexperten wie Drees & Sommer beauftragen.

Übersicht zu den Rechtsformen deutscher Unternehmen in China (zum Vergrößern bitte Bild anklicken)

Einfacher ist der Weg für ausländische Unternehmen, die nur ihre Waren und Dienstleistungen in China anbieten wollen. „Zum ersten Schnuppern reicht eine Repräsentanz“, sagt Sun Jing, Leiterin der Rechtsabteilung der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in Shanghai. Zwar sind damit operative Geschäfte verboten. Aber eine Repräsentanz ist vergleichsweise einfach aufzubauen. Eigenkapital ist nicht nötig, die Genehmigungsprozeduren sind unkomplizierter.

Mittelständlern, die mehr in China vorhaben, rät Rechtsexpertin Sun Jing, von Anfang an auf Eigenständigkeit in China zu achten und eine 100-prozentige Tochterfirma zu gründen. Im Fachjargon heißen solche Ableger „Wholly Foreign Owned Enterprises“ (WFOE). Diese haben die Form einer „Limited Company“, vergleichbar mit der deutschen GmbH.

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