Handelskonflikt Bundesbank-Chef Weidmann kritisiert Trumps Handelspolitik

Die Strafzölle seien kaum geeignet, um das hohe Leistungsbilanzdefizit sinken zu lassen, sie erreichten das genaue Gegenteil, kritisiert Weidmann.

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Der Bundesbank-Chef plädiert dafür, das Welt-Handelssystem mit Reformen zu stärken. Quelle: Reuters

Berlin Bundesbank-Chef Jens Weidmann hat US-Präsident Donald Trump für den Handelsstreit kritisiert und ihm vorausgesagt, seine damit verbundenen Ziele zu verfehlen. Strafzölle seien kaum geeignet, um das hohe Leistungsbilanzdefizit der USA sinken zu lassen, sagte Weidmann in einem am Dienstag veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters, ohne dabei allerdings Trump namentlich zu erwähnen.

„Dieses dürfte vielmehr durch die expansive, prozyklische amerikanische Fiskalpolitik noch wachsen“, ergänzte er mit Blick auf die radikalen Steuersenkungen in den USA.

Weidmann äußerte sich anlässlich der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds auf Bali in dieser Woche, an der er auch teilnimmt. Der IWF hat vor allem wegen der von Trump angezettelten Handelskonflikte seine Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft gesenkt.

Trump klagt, im Handel von anderen Ländern über den Tisch gezogen zu werden. Er hat deswegen vor allem gegen China schon zahlreiche Sonderzölle in Kraft gesetzt und weitere angedroht. Europa fürchtet besonders neue Abgaben auf Autos. An den weltweiten Börsen hat der Handelsstreit immer wieder für fallende Kurse gesorgt.

Die USA verzeichneten 2017 ein Leistungsbilanzdefizit von 466 Milliarden Dollar, wobei das Minus im reinen Güterhandel mit über 800 Milliarden noch erheblich höher lag. Trump will das ändern. Dabei hat er neben China auch Deutschland mit seinen anhaltend hohen Handelsüberschüssen im Visier.

Weidmann sagte, selbst wenn Deutschland seine Investitionen weiter hochfahre, würde das „kaum das amerikanische Defizit“ drücken. „Der Leistungsbilanzsaldo eines Landes hängt nicht so sehr von der Handelspolitik ab, sondern vor allem davon, wie viel im Inland gespart und investiert wird.“ Die Leistungsbilanz umfasst alle Einnahmen und Ausgaben einer Volkswirtschaft, darunter auch den Handel mit Gütern und Dienstleistungen.

Die wirtschaftlichen Ungleichgewichte hätten sich in den vergangenen Jahren kaum verändert und seien deutlich geringer als vor der Finanzkrise 2008, ergänzte Weidmann. Spannungen in der Weltwirtschaft mit neuen Hürden im Handel seien aber ein Problem. „Insbesondere der Handelsstreit zwischen den USA und China ist ein Beispiel dafür.“

Allerdings macht der Bundesbank-Präsident auch Gegenbewegungen in Richtung mehr Zusammenarbeit aus, wie neue Handelsvereinbarungen der EU mit Japan und anderen Ländern.

Weidmann plädiert dafür, das Welt-Handelssystem mit Reformen zu stärken. Es müsse zukunftsfest gemacht werden. „Dazu gehört, insbesondere den Schutz geistigen Eigentums zu verbessern, und auch Verzerrungen durch staatseigene Unternehmen und Subventionen müssen angegangen werden.“ Dies sind Punkte, die Kritiker aus den USA und Europa immer wieder gegen China ins Feld führen.

Ansteckungsgefahren durch die Währungskrisen in Argentinien und der Türkei für andere Schwellenländer sieht Weidmann derzeit nicht. „Die bisherige Entwicklung zeigt sehr deutlich, dass Investoren durchaus zwischen den einzelnen Schwellenländern unterscheiden.“ Am besten ließen sich Ansteckungseffekte vermeiden, wenn Staaten über solide öffentliche Finanzen und ein widerstandsfähiges Finanzsystem verfügten und eine unabhängige, auf Preisstabilität ausgerichtete Geldpolitik betrieben.

Es gebe aber globale Faktoren, die es vielen Schwellenländern schwermachten, etwa die Zinserhöhungen in den USA und der Ölpreisanstieg. Im Fall von Zahlungsschwierigkeiten könne der Internationale Währungsfonds helfen. Argentinien erhält bereits Hilfen des IWF, die Türkei lehnt diese aber ab, weil sie mit Auflagen verbunden sind. Das Thema dürfte bei der IWF-Jahrestagung in Bali eine Rolle spielen.

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