Haushalt Österreich rechnet erstmals seit 65 Jahren mit schwarzer Null

Österreichs Finanzminister Hartwig Löger kündigt für 2019 eine schwarze Null an. Trotzdem gibt es von der Opposition Häme und Spott.

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Österreichs Bundeskanzler will als Sanierer der Alpenrepublik brillieren. Quelle: dpa

Wien Ein Volkstribun ist Österreichs Finanzminister Hartwig Löger wahrlich nicht. Der frühere Manager des Wiener Versicherungskonzerns Uniqa ist ruhig, besonnen und zurückhaltend. Doch in der Politik muss der Seiteneinsteiger im Auftrag der konservativ-rechtspopulistischen Regierung nun die große Welle machen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) will als Sanierer der Alpenrepublik brillieren, die in den vergangenen Jahren vor allem wegen ihrer Bankenskandale und ihres schwachen Wirtschaftswachstum Schlagzeilen machte. Deshalb war die Botschaft des neuen Finanzministers am 93. Tag seiner Amtszeit simpel: Im nächsten Jahr erreicht der Bund erstmals nach 65 Jahren ein Nulldefizit. 2020 will der Sohn eines Eisenbahners einen kleinen Überschuss von 541 Millionen erwirtschaften.

„Diese Schuldenpolitik muss ein Ende haben. Besser gestern als heute!“, beteuerte Löger in seiner über einstündigen Rede am Mittwoch im Parlament. Das Maastricht-Kriteriums wird Österreich dennoch reißen. Laut der 1992 in Maastricht beschlossenen Konvergenzkriterien darf der staatliche Schuldenstand nicht über 60 Prozent des BIP steigen und das jährliche Haushaltsdefizit nicht mehr als drei Prozent betragen.

Bei der Vorlage des zweijährigen Haushaltes versprach Löger eine Schuldenquote von 74,5 Prozent in diesem Jahr und 70,9 Prozent im nächsten. Wann die Staatsverschuldung unter 60 Prozent sinken werde, darauf wollte sich der Finanzminister auf Nachfrage des Handelsblatts nicht festlegen.

Im Parlament sagte er nur vieldeutig: „Bis 2022 wird sie in Richtung 60 Prozent sinken.“ Nach den optimistischen Angaben des österreichischen Finanzministeriums soll die gesamtstaatliche Schuldenquote dann auf 62,2 Prozent absinken.

Insgesamt hat Österreich Staatsschulden von 290 Milliarden Euro angehäuft. Das entspricht pro Bürger nach Angaben des Finanzministers rund 33.000 Euro. Österreich wird in diesem Jahr knapp fünf Milliarden Euro an Zinsen für die Staatsverschuldung aufwenden müssen.

Seit Jahren leidet der Standort Österreich unter einer im internationalen Vergleich hohen Abgabenquote. Der Anteil von Steuern und Sozialabgaben am BIP wird auch künftig nur minimal sinken – trotz mancher Korrektur der seit Ende des Jahres regierenden Koalition aus konservativer ÖVP und rechtspopulistischer FPÖ.

Vor dem Regierungsantritt der Mitte-rechts-Regierung lag sie bei 41,9 Prozent, in diesem und nächsten Jahr soll sie nur um 0,3 Prozent auf 41,6 Prozent sinken. Für 2022 prognostiziert die Regierung dann 40,9 Prozent.

Die Regierung senkt beispielsweise im Sommer die Mehrwertsteuer für Hotels um drei Prozent, hat die Mietvertragsgebühren bereits abgeschafft und die Flugabgabe halbiert. Dafür bekam sie aus der Wirtschaft viel Beifall. Doch die liberale Denkfabrik Agenda Austria mahnte am Mittwoch in Wien: „Die sinkende Steuer- und Abgabenquote sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Belastung der Einkommen von Arbeitnehmern und Selbstständigen nach wie vor hoch bleibt.“

Kritiker rügen auch, dass die österreichische Regierung noch immer die überbordende Bürokratie des Landes zu sehr schone. Die öffentliche Verwaltung berge noch genug Effizienzpotenzial, um die geplante Sparziele zu erreichen, sagte Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung. Die österreichische Regierung hat für dieses Jahr Einsparungen von insgesamt 2,5 Milliarden im Haushalt angekündigt. Das Volumen der Staatsausgaben beträgt 78,5 Milliarden Euro.

Eigentlich sind die Rahmenbedingungen für eine Gesundung der Staatsfinanzen so günstig wie selten zuvor. Die Regierung in Wien erhält viel Rückenwind durch eine starke Wirtschaftsentwicklung in Österreich und Deutschland, eine sinkende Arbeitslosigkeit und den Fortbestand der Niedrigzinsphase.

In diesem Jahr erwartet das österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo ein BIP-Wachstum von 3,2 Prozent für die Alpenrepublik – das höchste sein zehn Jahren. Hinzu kommt, dass die rot-schwarze Vorgängerregierung mit dem damaligen Finanzminister und Unternehmer Hans Jörg Schelling die Bankenkrise mit der Abwicklung der Kärntner Skandalbank Hypo Alpe Adria überwunden hat. Die Ratingagenturen Standard & Poor’s und Fitch bewerten Österreich mit AA+ und einem stabilen Ausblick.

Von der Opposition gab es deshalb Häme und Kritik für Lögers Haushaltspläne. „In dieser historisch einmaligen Phase mit brummender Konjunktur, sinkender Arbeitslosigkeit und niedrigen Zinszahlungen hätte auch ein Hydrant als Finanzminister ein ausgeglichenes Budget hinbekommen.

Letztlich schafft der Finanzminister nur eines: bei steigenden Einnahmen die Ausgaben stabil zu halten. Das ist zu wenig“, kritisierte Matthias Strolz, Chef der liberalen Neos. Nach seinen Worten werde mit einer „in Zahlen gegossenen Biedermeier-Politik der Status quo einzementiert“.

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