Haushaltsstreit Italien will EU-Wirtschaftskommissar stellen

Italien will die lahmende Wirtschaft mit mehr Schulden anheizen – die EU ist davon nicht begeistert. Deshalb will Italien bald den Wirtschaftskommissar stellen.

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Italien will EU-Wirtschaftskommissar stellen Quelle: Reuters

Rom Italiens populistische Regierung bringt mitten im Haushaltsstreit mit der EU einen eigenen Wirtschaftskommissar ins Spiel. Dieser solle sich nach der Europawahl 2019 um Wirtschaft, Arbeit, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft kümmern, sagte Vize-Regierungschef Matteo Salvini von der rechten Lega am Dienstag.

Er kritisierte die Vorgängerregierung, die sich auf den Posten des Außenbeauftragten konzentriert hätte. „Überlasst das Reden den anderen, Italien braucht Fakten und Arbeitsplätze.“ Die EU-Kommission stört sich an den Plänen Italiens, die lahmende Wirtschaft mit mehr Schulden in Schwung zu bringen. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici aus Frankreich drohte zuletzt sogar mit Sanktionen.

An den Finanzmärkten hat der Haushaltsstreit Unruhe ausgelöst. Vize-Ministerpräsident Luigi Di Maio sagte, die Spannungen dürften aber nachlassen, sobald die EU-Kommission eine Entscheidung zum italienischen Budget getroffen habe. An der Börse werde darauf spekuliert, dass Italien die Euro-Zone verlasse, was aber nicht passieren werde, bekräftigte der Chef der populistischen 5-Sterne-Bewegung.

Allerdings äußerte sich Finanzminister Giovanni Tria besorgt über die steigenden Anleihe-Renditen, wodurch es für Italien teurer wird, neue Schulden zu machen. Außerdem stehen dadurch die Banken des Landes unter Druck, die viele staatliche Papiere in den Bilanzen haben. Österreichs Notenbank-Chef Ewald Nowotny sagte, kurzfristig stelle Italien kein ökonomisches Problem dar. Längerfristig gebe es aber die Frage, ob das Land genügend Vertrauen an den Kapitalmärkten besitze.

Italien sitzt auf einem Schuldenberg von etwa 130 Prozent der Wirtschaftsleistung. Nur Griechenland steht im Euro-Raum noch schlechter da. Die EU-Kommission hat den italienischen Etatentwurf zurückgewiesen, weil dieser ihrer Einschätzung nach keine ausreichenden Pläne zum Schuldenabbau enthält. Sie will am Mittwoch einen Bericht dazu vorlegen, welcher der erste Schritt in einem Defizitverfahren sein könnte.

Di Maio forderte die Kommission zu mehr Flexibilität auf. Wenn die Brüsseler Behörde zu einem offenen Dialog bereit sei, könne eine Lösung gefunden werden ohne Änderungen an den Hauptpunkten der Etatpläne, sagte er dem Radiosender Rai 1. Die Gespräche dürften kein Kampf sein. Am Samstag will sich EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker mit dem italienischen Regierungschef Giuseppe Conte zu einem Abendessen treffen.

Eurogruppen-Chef Mario Centeno sagte vor dem EU-Parlament, Italien könne seine Wirtschaft in Schwung bringen, ohne die Haushaltskonsolidierung zu gefährden. „Ich verstehe und teile die italienischen Sorgen wegen des schleppenden Wachstums und der komplexen sozialen Probleme.“ Die Beachtung der Haushaltsregeln sei aber nicht nur im Interesse eines einzelnen Landes, sondern der gesamten Gemeinschaft.

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