
Das (be-) rauschende Fest in Washington zur Amtseinführung des wiedergewählten US-Präsidenten Barack Obama ist vorbei. Seine Anhänger, die ihn kultartig in der Hauptstadt feierten, sind vor Glück taumelnd in ihre Vororte zurückgekehrt. Die First Lady, Michelle Obama, hat ihr famoses rotes Ballkleid abgelegt. Sie wird es nie wieder anziehen.
Friede, Freude, Eierkuchen – so scheint die Stimmung in Washington gerade zu sein. Und schwuppdiewupps haben plötzlich auch die Republikaner Kreide gefressen. Das noch Anfang Januar angekündigte öffentliche Säbelrasseln zwischen der konservativen Partei und dem US-Präsidenten im Streit um die Schuldenobergrenze haben die Republikaner erstmal kurzerhand abgesagt.
Was ist passiert? Der von den Republikanern beherrschte Kongress stimmte am Mittwoch in Washington für eine Verschiebung der Schuldenobergrenze bis Mitte Mai – sehr zur Freude von Obama. Das frisch verabschiedete Gesetz zu Schuldenobergrenze erlaubt es dem amerikanischen Finanzministerium weiter seine Rechnungen zu bezahlen, mit Geld, was es eigentlich gar nicht hat.
Die USA zittern vor der „Fiskalklippe“
Durch die "Fiskalklippe" könnten der US-Wirtschaft im kommenden Jahr mehr als 500 Milliarden Dollar entzogen werden. Das überparteiliche Haushaltsbüro im Kongress befürchtet, dass das Bruttosozialprodukt um 0,5 Prozent schrumpfen würde. Die Arbeitslosenquote würde bis Ende 2013 von derzeit 7,7 auf 9,1 Prozent steigen. Nach Einschätzungen des Internationalen Währungsfonds dürfte sich ein Einbruch der US-Konjunktur auf die gesamte Weltwirtschaft auswirken, die ohnehin schon gebannt die Schuldenkrise in der Eurozone verfolgt.
Die Steuererhöhungen betreffen die Einkommenssteuer, die Erbschaftssteuer, Abgaben auf Kapitalerträge sowie eine Reihe von Abschreibungsmöglichkeiten, die wegfallen würden. Die Beiträge zur staatlichen Rentenversicherung sollen dem Szenario entsprechend auch steigen. Obama warnt, dass eine typische Familie der Mittelschicht im Schnitt 2200 Dollar mehr Steuern zahlen müsste. Auch Konjunkturmaßnahmen wie die Verlängerung der Arbeitslosenhilfe würden Ende des Jahres auslaufen.
Das im August 2011 verabschiedete Haushaltskontrollgesetz verpflichtet die US-Regierung, die Ausgaben über zehn Jahre um 1,2 Billionen Dollar (gut 900 Milliarden Euro) zu kürzen. Allein im kommenden Jahr würden pauschal 55 Milliarden Dollar im Verteidigungshaushalt und weitere 55 Milliarden Dollar in anderen Bereichen gestrichen.
Zum Jahreswechsel laufen eine Reihe von Steuererleichterungen aus der Zeit von Obamas Vorgänger George W. Bush aus. Die meisten der Vergünstigungen wollen auch die Demokraten wie zuletzt im Dezember 2010 verlängern - nur bei den Topverdienern verlangen sie, dass die Steuersätze steigen. Weil sich die Republikaner dagegen stemmen, wirft Obama ihnen vor, die breite Bevölkerung als "Geisel" zu nehmen, um den Reichen ihre Steuerprivilegien zu erhalten.
Die ab Januar drohenden Kürzungen gehen auf den Haushaltskompromiss vom Sommer 2011 zurück, als der Streit um die Anhebung der Schuldenobergrenze die USA an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht hatte. Die damals vereinbarten drakonischen Einschnitte waren eigentlich als eine Art Drohkulisse gedacht, damit sich Republikaner und Demokraten auf einen ausgewogenen Plan zum Abbau des Haushaltsdefizits verständigen. Doch ohne Lösung bis Jahresende wird die Sparbombe automatisch gezündet.
Die "Fiskalklippe" ist der jüngste Ausdruck des seit Jahren schwelenden Streits zwischen Demokraten und Republikanern im Kongress über die Sanierung der Staatsfinanzen. Während die Demokraten von Präsident Barack Obama die Reichen stärker belasten wollen, lehnen die Republikaner höhere Steuern als Gefahr für Wirtschaft und Jobs ab. Stattdessen wollen sie vor allem bei den Sozialprogrammen stärker kürzen.
Die gesetzlich festgelegte Schuldenobergrenze von 16,4 Billionen Dollar wird schon Ende Februar ausgeschöpft sein – nun soll das Limit auf Mitte Mai verschoben werden.
Das bedeutet, nicht vor Mitte Mai müssen sich die beiden Parteien auf eine neue Schuldenobergrenze einigen. Es geht also nicht um den Schuldenberg an sich, sondern nur darum, wie viele Schulden Amerika machen darf. In den USA ist dieses Limit in einem Gesetz verankert – was sonst keine andere Industrienation macht.
Was ist los mit den amerikanischen Reps? Warum machen die das? Machen die das, um noch mehr Schaden für Volk und Vaterland abzuwenden? Nun ist es ja immer noch ziemlich kontraproduktiv, die Grenze scheibchenweise anzuheben – eine Lösung des Problems ist das wirklich nicht.
Republikaner ändern ihre Taktik





Bisher war die Linie der Republikaner aber immer: wir erhöhen dieses Schuldenlimit nur – und erhalten damit die Zahlungsfähigkeit der amerikanischen Regierung – wenn im Gegenzug im Staatshaushalt drastische Kürzungen vorgenommen werden. Mit dieser Position ist aber in Washington bei US-Präsident Obama kein Blumenpott zu gewinnen. Also haben die Republikaner die Taktik geändert. Die Schuldenobergrenze wird verschoben bis Mitte Mai. Das Schuldenlimit bleibt bei 16,39 Billionen Dollar und wird bis zum 18. Mai außer Kraft gesetzt. Am 19. Mai wird die Grenze automatisch um die in der Zwischenzeit aufgenommen neuen Schulden erhöht.
„Es ist Zeit für den Kongress, ernst zu machen, und das ist der erste Schritt, echte Verantwortung in Washington zu übernehmen“, sagte der Republikaner John Boehner, der immer mies gelaunt dreinblickende Sprecher des Repräsentantenhauses. Schöne Rhetorik Mr. Boehner – nur, was wollen sie dem Volk damit sagen? Bisher waren im Kongress also nur verantwortungslose Gesellen am Werk – Republikaner eingeschlossen?
Zahlungstopp für Politikergehälter in Washington
Denn aus der Welt geschaffen ist das Problem wahrlich nicht. Amerika muss von seinem Schuldenberg runter – das bloße Aufschieben des Schuldenlimits hilft da nichts. Immerhin sieht das von den Republikanern eingebrachte Gesetz einen Zahlungsstopp für die Abgeordnetengehälter vor, sollten Senat und Repräsentantenhaus nicht bis zum 15. April einen Haushalt verabschieden. Na, das ist mal ein Wort.
Die Republikaner kaufen sich mit der Verschiebung der Schuldenobergrenze also mehr Zeit und erhöhen gleichzeitig den Druck auf die Demokraten. Die neue Taktik zeigt hoffentlich auch eine gewisse Lernfähigkeit der amerikanischen Politiker: Immer wieder arbeitete Washington in den vergangenen Jahren mit kurzfristigen Ausgabenplänen, die alle paar Monate in einem dramatischen Showdown im Kongress verlängert werden mussten.
Hoffentlich ist jetzt endlich die Zeit der Einsicht gekommen und Demokraten und Republikaner arbeiten einen ordentlichen, umsichtigen langfristigen Haushaltsplan aus, der die größte Volkswirtschaft der Welt – und mit ihr die Weltkonjunktur – nicht aus den Fugen wirft.
Denn das Schlimmste steht Amerika erst noch bevor – Schuldenlimit hin oder her: Am 1. März werden automatische Haushaltskürzungen in Milliardenhöhe fällig. Nun ja, vielleicht werden diese Kürzungen im März auch erst mal wieder verschoben. Welche Folgen das dann auf die Weltkonjunktur hat, mag ich nicht heraufbeschwören wollen.