Hilfe für Schuldenländer Wagenknecht will EZB als Staatsfinanzierer

Die Kreditvergabe in der Euro-Zone stockt. Dadurch wächst der Druck auf die EZB, ihre Geldpolitik noch weiter zu lockern. Linksfraktionsvize Wagenknecht sieht das kritisch und macht einen anderen Vorschlag.

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Sahra Wagenknecht, stellvertretende Parteivorsitzende der Linken, will die stockende Kreditvergabe in der EU mit Hilfe von direkten EZB-Krediten ankurbeln. Quelle: dpa

Berlin Die Vize-Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, hat als Konsequenz aus der sinkenden Kreditvergabe der Banken in der Euro-Zone größere Befugnisse für die Europäische Zentralbank (EZB) gefordert. „Die Kreditaufnahme der Staaten muss unabhängig gemacht werden von den Investmentbanken, was durch direkte EZB-Kredite sowie Instrumente wie die früheren Bundesschatzbriefe möglich wäre“, sagte Wagenknecht Handelsblatt Online.

Von dem Vorschlag des Commerzbank-Chefs Martin Blessing, der zur Lösung der Euro-Schuldenkrise gemeinsame Staatsanleihen der Euro-Länder ins Spiel gebracht hatte, hält Wagenknecht nichts. „Euro-Bonds sind keine Lösung, sie ändern nichts daran, dass die Banken mit der Verschuldung der Staaten, die sie selbst wesentlich mitverursacht haben, gute Geschäfte machen, während die Bürgerinnen und Bürger in Form brachialer Sparprogramme die Zeche zahlen“, sagte sie. Außerdem würden auch Euro-Bonds ein „Objekt der Spekulation“ bleiben.

Stattdessen müssten zukünftige Bankenrettungen zu Lasten der Steuerzahler effektiv verhindert werden, sagte Wagenknecht weiter. Die geplante Bankenunion tue dies nicht. Die „Profiteure der Krise durch einen Schuldenschnitt“ sollten daher durch „Vermögensabgaben für Millionäre“ zur Kasse gebeten werden.

Blessing hatte sich mit seinem Plädoyer für Euro-Bonds scharfe Kritik der Bundesregierung eingehandelt. „Diese Frage von Euro-Bonds steht für uns nicht zur Debatte“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Finanz-Staatssekretär Steffen Kampeter gab dem Commerzbank-Chef den Rat: „Anstelle sich mit einem Thema zur Unzeit zu befassen, sollte sich Herr Blessing auf seine Funktion als Vorstandsvorsitzender konzentrieren. Die Ideen des Bankers, dessen Geldinstitut zu 17 Prozent dem Bund gehört, trügen nicht zur Lösung der Probleme in der Euro-Zone bei. Auch der Co-Chef der Deutschen Bank, Anshu Jain, kann den sogenannten Euro-Bonds nichts abgewinnen.
Blessing sprach sich in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt dafür aus, den Euro-Rettungsfonds ESM zu einer zentralen Schuldenagentur umzubauen. Im Ergebnis würden deutsche Steuerzahler auch für die Schulden anderer Euro-Staaten haften. Grundidee der in der Schuldenkrise wiederholt diskutierten Euro-Bonds ist es, die erdrückende Schuldenlast in einigen Euro-Ländern auf mehr Schultern zu verteilen und dadurch die fatale Abhängigkeit der Problemstaaten von den Kapitalmärkten zu verringern. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble lehnten diesen Ansatz allerdings stets ab - aus ordnungspolitischen, aber auch aus juristischen Gründen.

Die Schuldenkrise setzt auch die EZB vor ihrer heutigen Zinsentscheidung unter Handlungsdruck. Die deutsche EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger betonte zwar, sie sei für einen schnellen Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes, sobald sich die Lage bessere. Bei der am Donnerstag anstehenden Zinsentscheidung des EZB-Rats rechnen viele Beobachter jedoch mit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik, allerdings nicht über weitere Zinssenkungen, sondern über den Aufkauf von Kreditverbriefungen durch die Notenbank.

Ziel einer solchen Maßnahme wäre es, die Kreditvergabe der Banken anzukurbeln und so die Konjunktur und die für den Geschmack der EZB zu niedrigen Teuerung anzuheizen. Sollte das nicht reichen, erwarten viele Ökonomen, dass die EZB um den Jahreswechsel sogar massenhaft Staatsanleihen aufkaufen könnte, um so weitere Milliarden in den Wirtschaftskreislauf zu pumpen.

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