Hintergründe des China-Taiwan-Konflikts Krieg um Taiwan? Warum der Konflikt zu eskalieren droht

Die Taiwaner verstehen sich mehrheitlich längst als unabhängig von China und wollen zumindest den Status quo wahren. Quelle: imago images

Der Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi in Taipeh verschärfte die Spannungen um Taiwan weiter. China reagierte mit den größten Militärmanövern in der Geschichte des Landes. Zuletzt schaltete sich auch US-Präsident Joe Biden mit deutlichen Worten ein. Was sind die Hintergründe des Streits?

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Nach Russlands Angriff auf die Ukraine wächst weltweit die Sorge, dass China auf ähnliche Weise versuchen könnte, die demokratische Insel Taiwan zu erobern. Der Streit ist einer der gefährlichsten Konfliktherde der Welt. Die USA haben sich schon lange der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet, was bisher meist Waffenlieferungen bedeutete. Eine militärische Auseinandersetzung hätte massive Auswirkungen auf die globale Wirtschaft. Auch stünden sich die beiden Atommächte China und USA gegenüber. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Taiwan-China-Konflikt im Überblick:

Warum ist Taiwan politisch so wichtig für China?

Der kommunistische Machtanspruch geht auf die Gründungsgeschichte der Volksrepublik China zurück. Nach der Niederlage im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten zog die nationalchinesische Kuomintang-Regierung mit ihren Truppen nach Taiwan, während Mao Zedong 1949 in Peking die Volksrepublik ausrief. Der heutige Staats- und Parteichef Xi Jinping sieht eine „Vereinigung“ mit Taiwan als „historische Mission“.

Gibt es auch militärische und wirtschaftliche Gründe?

Die Insel zwischen Japan und den Philippinen hat große strategische Bedeutung. US-General Douglas MacArthur bezeichnete Taiwan einst als „unsinkbaren Flugzeugträger“ der USA. Eine Eroberung durch China wäre ein wichtiger Baustein in dessen Großmacht-Ambitionen, weil es das Tor zum Pazifik öffnen würde.

Warum wird Taiwan nur von wenigen Ländern in der Welt anerkannt?

China zwingt jedes Land, das diplomatische Beziehungen mit Peking haben will, keine offiziellen Kontakte zu Taiwan zu unterhalten. Es ist vom „Ein-China-Grundsatz“ die Rede. Danach ist Peking die einzige legitime Vertretung Chinas. Auf chinesischen Druck wurde Taiwan aus den Vereinten Nationen und internationalen Organisationen ausgeschlossen. Nur weniger als zwei Dutzend kleinere Länder unterhalten noch diplomatische Beziehungen. Deutschland oder die USA betreiben nur eine inoffizielle Vertretung in Taipeh.

Ist Taiwan ein freies Land?

Die Taiwaner verstehen sich mehrheitlich längst als unabhängig und wollen zumindest den Status quo wahren. Auch wollen sie als Demokratie international anerkannt werden und sich keinem diktatorischen System wie in Festlandchina unterwerfen. Die frühere Kuomintang-Regierung hatte einst selber einen Vertretungsanspruch für ganz China, was sich bis heute im offiziellen Namen „Republik China“ widerspiegelt. Dieser Anspruch wurde 1994 aufgegeben. Ungefähr zur selben Zeit wandelte sich Taiwan von einer Diktatur zu einer lebendigen Demokratie. Jede Veränderung des Status quo müsste aus Sicht der Regierung heute demokratisch von den 23 Millionen Taiwanern entschieden werden.

Droht in naher Zukunft eine militärische Eroberung durch China?

Die Spannungen haben unter Xi Jinping deutlich zugenommen. Dafür modernisiert China schon lange besonders seine Marine und Luftwaffe. Es wird davon ausgegangen, dass der mächtige Präsident das Taiwan-Problem noch in seiner Amtszeit angehen will. Im Herbst will sich Xi Jinping für weitere fünf Jahre bestätigen lassen. Weitere Amtszeiten sind denkbar. Ein ausländischer Botschafter meinte jüngst: „Ich hoffe, dass Xi Jinping noch möglichst lange im Amt bleibt.“ Das würde den Zeitpunkt einer möglichen militärischen Eroberung weiter in die Zukunft schieben.

Würden die USA Taiwan im Falle eines Angriffs verteidigen?

Nach der diplomatischen Anerkennung Chinas hatten sich die USA schon 1979 mit dem „Taiwan Relations Act“ gesetzlich selbst dazu verpflichtet, Taiwans Verteidigungsfähigkeit weiter zu unterstützen.

Geht das US-Gesetz noch weiter?

Die USA verpflichten sich darin, Taiwan „Waffen defensiver Art“ zu liefern und „Taiwan in die Lage versetzen, eine ausreichende Selbstverteidigungsfähigkeit zu wahren“. Jeder Versuch, „die Zukunft Taiwans mit anderen als friedlichen Mitteln zu bestimmen“, wird auch als Bedrohung des Westpazifiks und große Sorge der USA definiert. Die US-Streitkräfte sollten ihre Fähigkeit wahren, „sich jeder Gewaltanwendung oder anderer Form von Nötigung zu widersetzen, die die Sicherheit oder das soziale und wirtschaftliche System des taiwanesischen Volkes gefährdet“.

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Welche Auswirkungen hätte ein militärischer Konflikt?

Experten gehen davon aus, dass ein Krieg um Taiwan massive und größere Auswirkungen hätte als der Angriff Russlands auf die Ukraine - auch auf Deutschland. Taiwan ist auf Platz 22 der großen Volkswirtschaften, industriell weit entwickelt und stark mit der Weltwirtschaft verflochten. Ein Großteil der ohnehin knappen Halbleiter stammen von dortigen Unternehmen. Wegen der großen Abhängigkeit vom chinesischen Markt wären deutsche Unternehmen massiv betroffen, wenn ähnlich wie gegen Russland wirtschaftliche Sanktionen gegen China verhängt werden sollten.

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