Hoffnung auf neues Kapitel Einheitsregierung trifft in Tripolis ein

Die neue, von der UN vermittelte Einheitsregierung ist zur Aufnahme der Arbeit in Libyens Hauptstadt Tripolis eingetroffen. Umgehend ruft eine Gruppe, die die Führung des Landes für sich beansprucht, zu Widerstand auf.

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Der Ministerpräsident der von den Vereinten Nationen vermittelten Einheitsregierung, Fajis al-Sarradsch, (Mitte) und Mitglieder des Präsidentschaftsrates. Quelle: dpa

Tripolis Der Ministerpräsident der von den Vereinten Nationen vermittelten Einheitsregierung ist in der libyschen Hauptstadt Tripolis eingetroffen. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus Kreisen des städtischen Marinestützpunktes Abu Sita erfuhr, kam Fajis al-Sarradsch auf dem Seeweg dort an.

Auf der Facebookseite des Präsidentschaftsrates - die neunköpfige Spitze der künftigen Einheitsregierung - hieß es, Al-Sarradsch habe Tripolis mit weiteren Mitgliedern des Rates erreicht. Es wird erwartet, dass Al-Sarradsch in den kommenden Tagen versuchen wird, ein Kabinett zu bilden.

Mit der neuen Regierung soll der Bürgerkrieg beendet werden, der das Land seit dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 erfasst hat. Zahlreiche bewaffnete Gruppen bekämpfen sich. Zwei konkurrierende Regierungen beanspruchen die Führung des Landes für sich - das von Islamisten dominierte Tripolis und die international anerkannte Regierung im ostlibyschen Tobruk.

Die Führung in Tripolis bezeichnete das Eintreffen des designierten Ministerpräsidenten als illegal und rief am Mittwoch zu Widerstand gegen die Einheitsregierung auf. Islamistische Milizen hatten zuvor mit der Verhaftung der Mitglieder des Präsidentschaftsrates gedroht, sollten diese nach Tripolis reisen.

Nach einem Bericht des Portals Afrigatnews riegelten Anhänger der von Islamisten dominierten Führung in Tripolis die Zufahrtsstraße zum Marinestützpunkt Abu Sita ab. Die Einheitsregierung will dort ihren Hauptsitz errichten. In dem Bericht war auch von Schüssen die Rede, weitere Einzelheiten wurden nicht genannt.

Widerstand der Führungen in Tripolis und Tobruk hat die Einsetzung der Einheitsregierung bislang verhindert. Wegen der Blockade Tobruks, dessen Parlament die neue Regierung eigentlich autorisieren sollte, halten es der Präsidentschaftsrat und auch der UN-Vermittler Martin Kobler aber für nötig, dass der Ende 2015 gebildete Rat in Tripolis einzieht und die Regierung zunächst ohne rechtliche Grundlage einsetzt. Dies gilt deshalb als riskantes Manöver.

Einem Bericht der unabhängigen Internetseite Al-Wasat zufolge kündigte Al-Sarradsch bei seinem Eintreffen an, Aussöhnung und die Rückkehr von Vertriebenen anzustreben. Seine Regierung werde einen Plan vorlegen und zur Zusammenführung der Bemühungen in dem Land im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aufrufen.

Die USA, Großbritannien und Deutschland begrüßten die Ankunft Al-Sarradschs in Tripolis. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nannte die Verlegung des Sitzes des Rates in die libysche Hauptstadt einen wichtigen Schritt in der Umsetzung des von den UN vermittelten Friedensabkommens. „Alle politischen Kräfte des Landes sind jetzt in der Pflicht, den Präsidialrat und die Einheitsregierung bei einer friedlichen und geordneten Amtsaufnahme zu unterstützen“, teilte der SPD-Politiker am Rande eines Besuches in Usbekistan mit. „Nur eine Einheitsregierung kann Sicherheit im gesamten Land wieder herstellen, Terrorismus nachhaltig bekämpfen und die humanitäre und wirtschaftliche Situation des Landes verbessern.“ Steinmeier sagte der Regierung der nationalen Einheit Unterstützung zu.

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