Die chinesische Sonderverwaltungsregion Hongkong wird künftig erstmals von einer Frau regiert. Carrie Lam erhielt in dem von pro-chinesischen Eliten dominierten Wahlkomitee am Sonntag 777 Stimmen. Für den früheren Finanzminister John Tsang entschieden sich 365 Wahlleute. Der ehemalige Richter Woo Kwok Hing bekam 21 Stimmen.
„Für mich hat es Vorrang, die Spaltungen zu überwinden und die Enttäuschungen zu lindern und unsere Gesellschaft zu einen, um voranzukommen“, sagte Lam. Als Regierungschefin werde sie für das Volk von Hongkong auftreten und versuchen, die Sorgen ihrer Mitbürger anzusprechen.
Der Wirtschaftsstandort Hongkong in Zahlen
Hongkongs Flughafen gilt als einer der besten der Welt. Von dort aus werden 150 Ziele weltweit und 40 Ziele auf dem chinesischen Festland angeflogen. Wegen seiner Lage gilt Hongkong als das Tor zum asiatischen Markt.
Sowohl bei der See- als auch der Luftfracht ist Hongkong der Umschlagplatz mit dem höchsten Frachtaufkommen.
Das effiziente öffentliche Nahverkehrssystem wird täglich von mehr als elf Millionen Menschen genutzt.
Mehr als 40.000 Fahrzeuge überqueren täglich die Grenze zwischen Hongkong und dem chinesischen Festland.
In Hongkong leben mehr als 7,3 Millionen Menschen. Die Amtssprache ist Kantonesisch beziehungsweise Englisch.
Hongkong gilt als die liberalste Marktwirtschaft der Welt. Das Freihandelsabkommen CEPA bietet ausländischen Unternehmen einen einfachen Zugang zu den chinesischen Märkten, die Währung - der Hongkong Dollar - ist an den US-Dollar gekoppelt und entsprechend stabil.
Die Steuern in Hongkong sind mit 15 Prozent Einkommensteuer und 16,5 Prozent Körperschaftssteuer vergleichsweise niedrig.
Hongkong ist das Finanzzentrum Asiens: Der Hongkonger Finanzsektor - dreiviertel der weltweit 100 bedeutendsten Banken sind hier vertreten - assistiert multinationalen Konzernen ebenso wie mittelständischen Unternehmen bei Geschäftsabschlüssen in China und der gesamten Asien-Pazifik-Region.
Es war die erste derartige Wahl seit den Demokratieprotesten 2014. Damals hatten vorwiegend junge Leute eine Direktwahl des Regierungschefs gefordert, bei der die Führung in Peking auch keine Vorauswahl unter den Kandidaten treffen sollte. Demonstranten nannten das aktuelle Wahlsystem eine „gefälschte Wahl“. Als das Wahlergebnis bekannt gegeben wurde, riefen Demonstranten Parolen und hielten gelbe Schirme hoch, das Symbol der Demokratiebewegung.
Lam sagte, sie werde sich nicht sofort um eine Reform des Wahlsystems bemühen. Andere Probleme seien dringlicher. Zu diesen dürfte ein stockendes Wirtschaftswachstum gehören.
Regionen, die China Probleme machen könnten
Die Regierung in Taiwan beobachtet die Proteste in Hongkong sehr genau: Taiwans Präsident sagte in einem Interview mit Al Dschasira, dass er hoffe, dass China und Hongkong zu einer akzeptablen demokratischen Lösung finden werden. Seit 1949 hat sich in der Republik China eine Demokratie entwickelt; Peking betrachtet Taiwan bis heute als "untrennbaren Bestandteil" des eigenen Territoriums.
Die Sonderverwaltungszone Hongkong gehört seit 1997 zu China. Bereits 2003 kam es zu Protesten, als Peking ein Gesetz einführen wollte, dass die Pressefreiheit abschaffen sollte und freie Religionsgruppen verboten hätte. Die Proteste nun treten für mehr Demokratie in Hongkong ein.
Auch Macau ist eine Sonderverwaltungszone, in der es momentan allerdings noch relativ ruhig zu sein scheint. 2007 gab es da den letzten großen Aufstand. Damals gingen 2400 Arbeiter auf die Straße, die sich gegen Korruption einsetzen wollten.
Seit Jahren schon dauern die Auseinandersetzungen zwischen Bürgern und der Polizei in der Region Xinjiang schon an. Das Problem: Die Uiguren wehren sich gegen die Repressionen der chinesischen Regierung, die sie aufgrund ihrer Religion und ihrer Sprache diskriminieren.
Lam genießt die Unterstützung der chinesischen Regierung und ist bislang Stellvertreterin von Regierungschef Leung Chun Ying, der nicht noch einmal kandidiert hatte. Seine Amtszeit endet am 30. Juni. Lam gilt als effiziente und pragmatische Verwalterin, ist aber bei der Bevölkerung in Hongkong im Gegensatz zu Tsang nicht sehr beliebt. Viele Einwohner fürchten, das Peking die Autonomie Hongkongs untergräbt, die bei der Übergabe der ehemaligen britischen Kolonie an China 1997 vereinbart worden war.