
WirtschaftsWoche: Herr Bremmer, ob beim Klimaschutz oder beim Freihandel: Die Weltgemeinschaft kommt nicht voran, die drängendsten Probleme der Zeit anzugehen. Warum nicht?
Ian Bremmer: Es gibt kein Land, das die Führung übernimmt und die Diskussion an sich reißt. Die Hoffnungen, dass mit dem Antritt der neuen chinesischen Führung eine G2-Welt entsteht, also ein System, in dem China und die USA gemeinsam voranschreiten, sind illusorisch. Wir leben in einer G-Zero-Welt.
Wie können unter diesen Umständen die großen globalen Herausforderungen angegangen werden?
Wir können entweder so weiter machen wie bisher und in großen Runden versuchen, zu Lösungen zu kommen und den Karren gegen die Wand fahren – oder weniger global denken und versuchen, auf kleinerer Ebene Lösungen zu finden. So wie es beim Handel geschieht. Wir haben die Doha-Runde – ein Paket von Initiativen um den Welthandel zu stärken, das die Wirtschafts- und Handelsminister der WTO-Mitgliedstaaten 2001 auf ihrer Konferenz in Doha auf den Weg gebracht haben – praktisch aufgegeben. Gleichzeitig wurden in kleinerer Runde Abkommen geschlossen, die dennoch signifikant sind und eine enorme Bedeutung haben.
Wie sich die Welt verändert hat
Bruttoinlandsprodukt in Milliarden Dollar:
2000: 905
2030: 2282
Bevölkerung in Millionen:
2000: 31
2030: 40
Bruttoinlandsprodukt in Milliarden Dollar:
2000: 12.423
2030: 22.288
Bevölkerung in Millionen:
2000: 282
2030: 362
Bruttoinlandsprodukt in Milliarden Dollar:
2000: 802
2030: 4.944
Bevölkerung in Millionen:
2000: 174
2030: 220
Bruttoinlandsprodukt in Milliarden Dollar:
2000: 2.379
2030: 3.947
Bevölkerung in Millionen:
2000: 82
2030: 79
Bruttoinlandsprodukt in Milliarden Dollar:
2000: 10.641
2030: 21.484
Bevölkerung in Millionen:
2000: 466
2030: 473
Bruttoinlandsprodukt in Milliarden Dollar:
2000: 274
2030: 2380
Bevölkerung in Millionen:
2000: 811
2030: 1.562
Bruttoinlandsprodukt in Milliarden Dollar:
2000: 324
2030: 4.706
Bevölkerung in Millionen:
2000: 147
2030: 136
Bruttoinlandsprodukt in Milliarden Dollar:
2000: 1.496
2030: 25.584
Bevölkerung in Millionen:
2000: 1.300
2030: 1.400
Bruttoinlandsprodukt in Milliarden Dollar:
2000: 599
2030: 7.174
Bevölkerung in Millionen:
2000: 1.100
2030: 1.500
An welche Abkommen denken Sie da?
Nehmen Sie die transpazifische Partnerschaft. Ein Freihandelsabkommen, das 2005 zwischen den Ländern Singapur, Chile, Neuseeland und Brunei verabschiedet wurde. Bis 2015 soll es zwischen den vier Staaten keine Zollabgaben mehr geben. Dieser Initiative von vier im globalen Kontext gesehen sehr kleinen Staaten wollen inzwischen unter anderem auch die USA, Australien, Malaysia, Mexiko, Kanada beitreten. Sie führen konkrete Beitrittsverhandlungen. Perspektivisch sollen auch Japan und Südkorea hinzustoßen. Dann würde diese Gemeinschaft etwa 40 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts repräsentieren.
Aber China ist nicht dabei.
Noch nicht. Die transpazifische Partnerschaft hat eine globale Dynamik entwickelt und wird so bedeutsam werden, dass sich China perspektivisch darum bemühen muss, beizutreten. Hier wird von einer kleinen „Koalition der Willigen“ aus ein Druck erzeugt, der selbst Länder wie China bewegen wird. Das Land wird beitreten. Nicht morgen, nicht in den nächsten Monaten – aber in den kommenden Jahren.