Im Alter von 79 Jahren Ökonom Martin Feldstein ist gestorben

Martin Feldstein, einer der einflussreichsten US-Ökonomen seiner Generation, starb mit 79 Jahren am 11. Juni 2019. Quelle: imago images

Der Ökonom und langjährige WirtschaftsWoche-Kolumnist Martin Feldstein ist gestorben. Der ehemalige Oberste Wirtschaftsberater für US-Präsident Ronald Reagan wurde 79 Jahre alt.

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Der einflussreiche Ökonom Martin Feldstein ist tot. Er wurde 79 Jahre alt. Laut seiner Assistentin Norma McEvoy verstarb Feldstein am Dienstagmorgen. Weitere Angaben zu den Umständen seines Todes machte sie nicht.

Martin Feldstein war unter anderem Professor für Ökonomie an der Universität Harvard, Präsident emeritus des Nationalen Büros für Wirtschaftsforschung und von 1982 bis 1984 Vorsitzender des wirtschaftlichen Beraterstabes von US-Präsident Ronald Reagan. Für die WirtschaftsWoche schrieb er zehn Jahre lang die Kolumne „Post aus Harvard“.

Sein letzter Beitrag Anfang März dieses Jahres befasste sich mit Donald Trumps Fehlern im Handelskrieg. Feldstein galt bereits länger als Kritiker Trumps. 2016 analysierte er dessen Wirtschaftspläne und schlussfolgerte im Gespräch mit „Fox News“, dass der Präsident „keine echte Antwort“ auf die Probleme der nationalen Verschuldung und die Ausgestaltung des Haushaltsplans der Vereinigten Staaten habe. Im vergangenen Sommer war er einer der Ökonomen, die vor einem riskanten Aufschwung in den USA warnten, der letztlich zu einer Rezession im Land führen könne – und machte Vorschläge, wie die USA die Konjunktur ankurbeln könnten, etwa durch höhere Staatsausgaben für Infrastruktur-Projekte.

Die Politik der US-Notenbank Fed und das Rentensystem waren ebenfalls Themen, mit denen er sich intensiv in zahlreichen Veröffentlichungen auseinandersetzte. In den Achtzigerjahren galt Feldstein als wichtigster Wirtschaftsberater für Ronald Reagan. Er überzeugte damals Reagan davon, entgegen dessen Wahlversprechen die Steuern zu erhöhen, um das US-Haushaltsdefizit zu stopfen.

Martin Stuart Feldstein wurde am 25. November 1939 in New York City geboren. Sein Vater war Rechtsanwalt. 1961 schloss Feldstein summa cum laude in Harvard ab, um seine Ausbildung an der Universität Oxford fortzusetzen, wo er 1967 seinen Doktortitel erwarb. Er kehrte nach Harvard zurück, wo er zwei Jahre später seine Professur antrat. Im Alter von nur 40 Jahren gewann er die John Bates Clark Medal, eine Auszeichnung, die alle zwei Jahre an herausragende US-Ökonomen verliehen wird.

Im Jahr 1965 heiratete Feldstein Kathleen Foyle, ebenfalls eine Ökonomin. Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor.

Martin Feldsteins erster Gastbeitrag für die WirtschaftsWoche datiert vom 4. April 2009. Es war das Jahr der großen globalen Rezession und Feldstein dachte darüber nach, wie es mit der Weltkonjunktur weitergeht. „Welche der großen Volkswirtschaften der Welt erholt sich wohl als erste von der globalen Konjunkturkrise?“, fragte er die Leser damals. Und gab die (richtige) Antwort: „Ich bin sicher: Dies wird China sein.“

Bis heute folgten über 100 weitere Gastbeiträge des begnadeten Wissenschaftlers für die Printausgabe der WirtschaftsWoche und für wiwo.de. Feldstein, der vor allem für seine Forschungsarbeiten in den Bereichen Makroökonomik und Ökonometrie berühmt wurde, plädierte für die Rente mit 70, empfahl Griechenland den zeitweisen Austritt aus der Währungsunion und geißelte die hohe Staatsverschuldung in den USA, aber auch in der Euro-Zone. Schon 2016 setzte er sich mit den Arbeitsmarktfolgen der Digitalisierung auseinander – und warnte vor übersteigertem Pessimismus. „Es dürfte individuelle Verlierer des Wandels gegen, aber vor allem individuelle Gewinner“, schrieb Feldstein. Insgesamt würden „die USA durch den technologischen Wandel besser da stehen als zuvor. Die Wirtschaftsleistung wird zunehmen und damit potenziell auch der Lebensstandard. Wer arbeiten will, dürfte gerade wegen dieses Wandels leichter Arbeit finden – nur eben oft eine ganz andere als bisher.“

Feldstein schrieb nüchtern, analytisch und ließ sich nie zu Alarmismus hinreißen. „In diesen Tagen spreche ich oft mit Investoren“ berichtete er 2010 in der WirtschaftsWoche. „Viele von ihnen wissen nicht, worüber sie sich mehr sorgen sollen: Eine kommende Inflation in den USA oder eine Deflation. Die gute Nachricht ist, dass sich Anleger vor keinem dieser beiden Dinge fürchten müssen – zumindest, was die nächsten Jahre angeht.“

Feldstein war ein knorriger Konservativer, aber keiner, der konservativen Politikern nach dem Mund redete. Die Handelspolitik Trumps hielt Feldstein für falsch; er „bevorzuge ein Umfeld, in dem die Regierung nicht in den Import und Export eingreift und in dem US-Unternehmen ungehindert in anderen Ländern operieren können“, schrieb er süffisant in einer seiner Kolumnen. Doch scheute er sich auch nicht, Trump argumentativ zu unterstützen, wer er es für gerechtfertigt hielt. Trumps Kritik an China etwas teilte Feldstein durchaus. Er warnte vor chinesischem „Technologie-Klau“ und nannte den Umgang Chinas mit amerikanischen Investoren schlicht: „Erpressung“.

Mit Material von Bloomberg

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