Ein Concierge mit dunklem Mantel und weißen Handschuhen hält die Tür auf, der Boden der Lobby ist aus weißem Marmor. Die Apartmenthäuser am Riverside Boulevard gehören zu einer der gehobenen Gegenden in Manhattan. Für 75 Quadratmeter in den oberen Stockwerken mit unverbaubarem Blick auf den Hudson werden 1,8 Millionen Dollar fällig. Doch aus Sicht vieler Anwohner haben die Häuser einen kaum übersehbaren Schönheitsfehler.
Über dem Haupteingang prangt in dicken goldenen Buchstaben: „Trump Place“. Zwar gehören die Apartmenthäuser gar nicht Donald Trump. Doch die Immobilien-Firma, die viele der Wohnungen vermietet, hat mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten einen Vertrag über die Nutzung seines Namens abgeschlossen. In einer Petition verlangen Anwohner nun, dass der Name Trump über den Eingängen verschwindet. Über 500 Menschen haben die Petition bislang unterzeichnet. „Die Werte, die Donald Trump, vertritt, passen nicht zu dem, was viele Bewohner denken“, sagt etwa Mieter Bruno Schavinato. Die Anwohner wollen nicht länger hinnehmen, dass ein Teil ihrer Mieten indirekt an Trump fließt.
Die Apartments am Riverside Boulevard sind längst nicht die einzigen Häuser in Manhattan, die den Namen Trump tragen. So gibt es in New York den Trump Tower, den Trump World Tower, das Trump International Hotel and Tower, Trump Building, Trump Palace und einige mehr. Von Manhattan aus baute der gebürtige New Yorker seinen Konzern auf. Heute hat die Trump Organisation Apartmenthäuser in Südkorea, Golfplätze in Dubai und Weingüter in Virginia im Portfolio.
Seinen unternehmerischen Erfolg, die tausenden Arbeitsplätze, die er geschaffen hat, seine Art Deals zu machen – all das führt Trump in seinen Reden immer wieder an, um seine Eignung als Präsident zu unterstreichen. Doch wer sich auf die Spuren von Trump in New York begibt, trifft auf fragwürdige Deals, Taschenspielertricks, kleine Siege und große Niederlagen. Die Gebäude und ihre Geschichten verraten viel über den Mann, der sich anschickt Präsident der Vereinigten Staaten zu werden.
Der Trump Tower verkörpert Trump wie kein zweites Gebäude
Sechs Stockwerke tief fällt das Wasser über pfirsichfarbenen Marmor. Aufzugtüren und Treppengeländer glänzen golden. In der opulenten Lobby des Trump Towers in Manhattan hat Donald Trump vor gut eineinhalb Jahren seine Präsidentschaftskandidatur für die Republikaner bekannt gegeben. Der Trump Tower beherbergt nicht nur sein Kampagnenbüro und seine 2800 Quadratmeter große Penthouse-Wohnung. Das Hochhaus verkörpert den Kandidaten der Republikaner, wie kein zweites Gebäude: Viel Sein – und noch mehr Schein. Auf den ersten Blick Glamour pur, doch wer genau hinschaut, findet schnell einige Schmuddelecken, wie den teils maroden öffentlichen Dachgarten oder kaputte Rolltreppen.
Gebaut wurde der Trump Tower Anfang der 80er Jahre. Die Genehmigung für eine Höhe von über 200 Metern bekam Trump, in dem er den Besitzern des Nachbargebäudes, dem Juwelier Tiffany, die Luftrechte abkaufte. Das von den Tiffany-Eigentümern ungenutzte Recht, ihr Geschäft um mehrere Stockwerke nach oben zu erweitern, wurde auf Trump übertragen.
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Doch schon bei der Höhe des Trump Towers klaffen Anspruch und Wirklichkeit auseinander: Eigentlich hat das Gebäude 58 Stockwerke, Trump gibt die Zahl der Stockwerke jedoch mit 68 an. Ein Apartment im 30. Stock lässt sich einfach besser vermarkten, als eine Wohnung im 20. Stock. Und so lange in großen Lettern der Name Trump drauf steht, zählt niemand so genau nach, ist wohl das Kalkül. Die gleiche Strategie wendet Trump im Wahlkampf an, wenn er etwa Umfragen zitiert oder über die Arbeitslosenquote in den USA spricht.
Auch sonst ranken sich zahlreiche düstere Geschichten um den Trump Tower. Er soll mit Mafia-Beton gebaut worden sein, hunderte polnische Arbeiter sollen um ihren Lohn geprellt worden sein. Dennoch hält es Paul Goldberger für das beste Gebäude, das Trump je gebaut hat. „Ich hatte wenig erwartet und wurde positiv überrascht“, sagt der Designprofessor und Pulitzer-Preisträger. Goldberger schrieb 1983 zur Eröffnung des Trump Towers die Architekturkritik für die New York Times. Seine Lobes-Passagen habe Trump ausgeschnitten und in die Lobby des Trump Towers hängen lassen, erzählt er.
Trumps hemmungsloses Selbstmarketing
Ansonsten sei die Architektur von Trumps Gebäuden jedoch so einfallslos, wie ihre Namen. „Keines seiner Gebäude ist ein wichtiges architektonisches Werk“, sagt Goldberger. Sie dienten dazu, Trumps Geld und Ruhm zu mehren – und nicht urbane Probleme zu lösen. Die Kandidatur als US-Präsident ist aus Goldbergers Sicht nur die logische Fortsetzung von Trumps hemmungslosen Selbstmarketing. „Trump macht das, was er sein ganzes Leben lang gemacht hat: Er versucht, seinen Namen auszuschlachten“, sagt Goldberger. „Er lässt die Leute glauben, er sei der größte Immobilienentwickler in den USA.“ Dabei habe er in vielen Bauprojekten, die seinen Namen tragen, nur eine Nebenrolle gespielt.
Fünf Fußminuten vom Trump Tower entfernt, mitten im Central Park, ist der Schauplatz einer dieser Siege, von denen Trumps Image als Macher zehrt. Auf der Wollman Eislaufbahn haben Besucher einen Blick über den Central Park und die umliegenden Wolkenkratzer. Die Eisfläche aus den 40er Jahren ist im Winter ein beliebter Treffpunkt für New Yorker und Touristen, ein klassisches Postkartenmotiv und Kulisse für zahlreiche Filme.
New Yorker Behörden verhindern großen Trump-Schriftzug
Anfang der 80er Jahre sollte sie saniert werden. Sechs Jahre und 13 Millionen Dollar später war die Bahn immer noch nicht fertig. Trump übernahm den Auftrag, blieb unter dem veranschlagten Budget von 2,5 Millionen Dollar und stellte das Projekt innerhalb von sechs Monaten fertig. Seither ist der Name Trump auf den Banden des Eisfelds unübersehbar.
Gut zehn Fußminuten weiter haben die New Yorker Behörden dagegen eine allzu prominente Eigenwerbung Trumps verhindert. Am Rand des Central Parks steht das Trump International Hotel and Tower, ein Luxushotel, das wie ein Abklatsch des Trump Towers aussieht: Ein schwarzer Glaskasten mit prunkvoller goldener Eingangshalle. Davor steht eine mehrere Stockwerke hohe silberne Weltkugel. Der ursprüngliche Architektenentwurf der Skulptur sah den globusumspannenden Schriftzug „Trump International“ darauf vor. Doch für den Schriftzug bekam Trump von der Baubehörde keine Genehmigung.
Donald Trump im Portrait
Unternehmer, Entertainer, Schauspieler, Buchautor
14. Juni 1946
Zwilling
New York City
1,87 Meter
Verheiratet in dritter Ehe mit Melania Trump und insgesamt fünf Kinder.
„Make America Great Again“
Sein größtes Desaster in New York erlebte Trump jedoch einige Blocks weiter westlich mit der „Television City“. Auf einer Industriebrache wollte Trump einen gewaltigen Komplex aus Büros, Wohnhäusern und einen Firmensitz für den TV-Sender NBC bauen. Die Entwürfe aus den 80ern sahen mehrere Wohnhochhäuser und einen Wolkenkratzer höher als das Empire State Building in der Mitte des Areals vor. Laut Bloomberg hatte das Projekt ein Volumen von 4,5 Milliarden Dollar – es wäre das größte Immobilienprojekt seit dem Rockefeller Center Ende der 30er Jahre gewesen.
Doch Trump scheiterte am Widerstand der New Yorker. „Es war einfach zu groß. Ein Super-Block, der schon während der Planung nicht mehr zeitgemäß war“, sagt Architekturkritiker Goldberger. Television City wäre ein Fremdkörper ohne Anbindung an den Rest der Stadt gewesen. Auch Goldberger kritisierte die Pläne damals. Seither wird er häufiger von Trump persönlich verbal attackiert: „Er sagt, ich hätte den schlechtesten Geschmack, sei schlecht angezogen – total kindische Dinge“, berichtet Goldberger.
Mitte der 90er Jahre musste Trump das Areal in West-Manhattan schließlich an eine Investorengruppe aus Hong Kong verkaufen. Doch sein Name blieb – bis jetzt. An der Stelle stehen heute genau jene Trump Place Apartments, deren Bewohner nun mit einer Petition den Namen loswerden wollen. „Unser Zuhause sollte ein Gebäude sein, in das man froh und stolz ist, eintreten zu können. Es wird Zeit, dass der Name Trump verschwindet“, schreiben die Initiatoren der Petition.
Auch Andrew Visconti, der wenige Blocks entfernt wohnt, sagt, er könne verstehen, wenn die Bewohner es als Schande empfänden, in einem Trump-Haus zu wohnen. „Wenn sie die Wahl haben, bleiben viele Leute einem Gebäude von Trump fern“, sagt er. Auch im Präsidentschaftswahlkampf nützt es Trump nichts, dass sein Name in Manhattan allgegenwärtig ist: In New York hat Hillary Clinton einen uneinholbaren Vorsprung von 20 Prozent.
„Die meisten New Yorker standen Trump schon immer skeptisch gegenüber“, sagt Goldberger. „Diejenigen, die am meisten von Immobilien verstehen, haben den geringsten Respekt vor ihm.“