Industrieverband-Chefin Marcegaglia "Einheitliche Steuern in Europa führen zu Höchstsätzen"

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Marcegaglia fordert Investitionen in Bildung und Weiterbildung.

Insgesamt fällt auf, wie optimistisch Makro-Ökonomen überall auf der Welt derzeit die wirtschaftlichen Aussichten bewerten. Stimmt das mit der Mikro-Perspektive einer Unternehmensvertreterin überein?
Die nächsten zwei Jahre werden gute Jahre. Und zwar überall in der Welt. Aber wir als Europas Industrieunternehmen würden sagen: Jetzt darf keine Selbstzufriedenheit einsetzen. Die gute Lage muss die Möglichkeit sein, was zu tun. Und zu tun haben wir viel: Europa verliert an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Weltregionen und wir brauchen mehr Forschung und Entwicklung. Ich mag diese Einstellung nicht: Es läuft gut, also bleibt es gut.

Tut Europa genug, um digital mit zu halten?
Verglichen mit der Zeit vor zwei Jahren würde ich sagen: Es geht in die richtige Richtung. Mittlerweile hat zumindest jeder verstanden, dass Digitalisierung ein Thema für alle ist. Aber wir brauchen dringend einen einheitlichen digitalen Binnenmarkt in Europa. So fragmentiert, wie es derzeit ist, wird keine starke Digitalwirtschaft in Europa entstehen.

Das andere große Thema hier in Davos ist die wachsende Ungleichheit. Was können Europas Unternehmen dagegen tun?
Wir sagen: Das ist ein Thema, klar. Wir können das ja nicht ausblenden. Aber was wir nicht mögen: Wie das Problem meist diskutiert wird. Die Lösungen sind sicher nicht Steuererhöhungen oder Protektionismus. Was wirklich hilft: Investitionen in Bildung und Weiterbildung. Wer lebenslang lernt, verliert auch materiell nicht den Anschluss.

Das wäre doch eine schöne Aufgabe für die EU.
Ja, das sollten die Staaten gemeinsam angehen. Zum Beispiel sollte es ein unionsweites Recht geben, jederzeit an die Universität zurückzukehren.

Braucht die EU auch eine Antwort auf die Steuerreform von US-Präsident Donald Trump und seine Steuererleichterungen für Unternehmen?
Es gibt bei Trump Dinge, die ich nicht mag. Aber diese Reform, abgesehen von einigen strittigen Punkten, und deren Kern, die Steuern zu senken und Unternehmen bei ihren Investitionen in den USA zu unterstützen, ist richtig. Das wird ein Thema auch für andere Länder sein. Schon um keine Wettbewerbsnachteile zu erzielen. Und wir sehen ja, dass der Effekt wirkt: Apple und andere Konzerne haben ja schon angekündigt, einen Teil des Geldes zu investieren oder an ihre Arbeitnehmer zu geben.

Sollte Europa das zusammen angehen?
Wir mögen keine Standardisierung von Steuern. Einheitliche Steuern in Europa? Dann bekommen wir im Vergleich zu heute Höchstsätze. So was pendelt sich immer am oberen Ende ein. Aber koordinieren könnte man eine Antwort.

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