Inside Africa Wenn Vorurteile Chancen zerstören

Unser Afrikabild ist von Dschungelbuch und Kleiderspende geprägt, es herrschen viele Vorurteile und Verallgemeinerungen. Dadurch werden viele Chancen vernichtet, auch seitens vieler Unternehmen.

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Allgegenwärtig ist in Kapstadt der Tafelberg. An der Waterfront der Metropole pulsiert das Nachtleben. Quelle: gms


Viele Europäer sind fest davon überzeugt, dass es den Europäer als Stereotype nicht gibt. Und vermutlich haben sie damit recht – die Griechenland-Krise hat uns gezeigt, dass es zwischen den angeblich sparsamen Deutschen und Finnen und den angeblich verschwenderischen Griechen große Unterschiede gibt - und vor allem Vorurteile.
Trotzdem tendieren wir dazu, auf anderen Kontinenten alle Länder in Sippenhaft zu nehmen. Insbesondere in Afrika.

Aber „das Afrika“ oder „die Afrikaner“ gibt es genauso wenig wie „die Europäer“. Für die afrikanischen Länder ist das besonders fatal, da wir Afrika viel zu oft mit negativen Dingen assoziieren. Ebola, Kriminalität, HIV.

Anstatt uns mehr mit Afrika auseinanderzusetzen, ignorieren wir lieber und glänzen mit Halbwissen. Viele Unternehmen ignorieren auf diese Weise wichtige Zukunftsmärkte und verpassen Chancen.


Beispiele illustrieren das Problem am besten: Ebola ist vor allem in Westafrika ausgebrochen. Trotzdem haben Touristen ihre Reisen nach Südafrika storniert. Getreu dem Motto: „In Afrika ist Ebola, da fahren wir nicht hin“. Dabei liegt die Südküste Spaniens fast näher an den Katastrophengebieten als Kapstadt oder der Kruger Park. Ein Blick auf die Landkarte hätte vermutlich gezeigt, dass die Stornierungen unnötig waren.

Weniger pauschalisiert, aber dafür stark vorurteilsbelastet ist das Thema Kriminalität. Fast jeder, der aus beruflichen oder privaten Gründen einen Flieger in Richtung Afrika besteigt, hat viele gut gemeinte Ratschläge von Freunden und Kollegen im Gepäck.

Selbst in Städten wie Johannesburg, die weithin als Kriminalitätshochburgen gelten, stellt sich vor Ort normalerweise raus, dass es sich auch dort gut leben lässt. Wer ein paar Vorsichtsmaßnahmen berücksichtigt, kann das Risiko minimieren.

Eine Mischung aus Dschungelbuch und Kleiderspende

Besonders bitter ist, wenn an unserer Skepsis Ereignisse Schuld sind, die schon Jahrzehnte her sind. Beispiel Ruanda. Das Land ist eines der sichersten in Ostafrika, selbst in der Hauptstadt Kigali kann man sich sorgenfrei fortbewegen. Strenge Regeln sorgen für Sauberkeit, Müll darf nicht auf die Straße geworfen werden. Das Land gilt quasi als die Schweiz Afrikas.

Wirtschaftsdaten ausgewählter Länder in Afrika


In Europa verbinden dagegen viele Ruanda mit Aufständen und Bürgerkrieg. Dabei war der 1994. Er ist Vergangenheit, genauso, wie die Apartheid in Südafrika Geschichte ist. Darüber, was sich in der Zwischenzeit verändert hat, hört man aber in Deutschland nichts. Stattdessen ist unser Afrika-Bild eine Mischung aus Dschungelbuch und Kleiderspende.
Gut möglich, dass gerade die Politik nicht will, dass Afrika weiter in unser Bewusstsein gerät. Dabei wird das dringend Zeit, auch für die Wirtschaft.

Afrika ist ein riesiger, und vor allem wachsender Markt. Die Bevölkerung ist jung. Der Wille, an den Problemen zu arbeiten und etwas zu verändern, ist groß. In vielen Städten wie Nairobi in Kenia oder auch Johannesburg entstehen zahlreiche Hubs, in denen junge Unternehmen daran arbeiten, individuelle Lösungen für Afrika-spezifische Probleme zu entwickeln. Die Veränderungen sind rasant.

Während viele deutsche Firmen seit Jahren auf dem afrikanischen Markt aktiv sind, schrecken andere noch immer davor zurück. Der Verband der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) ermutigte seine Mitgliedsunternehmen zuletzt, die Chancen des Kontinents zu nutzen. Das sei vor allem aufgrund der aktuellen Schwäche anderer Kernmärkte wichtig, erklärte VDMA-Präsident Reinhold Festge.


Allerdings räumte der Maschinenbauer auch ein, dass viele Unternehmen Angst vor dem Schritt haben. „Jeder, der bereits in Afrika aktiv ist, ist zufrieden“, sagt Festge. Aber diejenigen, die noch nicht da sind, seien sehr unsicher, denken, Afrika wäre zu gefährlich.

Angesichts der Vorurteile, die weiterhin vorherrschen, kann man das kaum jemandem vorwerfen. Und natürlich haben viele Länder Afrikas weiterhin essentielle Probleme, wie Armut, extreme Unterschiede zwischen Armen und Reichen, eine ungenügende Gesundheitsversorgung oder hohe Kriminalität.

Trotzdem wäre mehr Aufmerksamkeit mehr als angebracht, sowohl in der Wirtschaft als auch generell. Schade wäre, wenn Vorurteile Chancen kaputt machen würden.

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