Internationale Presseschau Trump fällt der Stahlindustrie zum Opfer

Die internationale Medienlandschaft ist sich einig: Bei Trumps radikalen Strafzöllen geht es nicht um die nationale Sicherheit der USA.

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New York Donald Trump kündigt radikale Einfuhrzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte an. Die Entscheidung ruft weltweit Reaktionen hervor. Eine Auswahl.

Wall Street Journal

Die US-Wirtschaftszeitung sieht die angekündigten Zölle auf Stahl und Aluminium als mögliches Zeichen der wachsenden Macht der nationalistischen Wirtschaftsberater innerhalb der Trump-Regierung. Die hätten sich im vergangenen Jahr mit Trumps eher global denkenden, auf den freien Handel ausgerichteten Beratern, herumgeschlagen. Diese Machtkämpfe seien am Mittwochabend offensichtlich gewesen, schreibt das Journal.

Die Zeitung macht zudem auf die Warnungen von Gegnern der Strafzölle aufmerksam, denen zufolge die geplanten Schritte das globale Freihandelssystem untergraben könnten. Denn schließlich würden die USA einseitig Handelsbeschränkungen verhängen, vorbei an der Welthandelsorganisation (WTO). US-Präsidenten hätten solche Maßnahmen seit der Gründung der WTO 1995 im Allgemeinen vermieden, um andere Nationen zu ermutigen, ihre Handelsstreitigkeiten vor der Genfer Institution auszutragen.

Befürworter eines freien Handels machen sich laut dem WSJ Sorgen über die Trump-Regierung, die „Sicherheit“ als Rechtfertigung für eine neue Handelspolitik anführt. Globale Handelsregeln täten wenig, um solche Schritte aus Rücksicht auf nationale Souveränität zu regulieren, worin viele Handelsrechtsanwälte eine Lücke sehen, die, wenn sie weiter genutzt werde, die Kraft des internationalen Systems untergraben könnte. Diese Angst hätte die meisten Länder jahrelang davon abgehalten, den Schutz der „nationalen Sicherheit“ zu nutzen.

Süddeutsche Zeitung

Offiziell nennen die USA als Grund für die geplanten Zölle die Abhängigkeit der USA von Stahl- und Aluminium-Importen die die nationale Sicherheit gefährde. Laut SZ hatte die US-Rüstungsindustrie zuletzt tatsächlich Probleme, alle Teile für den Bau etwa von U-Booten im Inland einzukaufen. Viele Experten glaubten aber dennoch, dass es Trump vor allem darum gehe, die US-Wirtschaft öffentlichkeitswirksam vor Konkurrenz aus dem Ausland zu schützen, schreibt die Zeitung. „Das Sicherheitsargument, ein Relikt aus dem Kalten Krieg, kam ihm dabei gelegen, da es ihm die Einführung von Zöllen ohne Rücksprache mit dem Kongress erlaubt.“

Nikkei Asian Review

Die japanische Wirtschaftszeitung macht darauf aufmerksam, dass Trumps Zollankündigung in einer Zeit kommt, in der er versucht, seine Basis vor den Kongresswahlen in diesem Herbst hinter sich zu versammeln. Das versuche er mit der Einlösung seines Wahlkampfversprechens, die amerikanische Industrie zu schützen und Arbeitsplätze zu schaffen.

Financial Times

Die von Trump vorgeschlagenen Maßnahmen zielen vordergründing auf China, schreibt die britische Wirtschaftszeitung. Dabei würden die USA nur sehr wenig Stahl oder Aluminium von dort importieren. Das Blatt vermutet stattdessen, dass militärische Verbündete wie Kanada, Deutschland, Japan und Südkorea die Hauptlast der Trump’schen Maßnahmen tragen könnten.

Le Figaro

Stahl aus China macht laut der französischen Tageszeitung nur zwei Prozent der US-Stahlimporte aus. Die massive Ausweitung der chinesischen Produktion in den letzten Jahren habe jedoch zu einem Überangebot an Metall auf den Weltmärkten geführt und damit die Preise gesenkt.

Die von Donald Trump errichteten Handelsbarrieren treffen laut Figaro jedoch nicht nur ausländische Stahl- und Aluminiumexporteure, sondern auch US-Firmen, die diese Metalle in ihren Produkten verarbeiten – etwa Autobauer oder Hersteller landwirtschaftlicher Geräte. Sie alle müssten nun Kostensteigerungen auffangen.

Die Nettoeffekte des Schutzes auf die Beschäftigung in den USA und die industrielle Produktion seihen daher fraglich. China könnte auf diese einseitigen US-Maßnahmen beispielsweise mit Sanktionen auf den Import von US-Agrarrohstoffen reagieren.

South China Morning Post

Vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen seitens Chinas warnt die South China Morning Post. Die Volksrepublik habe bereits eine Untersuchung der US-Importe von Sorghumhirse eingeleitet. Zudem untersuche sie, ob Lieferungen von US-Sojabohnen eingeschränkt werden sollen. für Trump entstünde dadurch die Gefahr, an Unterstützung in einigen politisch wichtigen Landwirtschaftsstaaten zu verlieren. „China wird angemessene Maßnahmen ergreifen, um seine Rechte und Interessen zu schützen“, zitiert das eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums.

New York Times

Dass von den Zöllen betroffene Staaten zurückschlagen und die USA damit weltweit in Handelskriege schlittern könnten, befürchtet auch die New York Times. Die Zölle hätten bereits Industrien, Arbeiter und politische Entscheidungsträger gespalten. Unter anderem amerikanische Stahl- und Aluminiumhersteller drängten das Weiße Haus, gegen Billigimporte vorzugehen, von denen sie behaupten, sie hätten sie in ihrer Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt.

Gleichzeitigt würden aber auch US-Firmen, die Stahl und Aluminium in ihren Produkten verarbeiten, davor warnen, dass die Zölle ihre Kosten steigen lassen und die Profite verringern würden. Außerdem könnten sie dazu gezwungen werden, die Preise zu erhöhen oder Arbeiter zu entlassen.

Trumps Ankündigung werde laut der Zeitung wohl für ein stürmisches Lobbying von anderen Staaten und multinationalen Unternehmen sorgen. Die könnten allesamt versuchen, die Trump-Regierung davon zu überzeigen, dass ihren Produkte von den Sanktionen verschont bleiben sollen.

Neue Zürcher Zeitung

Die NZZ befasst sich in einem ausführlichen Kommentar mit den geplanten US-Strafzöllen. Darin ziehen die Schweizer einen Vergleich zu einer ähnlichen Entscheidung, die Trumps Vor-Vorgänger George W. Bush getroffen hatte.

Der „ordnete 2002 flächendeckende Zölle auf Stahlimporten an, die je nach Produkt 8 bis 30% betrugen“. Eine „vielzitierte Studie“ hätte jedoch gezeigt, „dass damals mehr Amerikaner (200.000) ihren Job verloren, als in der gesamten Stahlindustrie (187.500) beschäftigt waren. Laut der Studie hätten Bushs Zölle in den USA Engpässe verursacht und die Stahlpreise explodieren lassen. „In der Folge büssten stahlkonsumierende Branchen an Wettbewerbsfähigkeit ein“, schreibt die NZZ.

Das Blatt erinnert zudem daran, dass kaum eine Branche „in den vergangenen Jahrzehnten mehr Rückendeckung von der US-Regierung“ erhalten habe als die Stahlindustrie. Derzeit seien bereits über 200 verschiedene US-Antidumping- und -Ausgleichszölle auf Eisen- und Stahlprodukten aus aller Welt in Kraft. Trotzdem schreie die Branche ständig nach weiteren Schutzmaßnahmen.

Das Fazit der NZZ: „Das zeigt, dass Importbeschränkungen versagen und der Wettbewerbs- und Innovationskraft der Branche mittelfristig mehr schaden als nützen. Die US-Stahlindustrie ist seit Jahrzehnten zu eng mit dem Staat verbandelt, und auch Trump fällt nun dem Klüngel zum Opfer. Dabei hat der Präsident ja auch ihr soeben ein Riesengeschenk gemacht, indem er die Konzerngewinnsteuer von 35 Prozent auf noch 21 Prozent gesenkt hat.“

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