Internationale Videoschalte Macron droht mit Spaltung des Schengenraums

Frankreichs Präsident fordert eine Reform der Regeln im Schengenraum, um entschlossener auf die Bedrohung durch Islamisten zu reagieren.

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Der französische Präsident hatte vergangene Woche verstärkte Grenzkontrollen an der französischen Grenze etwa zu Italien und Spanien angekündigt. Quelle: dpa

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat eine mögliche Spaltung des weitgehend kontrollfreien Schengen-Raums in Europa angedeutet. „Wenn bestimmte Länder nicht bereit sind, diese Regeln zu reformieren, müssten sie möglicherweise andere Wege gehen“, sagte Macron am Dienstag nach einer Videoschalte mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte, Österreichs Kanzler Sebastian Kurz sowie den Spitzen der EU zum Thema islamistischer Extremismus.

Dabei ging es darum, wie die EU nach den Anschlägen in Nizza und Wien entschlossener auf die Bedrohung durch Islamisten reagieren kann. Macron forderte in diesem Zusammenhang eine Reform der Regeln im Schengenraum. Die EU-Innenminister wollen am Freitag über weitere Schritte beraten.

Macron betonte, dass er die Binnengrenzen offen halten wolle. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die EU-Außengrenzen besser geschützt würden. Dies forderten auch die anderen EU-Vertreter. Macron hatte vergangene Woche verstärkte Grenzkontrollen an der französischen Grenze etwa zu Italien und Spanien angekündigt.

Merkel verwies dagegen darauf, dass es nicht darum gehe, die Grenzkontrollen im Schengenraum zu verstärken. Es gebe im grenznahen Raum auch andere Methoden, etwa die deutsche Schleierfahndung. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte an, dass die Kommission im Mai 2021 Vorschläge für eine Schengen-Reform vorlegen wolle. Dem 1985 gegründeten Schengenraum gehören die EU-Staaten sowie einige Nicht-EU-Staaten wie Norwegen oder die Schweiz an.

Österreichs Kanzler forderte zugleich ein massives Vorgehen gegen Islamisten in Europa, die aus Gefängnissen freikommen. Es gebe Tausende solcher Gefährder in Europa. „Das sind tickende Zeitbomben“, sagte er in Anspielung auf den in Österreich geborenen Attentäter von Wien, bei dem eine Radikalisierung während einer Haftstrafe vermutet wird.

Der Chef des deutschen Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, hatte am Dienstag gewarnt, dass die Sicherheitsbehörden Probleme hätten, die identifizierten mehr als 600 islamistischen Gefährder in Deutschland rund um die Uhr zu Überwachen.

Gegen islamistischen Hass im Internet vorgehen

Merkel betonte, dass engere Kontakte mit islamischen Länder sowie eine Imamausbildung in den EU-Staaten nötig seien. Auch so könne man gegen Radikalisierung vorgehen. Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte sich am Dienstag mit islamischen Verbänden getroffen, um über eine Ausbildung von Imamen in Deutschland zu reden. Damit soll verhindert werden, dass radikale islamische Prediger aus dem Ausland in Moscheen in Deutschland auftreten.

Zudem sei wichtig, gegen islamistischen Hass im Internet vorzugehen, sagte Merkel. Man habe nicht darüber gesprochen, wie Sicherheitsbehörden besser die Kommunikation von Islamisten über Messenger-Dienste überwachen könnten. Die Bundesregierung will die Betreiber solcher Dienste verpflichten, Sicherheitsbehörden Zugang auch zu verschlüsselter Kommunikation von Verdächtigen zu verschaffen.

Sie schlägt dies auch auf EU-Ebene vor. „Es ist ein Kampf zwischen Zivilisation und Barbarismus“, sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte.

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