




"500" ist im Moment die wichtigste Zahl im chinesischen Internet. Denn 500 Mal eine falsche Nachricht zu verbreiten, bedeutet drei Jahre Gefängnis.
Das neue Gesetz gegen die "Verbreitung von Internetgerüchten" ist seit Ende August in Kraft. Wer 500 Mal ein Gerücht postet oder wessen Posting von 5000 anderen Usern gelesen wird, der wandert ins Gefängnis.
Chinas Internetgemeinde macht sich darüber lustig. So zeigt eine populäre Karikatur einen Bildschirm auf dem die Zahl "499" leuchtet. Daneben eine Mausefalle mit den Worten "Mad in China".
Trotz all der wirtschaftlichen Entwicklung ist China in den letzten 30 Jahren kein freieres Land geworden. Viele westliche Kommunikationsplattformen und Internetseiten gesperrt. Dazu zählen Facebook, Twitter und Youtube, aber auch zahlreiche ausländische Nachrichtenwebsites wie die der New York Times oder von Bloomberg. Kritische Äußerungen werden streng zensiert.
Und trotzdem: Das Internet hat besonders vielen jungen Chinesen ein großes Stück wirtschaftliche und politische Freiheit gebracht.
Hinter der "Great Firewall", wie die chinesische Zensurmauer heißt, liegt ein lebendiges und doch streng kontrolliertes virtuelles Universum, zu dem ausländische Unternehmen kaum Zutritt haben. Die Big Player hier heißen Baidu, Alibaba und Tencent.
Weibo ist das offenste und größte Diskussionsforum des Riesenreichs. Im Dezember 2012 waren auf weibo.com 500 Millionen User registriert. (Darunter sind viele "Karteileichen", trotzdem nutzt eine Vielzahl den Dienst aktiv). Weibo ist eine Art Hybrid aus den westlichen Social-Media-Plattformen Twitter und Facebook. Die Menge der persönlichen Informationen ist geringer als bei Facebook, die Postings aber sind länger als die 140 Zeichen bei Twitter. Hinter Weibo steht das an der amerikanischen Technologie-Börse Nasdaq notierte Unternehmen Sina. 2012 machte Sina einen Umsatz von 500 Millionen Dollar.
Die chinesische Netzgemeinde diskutiert dort alles von privaten Nebensächlichkeiten bis hin zu politischen Themen.
Viele ausländische Unternehmen nutzen Weibo längst als Kommunikationsmittel. Das ist mittlerweile wichtig und notwendig. Ende 2011 erlebte zum Beispiel der Konzern Bosch Siemens Haushaltsgeräte (BSH) einen Kommunikationsgau, als ein Blogger die angeblich schlecht schließende Kühlschranktür kritisierte. Der Protest auf Weibo schwoll an, und wanderte schließlich vom Netz zurück auf die Straße. Der Blogger zog mit seinem Kühlschrank vor die Konzernzentrale in Peking und zertrümmerte ihn dort mit einem Hammer.
Frei ist die Kommunikation auf Weibo keineswegs. Dafür sorgt eine Heerschar von Zensoren (Schätzungen gehen von bis zu 100.000 aus), die kritische Beiträge aufspüren und löschen. Andere werden dafür bezahlt, Diskussionen in eine gewünschte Richtung zu lenken. Dafür erhalten sie umgerechnet 50 Cent, weshalb man von der "50-Cent-Partei" spricht. Besonders auf der Abschussliste stehen Beiträge um die Themengebiete "Tibet", "Taiwan", "Falun Gong" sowie direkte Kritik der Parteiführung.