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Investment-Experte „Afrika? Da muss man einfach sein“

Thomas Festerling ist CFO und Co-Gründer von GreenTec Capital, einer Investmentfirma, die sich afrikanische auf Start-ups spezialisiert hat Quelle: Presse

Wer Märkte und Unternehmen richtig analysiert, geht bei afrikanischen Start-ups kein höheres Risiko ein als in Europa, sagt Thomas Festerling von der Investmentfirma GreenTec Capital. Dabei müsse es nicht immer gleich Nigeria oder Kenia sein.

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Herr Festerling, warum sollte man jetzt in afrikanische Start-ups investieren?
Weil es sich lohnt. Aus europäischer Sicht gehen viele bei Afrika immer gleich von einem hohen Risiko aus. Dabei darf man nicht vergessen, dass es vor allem dort dynamische Länder gibt, deren wirtschaftliches Ökosystem besonders interessant ist und Wachstumsraten existieren, über die sich Europa freuen würde. Die Infrastruktur ist zwar dort längst noch nicht so entwickelt und ausgebaut. Aber gerade das macht es spannend. Es gibt viele Marktnischen, die noch unbesetzt sind.

Was heißt das konkret?
Nehmen Sie zum Beispiel den Agrarsektor. Da gibt es so viel Potential für digitale Innovationen. Sie müssen nur die junge Bevölkerung motivieren, in der Landwirtschaft arbeiten zu wollen. Wenn man dann den Markt und das Unternehmen richtig analysiert, ist das Risiko nicht höher als bei europäischen oder amerikanischen Start-ups.

Welche Länder sind denn besonders spannend?
Zuerst einmal ist es interessant, in Länder zu gehen, die sich in ihrer Regierungsführung und bei der Rechtssicherheit in eine Richtung entwickelt haben, wie wir das in Europa kennen. Ein solches Land ist zum Beispiel Ruanda, das sich stark geöffnet hat. Dort ist es mittlerweile ziemlich einfach, eine Firma zu gründen. Als kleines Land eignet sich Ruanda besonders gut für Start-ups, um ein Produkt zu testen und es anschließend in den größeren Märkten der Nachbarstaaten Kenia und Uganda einzuführen.

Ruanda zeichnet sich allerdings auch dadurch aus, dass Präsident Paul Kagame das Land immer autoritärer regiert. Meinungs- und Pressefreiheit existieren dort nicht.
Als Investoren äußern wir uns nicht öffentlich zu politischen Diskussionen. Aber uns sind Menschenrechte sehr wichtig. Wir investieren nur in Firmen, die einen positiven Impact für die Menschen vor Ort produzieren. Wir wollen mit unseren Investments auch einen positiven ökonomischen Effekt für die Volkswirtschaft des Landes schaffen.

Wie gut funktioniert das in größeren Ländern?
Das beste Beispiel hier wäre Nigeria. Ein Land, das in der Wahrnehmung vieler Deutscher von Terrorismus und Korruption geprägt ist, in dem die Start-up-Szene trotzdem vibriert. Da muss man einfach sein, weil dort wirklich jeden Tag Ideen aus dem Boden sprießen. Die Größe der Bevölkerung bietet eine entsprechend attraktive Skalierbarkeit. Da kann man schon, bevor man in weitere Länder expandiert, sehr viel erreichen.

Worauf achten Sie, wenn Sie sich Start-ups genauer ansehen?
Ganz unabhängig davon, ob wir in junge Firmen in Afrika oder in Europa investieren, gehen wir anders vor als ein klassischer Venture-Capital-Fonds. Wir sehen uns eher als Company Builder, also als Investoren, die sich aktiv mit ihrem Wissen und Netzwerk einbringen. Für uns sind daher vor allem Gründer interessant, die eine spannende Idee haben, wo aber vielleicht noch einzelne Puzzleteile fehlen oder Probleme behoben werden müssen. Wir haben uns darauf spezialisiert, die Geschäftsmodelle solche Start-ups zu verbessern und sie durch die schwierige Phase des „Valley of Death“ zu begleiten.

Was ist das?
Das ist die Phase, wenn die Entwicklung eines Produkts soweit abgeschlossen ist, und es nun das erste Mal im Markt getestet wird. Typischerweise nach einem Accelerator-Programm, aber bevor ein Einstieg für klassische Venture Capital Fonds interessant wird. In Deutschland und USA gibt es für diese Zeitspanne viele Fördermöglichkeiten durch Wagniskapitalgeber, den Staat oder etwa durch Partnerschaften mit etablierten Unternehmen. In afrikanischen Staaten klafft da eine große Lücke. Die lokalen Regierungen und internationale Partner wie Deutschland haben zwar gelernt, dass Afrika Jobs braucht. Dementsprechend wird viel investiert. Inkubatoren sind da, es gibt Geld für Venture Capital und Private Equity. Aber gerade während des „Valley of Death“ fehlt afrikanischen Start-ups oft der Zugriff auf die richtigen Partner und die richtige Technologie. Diese Brücken wollen wir bauen.

Haben Sie ein Beispiel?
Ein junger Ruander kommt von einem Studienaufenthalt in den USA zurück in sein Heimatland und stellt fest, dass er nirgendwo sein Handy aufladen kann. Also will er kleine Solarkioske gründen, die neben einer Ladestation weitere Services anbieten. An sich eine echt gute Idee, die er auch im Kleinen auf den Markt bringen konnte – aber an einem bestimmten Punkt kam er nicht weiter. Er fand keine Investoren oder Technologie-Partner, die das Risiko eingehen wollten. Also haben wir ihm unter anderem ein deutsches mittelständisches Unternehmen an die Seite gestellt und ihn unterstützt, eine finanzielle Förderung vom deutschen Umweltministerium zu bekommen. Weitere Investoren sind eingestiegen. Mittlerweile sind die Solarkioske ein weit entwickeltes Produkt, die nicht nur Energie liefern, sondern auch Internet und weitere digitale Dienstleistungen anbieten. Zudem ermöglicht ein Franchise-Model schnelles Wachstum. Erste Solarkioske stehen jetzt in Uganda, weitere Länder sollen folgen.

Die Bundesregierung hat im Herbst einen neuen Investitionsfonds angekündigt, der vor allem kleine und mittlere deutsche Unternehmen in ihrem Afrika-Geschäft fördern soll. Inwiefern hilft das auch der Gründerszene etwa in Kenia oder Nigeria?
Zusätzliche Liquidität im Ökosystem ist erstmal immer gut. Jetzt geht es um die Umsetzung. Es ist wichtig, dass damit nicht nur existierende Instrumente gefördert werden. Denn die Vergangenheit hat gezeigt, dass die oft nur begrenzte Wirkung haben. Wir brauchen wirklich nachhaltiges Wachstum.

Konkreter, bitte.
Wir hoffen, dass die Strategie der Regierung, den afrikanischen Privatsektor weiter zu stärken, langfristig verfolgt wird. Und wir glauben, dass das Geld dort am wichtigsten ist, wo die meisten Firmengründungen scheitern: in der Phase vor dem Markteintritt oder kurz danach. Der Fokus muss also noch viel stärker auf dem „Valley of Death“ liegen. Das würde auch die in der Frühphase einer Firmengründung getätigten Investitionen stärken, weil am Ende einfach mehr Start-ups überleben.

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