Iran „Trump spielt den iranischen Hardlinern in die Hände“

Donald Trump: Warum der Rückzug aus dem Atomabkommen falsch ist Quelle: imago images

Mit dem Atomabkommen flossen bis zu 150 Milliarden Dollar in den Iran, Geld, mit dem das Regime seine aggressive Regionalpolitik finanzierte. Trotzdem ist Trumps Rückzug falsch, erklärt Iran-Experte Ali Fathollah-Nejad.

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WirtschaftsWoche: Herr Fathollah-Nejad, US-Präsident Donald Trump hat am Donnerstag die mit dem Atomabkommen aufgehobenen Wirtschaftssanktionen gegen Iran wieder in Kraft gesetzt. Nur wenige Stunden später hatten Einheiten der iranischen Revolutionsgarden laut israelischen Angaben Raketen auf Israel abgefeuert, im Gegenzug zerstörte die israelische Luftwaffe militärische Infrastruktur Irans in Syrien. Droht ein Flächenbrand?
Ali Fathollah-Nejad: Die beiden Ereignisse, der US-Rückzug aus dem Atomabkommen und die eskalierenden Spannungen zwischen Israel und Iran, hängen nur bedingt zusammen. Israel befürchtet seit Monaten, dass sich Iran militärisch an der syrisch-israelischen Grenze festsetzt, seitdem gibt es dort Spannungen zwischen beiden Ländern. Trumps Rückzug aus dem Abkommen, so Israels Kalkül, schafft ein günstiges Zeitfenster, um Iran von der syrisch-israelischen Grenze zurückzudrängen, denn ein iranischer Gegenschlag auf Israel wäre kontraproduktiv für dessen Regierung. Die versucht aktuell, mit den verbliebenen Vertragspartnern den Atomdeal zu retten.

Müssen nicht eher die verbliebenen Vertragspartner, allen voran Deutschland, Großbritannien und Frankreich, Iran davon überzeugen, am Abkommen festzuhalten?
Für Europa ist das Atomabkommen von Interesse, weil es einen möglichen Krieg sowie einen nuklearen Rüstungswettlauf in einer direkten Nachbarregion verhindert hat, zumindest temporär. Europa, und insbesondere Deutschland, brauchen eine stabile Weltordnung. Das Interesse der Regierung von Präsident Hassan Rohani an dem Atomdeal ist aber ebenfalls groß. Es war das zentrale Versprechen seiner Politik, das Abkommen zu realisieren und damit die wirtschaftliche Situation der Iraner zu verbessern. Wie man am Aufstand zur Jahreswende und den anhaltenden Protesten ablesen kann, hat sich zwar die wirtschaftliche Situation der Zivilbevölkerung seit Inkrafttreten des Atomdeals nicht verbessert, aber Rohani braucht das Abkommen, um sein Gesicht zu wahren. Deswegen beauftragte er seinen Außenminister in diesen Tagen nach Peking, Moskau und Brüssel zu fliegen. 

Die Außenpolitik Irans erzeugt nicht den Anschein, als sei das Interesse an dem Atomabkommen allzu groß. Der Stellvertreterkrieg im Jemen, die destruktive Rolle in Syrien – all das hat Misstrauen gegenüber Iran geschürt.
Die iranische Außenpolitik in der Region bestimmt nicht die Regierung, sondern die Revolutionsgarden und der Oberste Führer. Innerhalb dieses Hardliner-Lagers lehnen machtvolle Gruppierungen den Atomdeal ab, zumal er dazu führen würde, ihre profitable Schattenwirtschaft perspektivisch zu gefährden. Aber die Tatsache, dass Iran die Raketenangriffe auf Israel dementiert und den Konflikt noch nicht eskaliert ist, spricht im Moment dafür, dass Iran das Abkommen aufrecht erhalten will. 

Mit dem Abkommen waren große Hoffnungen verbunden. Die Europäer und Amerikaner erwarteten, dass der Atomdeal sowohl im Inneren Irans als auch in der Außenpolitik in der Region zu einer Verbesserung führen würde. Ist die Strategie der Europäer gescheitert, Iran politische Zugeständnisse abzuringen im Tausch gegen wirtschaftliche Zusammenarbeit?
Zwar ist keine Entspannung in der Innen- noch der Regionalpolitik eingetreten, trotzdem war die europäische Iran-Politik erfolgreich, insofern als dass überhaupt ein Abkommen zustande gekommen ist. Das Atomabkommen brachte für Europa und den Nahen Osten klare Vorteile und dämmte einen Konflikt ein, der über ein Jahrzehnt lang das Potenzial hatte, zu einem Krieg zu führen. 

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