Iran und Türkei Zweikampf in Arabien

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Willkommen im Irak.

In Erbil, im kurdischen Gebiet, laufen Türken und Iraner noch Kopf an Kopf. Eine Messe iranischer Firmen verschafft der Stadt Besucher. Iraner füllen die Restaurants und Frühstückssalons. Das Mineralwasser, der Tee, die Früchte kommen aus der Türkei. Iraner haben die Hotels von der ersten bis zur letzten Etage gebucht. Gebaut sind die Herbergen von türkischen Unternehmen. Im kurdischen Teil des Iraks sieht es gut aus für sie. Ebenso bei den irakischen Sunniten.

Im Süden des Landes dagegen, bei den irakischen Schiiten, dominieren iranische Kaufleute den Markt. Sie spielen die schiitische Karte aus. In der heiligen Stadt Kerbela kommen Zahnpasta, Shampoos, Klimaanlagen und Autos aus Iran. Iranische Pilger beherrschen Kerbela, Farsi ist die zweite Sprache neben Arabisch.

Die Regierung in Teheran sagt, der iranische Handel mit dem Irak sei 2009 auf vier Milliarden Dollar gewachsen – viermal so viel wie 2006. Südlich von Kerbela, in der irakischen Hafenstadt Basra, haben iranische Baufirmen gerade große Verträge abgeschlossen. Eine iranische Staatsbank hat jüngst geöffnet.

Die Stadtverwaltung von Basra ist eng mit Iran vernetzt. Einige schiitische Parteien werden von Teheran gesponsert. Irans Regierung will den Handel mit dem Irak in den nächsten drei Jahren auf zehn Milliarden Dollar ausdehnen.

Wie sie das machen? Nahim Junis al-Sawi, Universitäts-Vizerektor aus dem irakischen Dohuk, hat seit dem Fall Saddam Husseins schon viele Türken und Iraner bei der Expansion beobachtet. Die Iraner seien sehr aufs Ziel fixiert, unelegant, steif. "Ich will das jetzt!" Das stehe ihnen ins Gesicht geschrieben. Die Türken – sanfter, geschickter, auch witzig, flexibel. Dagegen würden die Iraner gern die Religion in den Vordergrund stellen.

Mit TV-Serien gewinnen die Türken die Sympathien vieler Araber

Ein neues Spielfeld ist Afrika.

Auf dem vermeintlichen Krisenkontinent erwarten einige Länder in den kommenden Jahren ein beeindruckendes Wachstum. Senegal zum Beispiel. Was dieses Land besonders macht, ist seine wachsende schiitische Bevölkerung. Iran unterstützt dort ein theologisches Seminar und ein Netz religiöser Grundschulen. Sogar eine senegalesische Hisbollah ("Partei Gottes") gab es schon mal. Der Präsident Senegals war bereits vier Mal in Teheran.

Dort hat Abdoulaye Wade natürlich sogleich das iranische Recht auf Nutzung der Kernenergie betont. Gastgeber Mahmud Ahmadineschad freute sich über den Zuspruch. Der iranische Präsident bereiste im Gegenzug Senegal, wo die iranische Autofirma Khodro vor nicht langer Zeit eine Fabrik gebaut hat. Von hier aus soll Westafrika mit iranischen Autos beglückt werden.

Ahmadineschads Afrikaexpedition führte auch ins mehrheitlich christliche Kenia. Dort handelte er Verträge über Lieferungen von Öl, Autos und Konsumgütern aus. In Kenia wäre er fast dem türkischen Präsidenten Abdullah Gül ins Gehege gekommen, der 2009 mit über hundert türkischen Geschäftsleuten einflog. Die Türken möchten Autos, Maschinen, elektronische Geräte verkaufen, Strom produzieren und Häuser bauen. Gül machte aus der Konkurrenz keinen Hehl. "Der iranische Präsident reist hier auch herum", sagte er türkischen Journalisten zur Begründung seiner Spesenrechnung in Nairobi. Der klassische Absatzmarkt in Europa sei an eine Grenze gestoßen.

Die Türkei sehe sich aktiv nach neuen Märkten um. Ähnlich in Tansania, Kongo und im Sudan. Fast überall begegnen die Türken den Iranern. Allein die Methoden sind unterschiedlich. Die Iraner werben für sich gern mit iranischen Kulturveranstaltungen, Koranlesekursen und Stipendien fürs theologische Studium in Iran. Die Türken laden afrikanische Staatschefs und Geschäftsleute eher mal nach Istanbul ein, verwöhnen sie dort in einem Prachthotel und entlassen sie mit Verträgen wieder in die Heimat. Studenten werden an türkisch-säkulare Universitäten geholt. Auch eine türkisch-afrikanische Handelskammer gibt es längst. Ankaras Handel mit Afrika hat sich seit 2005 vervierfacht.

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