Iran und Türkei Zweikampf in Arabien

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A handout picture made Quelle: dpa

Zum Zielgebiet gehört der Sudan, ein Land, dessen Präsident vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen Kriegsverbrechen per Haftbefehl gesucht wird. Iran und die Türkei scheren sich nicht viel darum. Niemand will im Sudan, Afrikas größtem Flächenstaat, ins Hintertreffen geraten. Omar al-Baschir hat sowohl die Türkei wie auch Iran besucht. Teheran verkauft dem mutmaßlichen Kriegsverbrecher Waffen und arbeitet mit ihm militärisch eng zusammen.

Die Türken liefern gleichfalls Waffen und nähen Uniformen für die sudanesische Armee, wie die Nichtregierungsorganisation Human Rights First in New York berichtete, trotz UN-Sanktionen gegen den Sudan. Der türkische Flughafenbetreiber TAV hofft darauf, den Flughafen Khartoum umbauen zu können. Zu so einem, wie TAV schon in Teheran erweitern und betreiben wollte. Nur dass die türkische Firma sich in der iranischen Hauptstadt von Revolutionsgardisten vertreiben lassen musste. Dann erstarkte dort die Konkurrenz.

Die Türken haben in den vergangenen Jahren jedoch noch einen neuen Dreh gefunden, ihre Außenwirkung zu verbessern. Sie gehen direkt in die Wohnzimmer der Kunden, greifen ihnen ans Herz, rühren sie zu Tränen. Das Vehikel: Fernsehserien. Türkische Primetime-Schlager wie Tal der Wölfe oder Gümüs ("Silber") werden Istanbuler Produzenten von arabischen und nordafrikanischen Sendern aus den Händen gerissen. Die Seifenoper Gümüs, in der arabischen Welt unter dem Namen Nur ("Licht") ausgestrahlt, bietet Hochzeiten vor prächtiger Bosporuskulisse, dramatische Entführungen und Versöhnungen, romantische Mondscheinplaudereien, Dauerschmusen auf der Motorjacht.

Nicht weniger als 85 Millionen Araber schalten ein, wenn eine neue Folge von Nur beginnt. Das bringt Geld und Prestige zugleich. Soft power nennen die Türken das auf Neutürkisch.

Dem hat Iran nicht viel entgegenzusetzen. In Damaskus, nicht weit vom alten Basar, unterhalten iranische Beamte ein Kulturzentrum. Farsi kann man da lernen, den Koran lesen, Bilderbögen vom alten Isfahan betrachten. Der Leiter des Zentrums findet das "anständiger" und "hochwertiger" als diese platten türkischen Serien. Mag sein, aber es gibt einfach nicht viele Syrer, die sich fürs Hochwertige dort einfinden. Teherans Platzvorteile in Syrien – das sind vor allem die engen Beziehungen der beiden Regime, die iranischen Waffenlieferungen an die Syrer, die gemeinsame Päppelung der islamistischen Widerstandsbewegungen gegen Israel. Hard power.

Iran gegen die Türkei – das ist keine militärische Feindschaft, sondern ein Wettbewerb der Waren und Ideen. Für die umworbene Kundschaft im Mittleren Osten und in Afrika ist die Rivalität der beiden Staaten eine feine Sache. "Manchmal fragen uns westliche Besucher, wen wir denn bevorzugen", sagt ein syrischer Geschäftsmann. "Beide, lautet die Antwort. Wir wollen uns gar nicht entscheiden." Das könnte ja die schöne Konkurrenz stören.

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