Irans Außenminister Zarif „Die USA lernen nichts dazu“

„Wir haben eine Art von Demokratie, wenn auch eine andere Art als die USA.“ Irans Außenminister Mohammad Javad Zarif kritisiert in New York die Amerikaner – und auch aus dem Weißen Haus kommen weiterhin aggressive Töne.

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New York Fast immer lächelnd, manchmal auch zum Scherzen aufgelegt, aber sehr klar in der Sache gab sich Irans Außenminister Mohammad Javad Zarif in New York im Gespräch mit Richard Haas, dem Präsidenten des Council on Foreign Relations – eine private Denkfabrik. Auf der Straßenseite gegenüber demonstrierte derweil eine kleine Schar von Regime-Gegnern und rief den Besuchern der Veranstaltung zu: „Schämt euch!“ Haas und Zarif kennen sich schon lange. Zarif hatte in den USA die Schule besucht und studiert und später zeitweise als iranischer Diplomat bei den Vereinten Nationen gearbeitet.

Auf die Frage, was er von den Rufen einzelner US-Politiker halte, im Iran einen Regime-Wechsel zu bewirken, sagte er: „Die USA lernen nichts dazu. Sie können bei uns keinen Regimewechsel bewirken, weil unser Regime nicht von den USA abhängig ist.“ Er betonte: „Wir haben eine Art von Demokratie, wenn auch eine andere Art als die USA.“ Immer wieder erzählte er, die Iraner hätten zum Teil zehn Stunden angestanden um zu wählen und leitete daraus ab: „Unsere Regierung wird von der Bevölkerung getragen.“

Arabische Staaten stehen dagegen seiner Meinung nach unter Druck, „weil sie fundamentale Bedürfnisse der Bevölkerung, einschließlich dessen nach Würde, nicht befriedigen können“. Er wirft diesen Staaten vor, das Feindbild Iran zu pflegen, um von internen Problemen abzulenken. Und die USA, sagte er, betrachteten diese Staaten als Verbündete und verkauften ihnen Waffen, zum Beispiel in einem neuen Milliardendeal mit Saudi-Arabien.

Der Außenminister verwies mehrfach auf den Krieg mit dem Irak, der von 1980 bis 1988 gedauert hatte, wobei die USA und die meisten anderen Staaten den Irak als Angreifer unterstützt hatten. „Wir haben den Krieg überlebt, und wir haben die Sanktionen überlebt“, sagte er. „Wir haben trotz den USA überlebt.“ Und setzte später hinzu: „Der Einsatz von Sanktionen trifft in der Bevölkerung die Falschen. Außerdem nützt er nichts, darüber habe ich schon 1982 meine Masterarbeit geschrieben.“ Auf Nachfrage bezog er diese Äußerung auch auf Sanktionen gegen Russland wegen der Annexion der Krim.

Zarif stritt ab, es sei bewiesen, dass die Regierung Syriens Chemiewaffen eingesetzt habe, und forderte eine eingehende Untersuchung. Außerdem erzählte er, er habe als junger Diplomat bei den Vereinten Nationen versucht, darauf aufmerksam zu machen, dass der Irak Chemiewaffen einsetze. Ohne Erfolg: „Das hat niemanden interessiert. Der Vorsitzende des Sicherheitsrats hat gesagt: 'Ich höre Ihnen nicht zu'". Seine Schlussfolgerung daraus: „Es hat nie eine rote Linie für den Einsatz von Chemiewaffen gegeben, diese Erfahrung haben wir im Iran gemacht.“

Zarif betonte, sein Land wolle keine Atomwaffen entwickeln und sei dafür, alle Atomwaffen abzuschaffen. „Sie erhöhen für niemanden die Sicherheit“, betonte er. Sein Land habe sich nach dem Urteil der Internationalen Energie-Agentur (IEA) an die Vereinbarungen des Atom-Abkommens gehalten. Das hat am Montagabend offiziell auch die US-Regierung dem Iran bescheinigt. Das erklärten mehrere Regierungsmitarbeiter in einem Telefonat mit Journalisten.

Präsident Donald Trump und Außenminister Rex Tillerson seien aber nach wie vor der Meinung, dass der Iran eine der gefährlichsten Bedrohungen für amerikanische Interessen und den Nahen Osten darstelle, sagte einer der Vertreter. Teheran tue nicht genug, um dem „Geist des Abkommens“ gerecht zu werden, hieß es weiter. Man wolle zudem mit den Verbündeten daran arbeiten, die Mängel der Vereinbarung zu beheben. Diese Äußerungen fielen nach der Veranstaltung mit Zarif, der iranischer Außenminister konnte somit nicht direkt darauf reagieren.


Irans Verwicklung in militärische Konflikte

Mit Blick auf Länder wie Irak und Afghanistan und den Einsatz amerikanischer Soldaten sagte Zariuf: „Wir halten ausländische Truppen in jedem Fall für destabilisierend, aber wir respektieren die Entscheidungen unserer Nachbarn“. Er betonte, Iran habe sein Militär nie offensiv eingesetzt und ausländische Verbündete mit Waffen und Militärberatern, aber nicht mit Soldaten unterstützt. Das widerspricht Berichten über den Einsatz von der militärischen „Revolutionsgarden“ des Iran – sie sollen im Libanon, Irak, Syrien und Jemen im Einsatz gewesen sein.

Ein Thema fand bei der ganzen Veranstaltung auffallend wenig Interesse: die Beziehungen zu Israel. Nur ein Besucher der Veranstaltung stellte die kurze Frage, ob Iran die territoriale Integrität Israels respektiere. Zarif wich der Frage aus und sagte: „Die Probleme dort resultieren daraus, dass den Palästinensern in der dritten Generation grundlegende Rechte verweigert werden. Wenn das gelöst ist, gibt es keinen Grund mehr, andere Länder zum Sündenbock zu machen.“

Israel hatte in den letzten Jahren besonders stark auf Sanktionen gegen den Iran gedrängt und fühlt sich von einem möglichen künftigen Atomwaffen-Arsenal bedroht. Israel verfügt selbst über Atomwaffen, bekennt sich aber offiziell nicht dazu. Zeitweise hatten iranische Politiker die Existenzberechtigung von Israel infrage gestellt – zumindest rhetorisch.

Der Iran unterstützt zudem antiisraelische Kräfte, etwa Hamas im Gaza-Streifen und die Hisbollah im Libanon. Beide Organisationen werden von den USA und zum Teil auch von anderen Staaten als terroristisch eingeschätzt. Zarif sagte dagegen: „Wir unterstützen keine Terroristen, anders als einige Verbündete der USA“, womit er wiederum in erster Linie Saudi-Arabien meinte.

Iran und Saudi-Arabien liefern sich zurzeit einen Stellvertreterkrieg durch die Unterstützung verfeindeter Parteien im Bürgerkrieg von Jemen. Der Außenminister deutete er an, er sehe die Möglichkeit zur Einigung, wenn Saudi-Arabien akzeptiere, dass es den iranischen Einfluss dort nicht verhindern könne.

Auf die Inhaftierung von iranisch-amerikanischen Bürgern unter zweifelhaften Anklagepunkten angesprochen, beteuerte er, er wolle sich um humanitäre Lösungen bemühen. Er versicherte aber auch, die Justiz sei unabhängig. Außerdem verwies er auf einen Fall aus dem Jahr 2016: Ein Richter in New York habe Familien von Opfern des Terror-Angriffs am 11. September 2001 insgesamt fast elf Milliarden Dollar Schadensersatzansprüche gegen den Iran zugesprochen, weil dieser Staat den Angriff angeblich unterstützt hatte. „Das ist absurd, jeder weiß, dass die Attentäter aus Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten kamen“, sagte er. Laut Medienberichten hatte der Iran damals gar keinen Vertreter zu dem betreffenden Prozess geschickt.

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