Irland-Wahlen Nach gescheiteter Regierungsbildung: Premier Varadkar bietet Rücktritt an

Nach dem Überraschungssieg der linken Partei Sinn Fein kann das EU-Land sich noch auf keine Regierung einigen. Die erste Wahl eines Regierungschefs scheitert.

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Im EU-Land Irland zeichnet sich nach dem überraschenden Wahlsieg der linksgerichteten Partei Sinn Fein eine schwierige Regierungsbildung ab: Keine der drei großen Parteien hat am Donnerstagabend bei der Wahl eines Regierungschefs im neuen irischen Parlament ausreichend Stimmen für ihren Kandidaten bekommen.

Der bisher regierende Premierminister Leo Varadkar von der Partei Fine Gael bot daraufhin Präsident Michael Higgins offiziell seinen Rücktritt an. Varadkar hatte am Abend 36 der 80 erforderlichen Stimmen erhalten. Sinn-Fein-Chefin Mary Lou McDonald erzielte mit 45 das beste Ergebnis aller Kandidaten. Sie scheiterte aber ebenso wie Micheal Martin von der oppositionellen Fianna Fail, der 41 Stimmen erhielt.

Das Parlament - Dail - vertagte sich für die kommenden zwei Wochen. Es wird erwartet, dass sich während dieser Zeit die Gespräche der Parteien für eine Regierungsbildung intensivieren.

Bei der Parlamentswahl am 8. Februar hatte Sinn Fein überraschend die beiden etablierten bürgerlichen Parteien - Varadkars Fine Gael sowie Martins Fianna Fail - vom Thron gestoßen.

Damit wurden das Ende des Zwei-Parteien-Systems und ein politischer Umbruch in der Republik Irland eingeleitet: Weder Fine Gael noch Fianna Fail erzielten genügend Stimmen, um eine Mehrheit zu haben. Fianna Fail gewann 38 Sitze im 160 Abgeordnete zählenden Parlament, Fine Gael erzielte 35 Sitze. Sinn Fein seinerseits hatte nicht mit dem großen Zuspruch gerechnet und zu wenig Kandidaten aufgestellt. So kommt die Partei nur auf 37 Mandate und ist zweitstärkste Partei.

Sinn Fein galt früher als politischer Arm der Untergrundorganisation IRA (Irisch-Republikanische Armee) und setzt sich für eine Wiedervereinigung Irlands ein. Lange Zeit wurde die Partei geächtet. Kritiker werfen Sinn Fein noch heute vor, dass an ihr Blut klebe.

Varadkar schließt eine Zusammenarbeit mit Sinn Fein aus. Er führte bislang eine von Fianna Fail tolerierte Minderheitsregierung an. Er warnte vor monatelangen Verhandlungen in der politischen Sackgasse.

McDonald hatte auf soziale Themen wie Wohnungskrise gesetzt und vor allem jüngere Wähler angesprochen.

Sie hatte angekündigt, die erste Premierministerin ihres Landes zu werden und vorzugsweise mit den kleineren linksgerichteten Parteien über eine Regierungsbildung zu sprechen.

Sollte es zu einer Regierungsbeteiligung von Sinn Fein kommen, dürfte die Forderung nach einem baldigen Referendum über die irische Wiedervereinigung in Dublin zur offiziellen Regierungslinie werden. Das würde auch die Brüsseler Verhandlungen mit London über die künftigen Beziehungen nach Ende der Brexit-Übergangszeit betreffen.

Fianna-Fail-Chef Martin hatte am Mittwoch eine Sondierungsgruppe ernannt, die nun Gespräche mit anderen Parteien sowie unabhängigen Abgeordneten aufnehmen soll, „um abgestimmte politische Maßnahmen zur Bewältigung der verschiedenen Krisen des Landes zu entwickeln“.

Mehr: Sinn Fein zwingt die irische Politik zum Umdenken.

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