IS-Hochburg Irak erobert Mossul vom IS zurück

Mehr als drei Jahre kontrollierte die Terrormilz IS die frühere Millionenstadt Mossul. Ihr Verlust bedeutet für die Extremisten einen herben Schlag. Sie dürften künftig auf eine Guerillataktik setzen.

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Irakische Soldaten feiern in der Altstadt von Mossul. Quelle: dpa

Sogar die Nachrichtensprecher im Irak verabschieden sich an diesem Sonntag mit dem Victory-Zeichen von ihren Zuschauern. Im Staatsfernsehen laufen ohne Unterlass Videos, die die Soldaten und ihren erbitterten Kampf um Mossul in den vergangenen fast neun Monaten glorifizieren. Noch bevor die Regierung den Sieg offiziell verkündet, lautet die klare Botschaft: Die Terrormiliz IS ist aus Iraks zweitgrößter Stadt - ihrer größten Eroberung - vertrieben. Der Sonntag wird nicht nur den Irakern als Meilenstein in Erinnerung bleiben. Als Sieg über die mächtigste Terrorgruppe der Welt.

Mossul und seine Einwohner haben einen hohen Preis bezahlt. Mehr als drei Jahre lebten die Menschen in der früheren Millionenmetropole unter dem Regime der sunnitischen Extremisten, die ihre radikale Lesart des Islams rücksichtslos durchsetzten. Christen und andere Minderheiten wurden in die Flucht getrieben, gefangen, verschleppt oder getötet. Alkohol und Zigaretten waren genauso verboten wie Musik. Frauen durften nur voll verschleiert auf die Straße. Seine Gegner tötete der Islamische Staat (IS), der die Stadt zu einem Zentrum seines „Kalifats“ machte.

Auch die Offensive der irakischen Regierungskräfte, von Kampfflugzeugen der US-geführten internationalen Allianz aus der Luft unterstützt, verlangte von den Zivilisten einen hohen Blutzoll. Bis zuletzt nahmen die Extremisten Unschuldige als Schutzschilde, darunter Kinder und Frauen. Die UN berichteten mehrfach über Massaker der Dschihadisten an Flüchtlinge. Fast 900.000 Menschen flohen vor der Gewalt, seitdem die Offensive im Oktober begonnen hatte.

Vor allem in den vergangenen Monaten häuften sich Berichte über viele Tote bei Luftangriffen. Ende Mai musste das Pentagon einräumen, dass bei einer Bombardierung rund zwei Monate zuvor mehr als 100 Zivilisten ums Leben gekommen seien. Die Extremisten hätten in einem Gebäude Sprengstoff platziert, erklärte das US-Verteidigungsministerium. Doch Kritiker sahen in der hohen Zahl ziviler Opfer auch eine Folge gelockerte Einsatzregeln der US-Luftwaffe nach dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump.

Große Teile Mossuls wurden bei den Kämpfen in Schutt und Asche gelegt. Besonders der Westen der durch den Fluss Tigris geteilten Stadt ist massiv zerstört. Vom IS gesprengt wurde die Große Moschee, ein Wahrzeichen nicht nur der Stadt, sondern auch ihres Kalifats, das sie nicht der Armee überlassen wollte. Hier hatte sich IS-Chef Abu Bakr Al-Bagdadi 2014 das erste Mal öffentlich gezeigt. Ganze Viertel gleichen Trümmerwüsten, in denen auf absehbare Zeit kaum ein Mensch leben kann. Der Wiederaufbau wird Milliarden kosten und Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte dauern.

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