Islamischer Staat "Die Ideologie des IS wird in jedem Fall überleben"

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Der Mann am Flughafen

Ein Beispiel: Ich war Anfang September am Düsseldorfer Flughafen. Dort saß ein junger Mann mit Baseballcap tief ins Gesicht gezogen, dunklem Bart und einer Sporttasche. Als er aufstand und den Flughafen verließ, ließ er die Tasche stehen.

Das ist ein gutes Beispiel. Die Frage an Sie ist, wie hätten Sie reagiert, wenn der junge Mann blond und ohne Bart gewesen wäre?

Wenn jemand seine Tasche an einem Flughafen stehen lässt, macht mich das unabhängig vom Aussehen nervös. Wie sollte man reagieren?

Jemand mit einem Bart und einem solchen Cap ist ja nicht per se verdächtig. In diesem Fall war jedoch ungewöhnlich, dass der Mann die Tasche stehen ließ. Sie haben insofern richtig gehandelt, indem Sie etwas Ungewöhnliches bemerkt und dann ihre Aufmerksamkeit darauf gerichtet haben, um herauszufinden, ob die Tasche eine potentielle Gefahrenquelle darstellt. Ich wäre ebenfalls aufmerksam geworden. Es geht in dieser Situation einfach darum, herauszufinden, was der Mann jetzt tut: Verlässt er das Gebäude? Oder geht er vielleicht nur rauchen? Wenn er letzteres tut, wird sich in der Tasche sehr wahrscheinlich keine Bombe befinden. Grundsätzlich sollten Sie Ihrem Bauchgefühl folgen. Wenn Sie so etwas beobachten und ein schlechtes Gefühl bekommen, dann informieren Sie zügig das Sicherheitspersonal.

Die Akteure im Syrien-Konflikt

Ich bin in der Tat aufgestanden, um zu gucken, was er macht. Er ging rauchen. Worauf ich hinauswill: Der IS versucht unsere, Gesellschaft auseinander zu treibe. Führt nicht eine übersteigerte Aufmerksamkeit unsererseits dazu, dass sich Unschuldige verdächtigt und ausgeschlossen fühlen, was dem IS und seiner Ideologie wiederum in die Hände spielt?

Die Gefahr besteht natürlich. Das ist eine Gratwanderung. Wir müssen lernen, Menschen nicht allein aufgrund ihres Aussehens unter Generalverdacht zu stellen, sondern wachsamer dafür sein, was in unserer Umgebung passiert, um sonderbares oder ungewöhnliches Verhalten als solches erkennen und dann entsprechend zu handeln.

So schützen sich große Flughäfen vor Terror

Ausführlich beschreiben Sie, wie Terroristen bei ihrer Planung vorgehen und woran man sie erkennen kann, etwa wenn es um einen Bombenanschlag geht.

Wenn Sie eine Bombe bauen wollen, brauchen Sie Zutaten, die Sie in jedem Gartencenter und Baumarkt kaufen können. Die Herausforderung besteht in erster Linie darin, unbemerkt große Mengen davon zu beschaffen und an einen sicheren Ort zu bringen, wo Sie die Bombe bauen können. Wenn der Nachbar mit den Düngemitteln in die Stadtwohnung geht, ist das verdächtig. Wenn er dazu noch neu eingezogen ist, Sie ihn nie gesehen haben und nur nachts hören, könnte das ein Hinweis sein. Es müssen aber stets mehrere solcher Indikatoren zusammenkommen.

Aus diesen Materialien sind Bomben entstanden
Ein „Dingo“-Transportfahrzeug der Bundeswehr wird durch eine improvisierte Bombe „angesprengt“, die in einem geparkten Pkw versteckt war – zum Glück nur eine Vorführung in der Lüneburger Heide. Quelle: Helmut Michelis
Oberst Thorsten Ludwig führt die Abteilung der Bundeswehr, die den Schutz vor Sprengfallen verbessern und die Aufklärung der Täterkreise soll. Quelle: Bundeswehr
Eine Sprengladung in einem Druckkochtopf (bei einem Tag der Offenen Tür in der Augustdorfer Rommel-Kaserne und im Panzermuseum in Munster/Örtze ausgestellt). Quelle: Helmut Michelis
Eine mit rostigen Nägeln gespickte Rohrbombe (bei einem Tag der Offenen Tür in der Augustdorfer Rommel-Kaserne und im Panzermuseum in Munster/Örtze ausgestellt). Quelle: Helmut Michelis
Eine durch ein Handy fernzündbare Sprengfalle (bei einem Tag der Offenen Tür in der Augustdorfer Rommel-Kaserne und im Panzermuseum in Munster/Örtze ausgestellt). Quelle: Helmut Michelis
Eine per Kabel fernzündbare Bombe in einem Kanister (bei einem Tag der Offenen Tür in der Augustdorfer Rommel-Kaserne und im Panzermuseum in Munster/Örtze ausgestellt). Quelle: Helmut Michelis
Eine Sprengstoffweste, die von einem Selbstmordattentäter getragen wird (bei einem Tag der Offenen Tür in der Augustdorfer Rommel-Kaserne und im Panzermuseum in Munster/Örtze ausgestellt). Quelle: Helmut Michelis

Hätten Sie den syrischen Attentäter Jaber Albakr erkannt, der in einer Wohnung an Sprengstoff bastelte, wenn er bei Ihnen nebenan gewohnt hätte?

So etwas ist im Nachhinein immer schwer zu sagen. Auch hier geht es wieder um Wachsamkeit. In der Großstadt leben die Menschen meist nebeneinander her und schenken ihren Nachbarn kaum Beachtung. Wenn es im Flur nach Chemikalien riecht, fällt das den Nachbarn oft auf, die wundern sich, gehen der Sache aber nicht nach. Doch genau das wäre der richtige Schritt.

Wie sollte man in einem solchen Fall reagieren?

Wenn Sie das Gefühl haben, da ist etwas faul, sollten Sie nicht lange zögern und die Behörden informieren. Das können die Hinweistelefone des Verfassungsschutzbehörden sein oder die Polizei.

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