
Der ägyptischen Regierung entgleitet immer mehr die Kontrolle über den Sinai: Bei der bislang schwersten Anschlagsserie auf der Halbinsel wurden Sicherheitskreisen zufolge am Mittwoch mindestens 50 Menschen getötet. Etwa 70 Attentäter griffen mindestens fünf Kontrollpunkte der Sicherheitskräfte an. Es entbrannten schwere Gefechte, bei denen nach Armeeangaben auch drei mit Flugabwehrgeschützen ausgerüstete Gelände-Wagen zerstört wurden.
Zu den Taten bekannte sich der ägyptische Ableger der radikalen IS-Miliz, die Sinai-Provinz. Die Gruppe wird für zahlreiche Anschläge auf der Halbinsel verantwortlich gemacht, die nach dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi 2013 massiv zunahmen.
Chronik der IS-Krise
IS-Rebellen besetzen Falludscha in der irakischen Provinz Anbar. Hunderttausende fliehen.
IS-Kämpfer nehmen die Millionenstadt Mossul ein und überrennen anschließend weitere Teile des Iraks.
US-Präsident Barack Obama deutet erstmals ein Eingreifen an, allerdings nicht mit Bodentruppen.
IS ruft ein grenzübergreifendes Kalifat aus.
Der IS-Vormarsch nahe Mossul treibt Hunderttausende in die Flucht, vor allem Jesiden.
Die USA fliegen erste Angriffe und werfen Nahrung für die Flüchtlinge ab.
Deutschland bringt erstmals Hilfsgüter ins Krisengebiet.
Die Enthauptung eines US-Journalisten schockt die Welt.
Zehn Länder schließen Anti-IS-Koalition.
Deutschland liefert erste Waffen an kurdische Kämpfer.
Ministertreffen der rund 60 Länder der Anti-IS-Koalition in Brüssel.
Bei den Kämpfen im Norden der Halbinsel seien Dutzende Angreifer getötet worden, hieß es in Sicherheitskreisen. Ziel der Angriffe seien nicht nur Armeeposten gewesen, sondern auch eine Polizeiwache. Extremisten hätten rund um die Wache in Scheich Suweid Sprengsätze deponiert und die Polizisten dazu gezwungen, im Gebäude zu bleiben. Zudem hätten sie eine Verbindungsstraße zu einem Armeelager vermint. Die Gruppe Sinai-Provinz erklärte über Twitter, sie habe mehr als 15 Ziele angegriffen und zudem drei Selbstmordanschläge verübt.
Erst am Montag war in Ägypten der Generalstaatsanwalt bei einem Autobombenanschlag in der Hauptstadt Kairo getötet worden. Die Tat hatte die Frage aufgeworfen, ob die Führung unter Mursis Nachfolger Abdel Fattah al-Sisi in der Lage ist, die islamistische Gewalt einzudämmen.
Der Islamische Staat (IS) hatte seine Anhänger aufgefordert, während des muslimischen Fastenmonats Ramadan mit einer Welle von Anschlägen Stärke zu demonstrieren. In Ägypten steht insbesondere der Sinai im Visier von Islamisten. Hunderte Polizisten und Soldaten wurden in den vergangenen Monaten getötet. Als Reaktion darauf verhängte die Armee den Ausnahmezustand über Teile der Halbinsel. Sie griff auch immer wieder Stellungen der Extremisten an und zerstörte Tunnel in den angrenzenden palästinensischen Gazastreifen, über die vermutlich Waffen geschmuggelt wurden.