Italien Berlusconi streitet mit Bündnispartner über Euro-Abkehr

Der ehemalige italienische Regierungschef Berlusconi hält einen Euro-Austritt seines Landes für wirtschaftlich nicht verkraftbar. Vertreter seines Bündnispartners verfallen hingegen immer wieder in Anti-Euro-Rhetorik.

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Der ehemalige italienische Ministerpräsident ist gegen einen Euro-Austritt seines Landes. Quelle: dpa

Rom Knapp zwei Monate vor der Parlamentswahl in Italien streitet das in Meinungsumfragen führende Mitte-Rechts-Bündnis offen über die Frage der Euro-Zugehörigkeit des Landes. Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi von der Partei Forza Italia plädierte am Dienstag gegen einen Austritt aus der Gemeinschaftswährung und sprach von einem Gesinnungswandel seines wichtigsten Verbündeten, Lega-Nord-Chef Matteo Salvini, der in diesem Punkt bislang entgegengesetzte Ansichten vertrat. Ein Lega-Nord-Sprecher widersprach allerdings postwendend dieser Darstellung.

Der Euro ist ein heißes Thema im Wahlkampf. Viele Italiener machen ihn und die strikten Haushaltsregeln der EU für die jahrelange Konjunkturschwäche im Land verantwortlich. Erst vergangene Woche bezeichnete Salvini die Gemeinschaftswährung als einen „Irrtum”, den er korrigieren wolle. Allerdings hatte Lega Nord ihre Anti-Euro-Rhetorik zuletzt etwas abgeschwächt.

Berlusconi sagte dem Sender Radio Capital, einen Austritt aus der gemeinsamen Währung würde Italiens Wirtschaft nicht verkraften. „Salvini ist nicht länger der Ansicht, dass wir aus dem Euro austreten sollten”, ergänzte der 81-jährige milliardenschwere Medienunternehmer. „Er hat verstanden, dass das für unsere Wirtschaft untragbar wäre.”

Doch nur kurz darauf äußerte der wirtschaftspolitische Sprecher der Lega Nord, Claudio Borghi, eine andere Sicht der Dinge. „Sobald die Lega in der Regierung ist, wird sie alle möglichen Vorbereitungen starten, um unsere geldpolitische Souveränität zu erreichen. Das ist eine Frage der nationalen Sicherheit.” In der Vergangenheit hatte Berlusconi ein Zwei-Währungs-Regime vorgeschlagen. Demnach soll im internationalen Handel und im Tourismusgeschäft weiterhin der Euro eingesetzt werden, aber für den heimischen Gebrauch wieder die alte Landeswährung Lira gedruckt werden.

Unsicherheitsfaktor an den Märkten

An den Finanzmärkten wird die Wahl am 4. März als großer Unsicherheitsfaktor gesehen. Berlusconis Forza Italia (FI), Lega Nord sowie Fratelli d'Italia bilden das konservative Parteienbündnis, das Umfragen zufolge die meisten Stimmen gewinnen wird, aber nicht die absolute Mehrheit. Stärkste Einzelpartei ist demnach aktuell die europaskeptische Fünf-Sterne-Bewegung, die in der Wählergunst sogar die Demokratische Partei (PD) von Ministerpräsident Paolo Gentiloni überrundete. Allerdings hat die Fünf-Sterne-Bewegung ihre frühere Ankündigung eines Referendums über den Euro relativiert. Parteichef Luigi Di Maio bekräftigte, dass dieser Schritt lediglich ein „letztes Mittel” sei, falls Italien keine Änderungen an den EU-Haushaltsregeln durchsetzen kann. „Ich glaube, es ist nicht mehr der richtige Moment für Italien, den Euro zu verlassen”, sagte er dem staatlichen TV-Sender RAI.

Wirtschaftsthemen stehen im Wahlkampf ganz oben. Alle Parteien versprechen eine Änderung oder Abschaffung der EU-Haushaltsregeln, Steuersenkungen und mehr Wirtschaftsförderung. Die moderatesten Positionen vertreten die PD und die FI. Die drei Parteien des Rechtsbündnisses verständigten sich bei einem Treffen ihrer Parteichefs jüngst auf Steuersenkungen und die Rücknahme der Rentenreform von 2011.

Nach Jahren der Flaute hatte sich Italiens Wirtschaft zuletzt merklich berappelt. Das Statistik-Amt hatte im November seine Prognose für das Wachstum der nach Deutschland und Frankreich drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone 2017 von 1,0 auf 1,5 Prozent erhöht. 2018 sollen es 1,4 Prozent sein.

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