Italien Zweite Runde der Regierungsbildung in Rom ohne Ergebnis – Berlusconi schießt quer

Die Parteien in Italien streiten weiter um eine Regierung, der Standpunkt in der Syrien-Krise bleibt ungeklärt. Der Staatspräsident wird ungeduldig.

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Italien: Zweite Runde der Regierungsbildung ohne Ergebnis Quelle: AP

Rom Kein weißer Rauch in Rom: Zweimal waren sämtliche Parteien schon vorgeladen bei Staatspräsident Sergio Mattarella. Doch eine Regierung ist sechs Wochen nach der Wahl in Italien immer noch nicht in Sicht. Das Ritual der Konsultationen ist in der Verfassung festgelegt. Am Ende ist es das Staatsoberhaupt - mit viel mehr Macht als der Bundespräsident ausgestattet -, das einem Politiker den Auftrag zur Bildung einer Regierung gibt.

Aber bisher kann keiner eine Mehrheit im Parlament garantieren. Das Gerangel und der Streit um eine Koalition gehen weiter. Mattarella werde angesichts des Spektakels langsam ungeduldig, heißt es in Rom.

Im Zentrum steht der 81-jährige Silvio Berlusconi, dessen Forza Italia im Mitte-rechts-Bündnis deutlich weniger Stimmen bekommen hat als die Lega. Dennoch will er unbedingt in einer Koalitionsregierung sein, auch wenn Lega-Chef Matteo Salvini das Sagen hat und mit dem zweiten Wahlsieger Bewegung 5 Sterne verhandelt. Berlusconis Wunschkandidat für das Amt des Premiers ist Antonio Tajani, der Präsident des Europaparlaments. Tajani ist einer der Gründer von Forza Italia.

Doch 5-Sterne-Chef Luigi Di Maio sagt „Nein“ zu Berlusconi, kategorisch. Im Wahlkampf hatte Berlusconi die 5 Sterne als „gefährliche Sekte“ beschimpft. Di Maio dagegen hatte seinen Wählern einen Neuanfang versprochen und damit das beste Einzelergebnis geholt. Er muss zwar koalieren, da ihm rund 90 Stimmen im Parlament fehlen, aber einen Berlusconi kann er seinen Wählern nicht präsentieren.

Der ehemalige dreimalige Premier wiederum kämpft mit allen Mitteln: Als Lega-Chef Salvini sein Presse-Statement nach dem Gespräch mit dem Staatspräsidenten beendet hatte, wartete er, bis sich Salvini weggedreht hatte – und ging gegen die Regeln des Protokolls ans Mikro. Zu den Journalisten sagte er: „Ich bitte euch, unterscheidet gut zwischen wahren Demokraten und denen, die das ABC der Demokratie nicht kennen.“ Die Schlagzeilen waren ihm sicher. „Berlusconi muss such raushalten, das ist die einzige Möglichkeit“, sagte postwendend Di Maio, „sonst halten wir eine Regierung mit Beteiligung der Forza Italia für unmöglich“.

Noch sind die Märkte ruhig und warten ab, wie es in Italien weitergeht. Die Parteien spielen auf Zeit, denn nächste und übernächste Woche sind Regionalwahlen im Norden. Diese könnten der Lega mehr Macht verleihen. Der Präsident kann, um den Stillstand zu beenden, einen Politiker mit dem Mandat zur Regierungsbildung beauftragen. Es zirkuliert schon ein Name: Giancarlo Giorgetti, Lega-Politiker und Stellvertreter von Salvini. Eine Regierung steht damit aber noch lange nicht.

Angesichts der sich zuspitzenden Syrien-Krise werden warnende Stimmen in Italien lauter. Denn über Außenpolitik ist im Parteienstreit bisher nicht die Rede gewesen. Im nationalen Interesse sei es notwendig, dass alle Beteiligten den Ernst der Lage erkennen, schreibt der „Corriere della Sera“. Und der Leitartikler von „La Repubblica“: „Man kann über alles diskutieren, über die ‚Flat-tax‘ oder die Arbeitsmarktreform oder wie man mit den Flüchtlingen umgeht. Der einzige Punkt, über den man sich nicht auseinanderdividieren kann, ist die internationale Einbindung des Landes, seine Zugehörigkeit zum Atlantikpakt und seine Treue zur EU. Daran muss sich halten, wer immer auch denkt, Gentiloni zu beerben“, so die Zeitung.

Aber welche Garantien könnten Lega und 5 Sterne bieten, die seit Monaten Moskau Brüssel vorziehen? „Eine Regierung Di Maio-Salvini wäre ein Sprung ins Dunkle.“

Während Di Maio wie in allen anderen politischen Themen vage und mehrdeutig formuliert und sagt, nun müsse die Diplomatie aktiv werden und dass er nicht hoffe, dass man Italien nach der Bereitstellung von Militärbasen für die Bombardierung Syriens fragen werde, ist Salvini ganz der laute Populist: „Es ist doch nicht normal, dass der US-Präsident twittert, als wenn nichts wäre, dass die Bomben kommen. Wittert ihr nicht Kriegsluft, versteckt hinter den Fake News? Bomben braucht man nur, um die islamistischen Terroristen auszumisten.” Für ein schnelles Ende der Russland-Sanktionen ist Salvini ebenfalls.

Der amtierenden Übergangsregierung sind die Hände gebunden. Aber es war wieder der besonnene Noch-Premier Paolo Gentiloni, der die richtigen Worte fand: „Italien wird sich an keiner Militäraktion in Syrien beteiligen. Wie werden auf der Basis der internationalen und bilateralen Verträge den alliierten Kräften logistische Unterstützung leisten, um Sicherheit und Schutz zu gewährleisten. Eine dauerhafte und stabile Lösung für Syrien kann durch Friedensarbeit erreicht werden und indem man den Vereinten Nationen Raum lässt.“

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