Italiens Reformen Der Kampf gegen das Bürokratie-Monster

Der Verwaltungsapparat in Italien und kompliziert. An ihm verzweifeln Bürger, Investoren und Politiker. Nun nimmt die Regierung die Bürokratie ins Visier. Eine junge Ministerin spielt dabei eine besondere Rolle.

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Die 35-jährige Ministerin für Verwaltungsreformen will Italiens Verwaltung reformieren, neu strukturieren und organisieren. Quelle: dpa

Rom Der italienische Regierungschef Matteo Renzi hat bereits eine Reihe umstrittener Reformen auf den Weg gebracht. Gegen den Widerstand von Gewerkschaften und der Anhängerschaft seiner Demokratischen Partei (PD) setzte er Änderungen des Arbeitsrechts und der Verfassung durch. Nun knöpft der 41-Jährige sich den gigantischen Behördendschungel Italiens vor.

Renzis Regierung will die äußerst umständlichen bürokratischen Vorgänge, die Italiener frustrieren und ausländische Investoren abschrecken, vereinfachen. „Wir wollen eine unkomplizierte öffentliche Verwaltung – denn Komplikationen führen zu Blockaden“, sagt die 35-jährige Ministerin für Verwaltungsreformen, Marianna Madia der Deutschen Presse-Agentur. Das Thema ist populär; Filmkomödien über unreformierbare Beamte sind Kassenschlager.

Von absurden Zusammenstößen mit dem heimischen Verwaltungsapparat kann so gut wie jeder Italiener eine Geschichte erzählen. Der Rechtsprofessor Alfonso Celotto brachte zu dem Thema sogar ein Buch heraus. Es trägt den Titel: „Ich glaube nicht daran, aber es ist wahr – Geschichten gewöhnlicher Bürokratie“. In einem Land, in dem allein für die Eröffnung einer Pizzeria 14 Genehmigungen benötigt würden, sei der Bürokratieabbau die Mutter aller Reformen, sagt Coletto.

Das Ausmaß der Hürden scheint mit der Größe des Projekts zu wachsen: 13 Jahre lang dauerte es, bis der Bau von Italiens größtem Einkaufszentrum bei Mailand genehmigt wurde. Dieses Jahr wurde es endlich eröffnet. So viel Ausdauer hat nicht jeder: Die Firma British Gas verzichtete darauf, in Süditalien ein Gasterminal zu bauen, als nach elf Jahren des Wartens noch immer keine Erlaubnis dafür vorlag.

Damit sei jetzt Schluss, verspricht Madia. Genehmigungen für Geschäftsvorhaben würden künftig binnen maximal fünf Monaten vorliegen. „Klare Regeln und fixe Termine“ werde es in den Behörden geben. „Das ist die dringendste Forderung all derer, die sich in den letzten Jahren mit Investitionen in Italien zurückgehalten haben.“

Und es folgen Taten: Am Mittwochabend machte Renzis Kabinett den Weg für die vereinfachte Genehmigung von Baumaßnahmen frei. Außerdem können Verwaltungsbeamte, die sich vor der Arbeit drücken, nun schneller entlassen werden.

Die Reform folgt auf eine Reihe im vergangenen Jahr enthüllter Skandale. So sorgten Beamte des Stadtrates von San Remo für Schlagzeilen, die morgens ihre Arbeitskarten stempelten – und dann gleich wieder nach Hause gingen. Ein Polizist der Küstenstadt wurde sogar dabei gefilmt, wie er die Karte in die Unterhose steckte, danach legte er sich wieder schlafen.

Beschäftigte, die den Staat täuschen, müssten innerhalb von 48 Stunden ohne Gehalt nach Hause geschickt und dann binnen eines Monats entlassen werden, sagt Madia. „Wenn das nicht passiert, wird ihr Chef zur Verantwortung gezogen und gefeuert.“

Italiens Bürokratiedschungel hatten sich vor ihr schon andere Politiker vorgenommen – bislang erfolglos. Doch Madia ist zuversichtlich, dass es diesmal klappen wird. Schließlich sind ihre Bestrebungen Teil eines komplexen Gesetzgebungsprozesses, der letztes Jahr in Gang gebracht wurde und nun allmählich umgesetzt wird. Zu den Neuerungen zählt auch Renzis Parlamentsreform, über die die Bürger im Oktober das letzte Wort haben.

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