
Kaum lief die Nachricht vom Rücktritt des IWF-Chefs Dominique Strauss-Kahns über die Ticker, da ging es in den Hinter- und Vorderzimmern der Weltpolitik zu wie in einem Hühnerstall. Wild schnatternd brachten mehr oder weniger einflussreiche Politiker Namen möglicher Nachfolger ins Gespräch. Während Frankreich und Deutschland den Spitzenposten unbedingt wieder mit einem Europäer besetzen wollen, drängen große Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien auf einen IWF-Direktor aus den eigenen Reihen.
Die besseren Argumente haben die Schwellenländer. Ihr Anteil am globalen Bruttoinlandsprodukt und ihr wirtschaftspolitischer Einfluss sind in den vergangenen Jahren dramatisch gewachsen. In der Stimmenverteilung des IWF und der Besetzung von Spitzenpositionen in der Washingtoner Behörde hat sich das jedoch nicht wider gespiegelt.
Das spricht dafür, die ungeschriebene Regel, nach der die Europäer den Chefposten beim IWF und die USA das Spitzenamt bei der Weltbank besetzen, über Bord zu werfen. Die Europäer und die Amerikaner wissen, dass der Status quo mittelfristig nicht zu halten ist. Doch gerade jetzt, mitten in der Schuldenkrise auf dem alten Kontinent, wollen die Europäer die Zügel beim IWF nicht aus der Hand geben.
Französische Nachfolgerin
Ein Europäer, so heißt es in Paris, Brüssel und Berlin, sei mit den spezifischen Problemen der Krisenländer auf dem alten Kontinent vertraut und kenne die politischen Verhandlungsmechanismen. Schon diese Argumentation lässt erkennen, welche Absichten hinter den Forderungen nach einem europäischen IWF-Chef wirklich stecken: Europa will sich durch einen Mann oder eine Frau aus den eigenen Reihen an der Spitze des IWF den uneingeschränkten Zugang zu Billigkrediten für Griechenland, Portugal und Co. sichern.
So kann es nicht verwundern, dass vor allem der Name der französischen Finanzministerin Christine Lagarde ins Spiel gebracht wird. Sie wird nicht nur von Frankreich, sondern offenbar auch von der Bundesregierung in Berlin unterstützt. Lagarde hat sich vehement für immer neue Hilfskredite an die Krisenländer der Euro-Peripherie stark gemacht – und hat somit die Mutation der Währungsunion zur Transferunion entscheidend voran getrieben.