IWF-Frühjahrstagung Scholz wirbt für Mindeststeuer für Google & Co.

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz sucht beim Frühjahrstreffens des IWF einen Kompromiss für die Besteuerung der GAFA. Quelle: dpa

Große Konzerne sollen ihre Gewinne nicht durch internationale Schlupflöcher am Fiskus vorbeischleusen – dafür sucht der SPD-Minister beim Frühjahrstreffen der Finanzminister in Washington Verbündete. Es könnte klappen.

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Wenn in Washington nahe dem Jefferson-Memorial die Kirschbäume ihre rosa Blütenpracht entfalten, kommen die Finanzminister und Notenbankchefs traditionell zur Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank zusammen. Dann sprechen sie über den Zustand der Finanzmärkte und der Weltwirtschaft, dann wird der deutsche Finanzminister regelmäßig ermahnt, mehr Geld auszugeben und so die Konjunktur anzukurbeln, und Donald Trump ist natürlich seit seinem Amtsantritt vor gut zwei Jahren immer ein Thema.

Diesmal könnte es aber dazu kommen, dass sich Deutsche und Amerikaner näherkommen – und dies ausgerechnet beim Reizthema Steuern. Es geht um eine Mindestbesteuerung und indirekt auch um die Besteuerung der digitalen Wirtschaft. Beides ist miteinander verwoben. Denn die drohende Digitalsteuer, die vor allem Frankreich auf die US-Konzerne Google, Apple, Facebook und Amazon (GAFA) erheben will, wollen die USA unbedingt verhindern.

Auch die Deutschen haben kein Interesse, die international üblichen Usancen zu ändern, wonach Gewinne dort besteuert werden, wo die Wertschöpfung stattfindet. Bei der Digitalsteuer, wie sie die Franzosen nun einführen wollen, würde aber die Steuer am Absatzmarkt ansetzen. Exportchampion Deutschland würde da am Ende nur verlieren.

Andererseits will Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) natürlich nicht, dass sich die GAFA davonstehlen und über Irland oder die Niederlande ihre in Europa erzielten Gewinne steuerlich nach unten optimieren. Im Gegensatz zu den Freunden in Paris möchte Scholz aber das Reglement nicht auf den Kopf stellen, sondern nur ergänzen – um eine De-Minimis-Regel. International tätige Unternehmen sollen sich nicht durch Gestaltungen über mehrere Länder hinweg steuerarm tricksen. Wenn ein Land nicht „ordentlich“ und „fair“ besteuert – beide Attribute sind natürlich relativ, je nach Betrachtungsweise –, dann soll ein anderes Land quasi einen Nachschlag erheben dürfen, wo der jeweilige Konzern aktiv ist.

US-Präsident Trump hat eine derartige Regel übrigens schon bei seiner Steuerreform von Ende 2017 eingeführt. Sie heißt GILTI (nomen est omen) und soll dafür sorgen, dass Unternehmen in den USA ihren, ja: fairen Steueranteil zahlen. Auf diese Weise will Trump Steuersubstrat für sein Land sichern, auch wenn er insgesamt den Unternehmenssteuersatz drastisch senkt. Davon ist Deutschland zwar weit entfernt, weil Scholz keine Notwendigkeit sieht, Unternehmen zu entlasten. Aber GILTI findet der SPD-Minister schon interessant und entspricht seinem Wunsch nach einer internationalen Mindestbesteuerung. Das macht den amerikanischen Finanzminister Steven Mnuchin zu einem Verbündeten von Scholz. Beide wollen sich am Rande der Frühjahrstagung treffen.

Auch IWF-Chefin Christine Lagarde kann einer Mindestbesteuerung wesentlich mehr abgewinnen als einer Digitalsteuer, die ihr Landsmann Emmanuel Macron gerade im Alleingang in Frankreich durchziehen will. Sie hat dem Vernehmen nach den deutschen Vorschlag auf die Tagesordnung bei den Gesprächen in Washington gesetzt. Vielleicht treibt die Mindestbesteuerung im Washingtoner Frühling nun (im übertragenen Sinne) aus, so dass die OECD als federführende Organisation den Ministern wie geplant im kommenden Jahr einen international zustimmungsfähigen Vorschlag vorlegen kann. Er könnte den Steuerwettbewerb in ein ruhigeres Fahrwasser lenken, und der Konflikt um die Besteuerung der Digitalwirtschaft wäre entschärft.

Allerdings kommt es aber auch noch darauf an, was die jeweiligen Finanzminister und Länder unter einer angemessenen Mindestbesteuerung verstehen. Die 25 Prozent, die im deutschen Außensteuergesetz (ASTG) seit Jahrzehnten stehen, können es jedenfalls nicht sein. Im Laufe der Jahre haben fast alle Staaten der Welt ihre Unternehmenssteuern unter diese Uraltmarke gesenkt. Inzwischen zählt Deutschland mit einer Steuerbelastung von über 30 Prozent für Körperschaften zu den unrühmlichen Spitzenreitern. Das schreckt ausländische Investoren ab und vertreibt heimische Unternehmen. Das deutsche Problem einer wirtschaftsfeindlichen Besteuerung hätte Finanzminister Scholz trotz De-Minimis-Regel noch nicht gelöst.

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