IWF-Tagung Der ewige Streit um Griechenland

Bundesfinanzminister Schäuble und IW-Chefin Lagarde streiten über die Bedingungen für ein neues Rettungsprogramm für Griechenland. Die Zeit drängt. Bis Juli muss das Land Schulden zurückzahlen.

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Diskussionen um Griechenland-Hilfen. Quelle: dpa

Washington Wolfgang Schäuble und Christine Lagarde haben ein fast schon freundschaftliches Verhältnis. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) steckt dem deutschen Finanzminister auf internationalen Konferenzen öfters mal ein Stück Schokolade zu. Schäuble wiederum lobt immer wieder das „vertrauensvolle Verhältnis“ zur IWF-Chefin.

Auf der Frühjahrstagung in Washington war von diesem guten Verhältnis allerdings wenig zu sehen. Schäuble war sichtlich genervt von Lagarde. Auffällig häufig betonte er, man müsse nicht jede Untersuchung aus dem IWF so ernst nehmen. Er werde „nie akzeptieren, dass der IWF die beste Expertise hat, was die Konstruktion europäischer Institutionen und Entscheidungsfindungen angeht“, sagte Schäuble. „Das hat er offensichtlich nicht.“

Schäubles Verärgerung hat nicht nur mit der Kritik des IWF am hohen deutschen Leistungsbilanzüberschuss zu tun, sondern auch viel mit Griechenland. Vor fast genau sieben Jahren beantragte Griechenland sein erstes Rettungsprogramm. Beim ersten und zweiten Rettungsprogramm war der IWF mit an Bord. Beim seit nun fast zwei Jahre laufenden dritten Programm hält sich der IWF bislang allerdings raus – zum Leidwesen Schäubles. Denn dessen CDU-Bundestagsfraktion pocht auf eine Beteiligung des Fonds. Der IWF ist für sie ein Garant für harte Sparauflagen. Ohne eine IWF-Beteiligung will die Union keine neuen Griechenland-Hilfen im Bundestag freigeben.

Deshalb droht schon bald ein neuer Griechenland-Showdown. Im Juli muss Athen Schulden zurückzahlen. Bis dahin braucht das Land frische Milliarden aus dem Rettungsprogramm, sonst wäre es pleite.

Zwar bestätigte IWF-Europachef Poul Thomsen auf der Frühjahrstagung, eine Einigung sei auf Arbeitsebene in greifbare Nähe gerückt. Doch das gilt bislang nur für die Reformauflagen. Bei den anderen entscheidenden Fragen – Schuldenerleichterungen und Höhe des griechischen Haushaltsüberschusses - liegen der IWF und Europa weiter auseinander, wie sich auf der Frühjahrstagung gezeigt hat.

So besteht Schäuble auf harte Haushaltsziele für Griechenland. Bis zu zehn Jahre soll das Land einen hohen Haushaltsüberschuss ohne Zinszahlungen von 3,5 Prozent erreichen. Der IWF hält das für unrealistisch.


Harte Verhandlungen erwartet

Auch wenn die Griechen im vergangenen Jahr einen unerwartet hohen Primärüberschuss von 3,9 Prozent erzielt haben: Dauerhaft sei ein solcher Sparaufwand keinem Land der Welt zuzumuten, heißt es beim Währungsfonds. Für Griechenland sei es besser, einen deutlich geringeren Überschuss anzuvisieren als die 3,5 Prozent und das freiwerdende Geld für Investitionen und Sozialreformen zu nutzen.

Noch weiter auseinander liegen die Kreditgeber bei der Frage nach Schuldenerleichterungen. Thomsen mahnte, eine weitere Stundung der Hilfsdarlehen sei dringend erforderlich. Bevor der IWF in den nächsten Wochen eine Entscheidung treffe, brauche er konkrete Zusagen der Euro-Partner, wie Griechenlands Schuldenstand nach Auslaufen des Programms reduziert werden könne. „Spezifizität“, nennt Thomsen das. Und die Zusagen müssten über das hinausgehen, was man bislang vereinbart habe.

Schäuble hingegen beharrt auf seiner Auffassung, wonach die bisherigen Absichtserklärungen ausreichten, dass die Europäer weitere Schuldenerleichterungen in Zukunft in Erwägung ziehen. Die Bundesregierung fürchtet, Schuldenerleichterungen für Griechenland könnten im Bundestagswahlkampf bei vielen Wählern schlecht ankommen.

Bis Juli muss nun ein Kompromiss her. Denkbar wäre etwa, die Formulierung „wenn nötig“ zu streichen, die beide Seiten in einem früheren Papier zu möglichen Schuldenvereinbarungen getroffen haben, heißt es in Gläubigerkreisen. Dass die Bundesregierung sich darauf festlegt, scheint aber unwahrscheinlich.

Ein anderer Weg wäre, verschiedene Optionen zu Schuldenerleichterungen aufzuzeigen und zu betonen, einige davon nach Auslaufen des Programms zu nutzen. Hier wäre wiederum die Frage, ob das dem IWF ausreicht. In deutschen Regierungskreisen stellt man sich auf harte Verhandlungen bis zur letzten Minute ein. „Es wird sicher wieder eine lange Verhandlungsnacht geben.“

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