IWF-Tagung Wirtschaft muss in den Wachstumsmodus wechseln

Finanzminister und Notenbankchefs warnen: Die Welt muss auf Wachstum schalten. Deshalb gilt - Reformen, Investitionen und globale Zusammenarbeit, damit Krisen im Keim erstickt werden können.

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Nach Jahren der Krisenabwehr soll die globale Wirtschaft endlich in den Wachstumsmodus wechseln. Dafür sprachen sich Finanzminister und Notenbankchefs aus aller Welt am Samstag bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington aus.

„Kräftiges, nachhaltiges Wachstum zu sichern und Anfälligkeiten zu reduzieren“, sei das vorrangige Ziel aller Mitglieder, erklärte der IWF-Lenkungsausschuss (IMFC) im Abschlusspapier des Treffens. Der Abbau der „hartnäckig hohen“ Arbeitslosigkeit müsse im Mittelpunkt stehen. Die Erholung der Weltwirtschaft sei bei allen Fortschritten noch nicht vollendet, hieß es in dem IMFC-Communiqué. „Obgleich die Gefahren an Gewicht verloren haben, bestehen weiter Abwärtsrisiken im globalen Ausblick.“

Probleme seien die neuerlichen Turbulenzen an den Kapitalmärkten in jüngster Zeit sowie eine sehr niedrige Inflation in einigen großen Volkswirtschaften. Auch die weiterhin hohe öffentliche und private Verschuldung in manchen Teilen der Welt sowie geopolitische Spannungen wie in der Ukraine böten Anlass zur Sorge.

Für die Erfolge im Kampf gegen die Finanzkrise in der Eurozone gab es beim Treffen der Vertreter von 188 Mitgliedsländern großes Lob. Die Rückkehr Griechenlands an den Anleihemarkt sei ein klares Zeichen, „dass da etwas funktioniert“, sagte IWF-Direktorin Christine Lagarde. Strukturreformen in den angeschlagenen Euroländern, die der Fonds mit Krediten unterstützt, hätten geholfen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte angesichts der Erfolge vor Selbstzufriedenheit. „Wir Europäer sind aus der Krise heraus“, sagte er, schränkte jedoch zugleich ein: „Wir sind aber noch nicht übern Berg“. Es sei gut, dass die Finanzmärkte wieder Vertrauen fassten. Doch teils gebe es aber schon wieder Übertreibungen.

Vor allem der niedrige Preisauftrieb in der Eurozone führte bei der Tagung zu Diskussionen. Die 24 Regierungs- und Notenbankvertreter im IMFC forderten die Europäische Zentralbank (EZB) auf, ihre Geldpolitik weiter zu lockern, wenn die niedrige Inflation in der Eurozone zu lange anhalte.

EZB-Chef Mario Draghi bekräftigte, die Entwicklung werde weiter genau beobachtet. Notfalls werde zu unkonventionellen Mitteln gegriffen. Es gebe aber derzeit keine Anzeichen für eine Abwärtsspirale bei den Preisen. So würden Konsumenten etwa keine Anschaffungen verschieben, um später von niedrigeren Preisen profitieren zu können.

Die Entwicklung des Euro

Draghi brachte auch die positive Entwicklung des Euro im Laufe der vergangenen Monate mit der niedrigen Inflationsrate in Verbindung. Weil der Wechselkurs wichtig für die Preisstabilität sei, würde eine Stärkung des Euro „eine weitere geldpolitische Lockerung erfordern“, sagte er.

„Wir bewegen uns in eine Phase der Stärkung“, meinte Lagarde. Aber die Entwicklung sei „zu unausgeglichen und zu zerbrechlich“. Rund um den Globus seien mehr Investitionen und strukturelle Reformen notwendig, erklärte der IMFC-Vorsitzende, Singapurs Finanzminister Tharman Shanmugaratnam. „Die Investitionen sind immer noch geringer, als sie an diesem Punkt der Erholung sein sollten.“

Schäuble nannte es wie Bundesbank-Präsident Jens Weidmann erfreulich, dass bei den Treffen in der US-Hauptstadt die Notwendigkeit von Strukturreformen wieder stärker betont worden sei. „Wir haben eine ganz erfreuliche Frühjahrstagung des IWF und der G20 hinter uns gebracht“, lobte er.

Die beiden deutschen Vertreter forderten erneut den US-Kongress auf, die Blockade der 2010 beschlossenen IWF-Reform zur Neuordnung der Stimmrechte aufzugeben. Es sei wirklich zu hoffen, dass dies bis Jahresende gelinge. Beide zeigten sich skeptisch über die von der G20-Gruppe ins Spiel gebrachten Alternative, die Reform ohne die USA und damit ohne den größten IWF-Anteilseigner voranzutreiben.

„Der beste Weg ist es, die US-Regierung in ihrem Werben gegenüber dem Kongress zu unterstützen“, sagte Weidmann. Die G20 hatten den USA am Freitag eine Frist bis Ende des Jahres gesetzt, um die Reform zu ratifizieren, die Schwellenländern wie China mehr Gewicht einräumt. Die USA besitzen mit mehr als 15 Prozent IWF-Anteil eine Sperrminorität für solche wichtigen Beschlüsse. „Wir sind tief enttäuscht von der weiteren Verzögerung“, erklärte der IWF-Lenkungsausschuss.

Um neue Marktturbulenzen zu vermeiden, sollten Zentralbanken in großen Ländern weiterhin sehr vorsichtig mit ihrer Geldpolitik umgehen und ihre Schritte sehr klar kommunizieren, hieß es ebenfalls im Abschlusspapier der Tagung. Eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit könne Ansteckungsgefahren bei Problemen vermeiden. Jede Region habe dabei aber ihre eigenen Herausforderungen.

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