Jahr des Schweins Wie das chinesische Neujahrsfest den Welthandel lähmt

Chinese New Year lähmt die Wirtschaft: Selbst der Bitcoin ist betroffen Quelle: dpa

Die Chinesen feiern jetzt den Beginn des neuen Jahres – 15 Tage lang. Fabriken stehen oft noch länger still. Das trifft die Wirtschaft weltweit: Es fahren weniger Schiffe – und selbst der Bitcoin ist betroffen.

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Wenn Chinesen das neue Jahr begrüßen, wünschen sie einander „Gong Xi Fa“. „Viel Glück beim Reichwerden“, heißt das übersetzt. Das hat eine gewisse Ironie. Denn die Feiertage gehören zu den wenigen Zeiten im Jahr, in denen kaum jemand arbeitet. Das Reichwerden pausiert. Nicht nur in China. Die Auswirkungen davon bekommen Unternehmen auf der ganzen Welt zu spüren.

Mehr als eine Milliarde Menschen feiern am 5. Februar den Beginn des Jahrs des Schweins. Ganz China leuchtet im Schein hunderttausenden Laternen rot. Die Menschen überreichen sich rote Umschläge und Geschenke. Auch in Malaysia, Singapur, Südkorea oder Vietnam wird das neue Jahr ausgelassen gefeiert. Familien kommen zusammen. Fabriken stehen still. Das Fest zum Mondneujahr – auch bekannt als das chinesische Neujahrsfest – ist einer der wichtigsten Feiertage weltweit.

In der Zeit davor steigt die Kauflaune in dem bevölkerungsreichsten Land der Welt. Danach herrscht Flaute: Die Produktion in Asien verlangsamt sich, die Nachfrage auch.

Die Folge: Weniger Schiffe kreuzen die Weltmeere, der Umschlag in den Häfen weltweit schwächelt. Weil die chinesischen Kunden weniger kaufen, ist der Februar für viele Industrie- und Handelsunternehmen kein guter Monat.

In diesem Jahr könnten die Folgen heftiger sein als je zuvor. Die chinesische Wirtschaft schwächelt, auch unter dem Druck des Handelsstreits mit der USA. Und so könnten viele Betriebe länger pausieren als gewöhnlich.

Dabei führt schon die übliche Auszeit zu Einschnitten. Drei Tage lang schließt die Börse in Hong Kong, Geschäfte und selbst Banken bleiben über eine Woche geschlossen. Bei vielen Fabriken dauert die Pause noch länger: „Unternehmen nutzen die Feiertage auch, um Wartungsarbeiten durchzuführen, Maschinen auszutauschen oder reparieren“, sagt Oliver Wack, der beim Verband der Deutschen Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) für Ost- und Südasien zuständig ist.

In diesem Jahr nutzen Fabriken die Feiertage auch, um ihre Kosten zu senken. So verlängert der Elektronikhersteller Janus nach Berichten des Guardian seine Neujahrs-Pause sogar bis Ende April – es ist eine chinesische Version der Kurzarbeitszeit.

In der globalisierten Welt lösen die Produktionspausen eine Kettenreaktion aus. Zuerst spürt das die Schifffahrt. Die chinesischen Häfen zählen zu den größten der Welt. Drei Tage stoppen sie ihren Betrieb. Auch im restlichen Februar werden dort viel weniger Container verladen als üblich. Weil die Fabriken weniger produzieren, muss weniger versendet werden.

Die Reeder spüren das an der mangelnden Nachfrage für ihre Schiffe. Jedes Jahr sinken rund um das Mondneujahr die Preise, in der Schifffahrt Raten genannt. Im Schnitt fielen die Raten in den vergangenen Neujahrsfeiern um 1,5 Prozent, meldet der Branchenanalysedienst Drewry.

Die Reeder reagieren, in dem sie ganze Fahrten streichen: Alleine auf der Route zwischen Asien und der amerikanischen Westküste werden im Februar 15 Schiffe weniger fahren. Zwischen Europa und Asien sind es acht Dienste, die ausfallen, berichtet Drewry.

Das trifft einige Häfen extrem: Los Angeles, der größte Hafen Amerikas, vermeldete im Februar 2018 über 30 Prozent weniger verladene Container im Vergleich zum Vormonat. Der Grund: weniger Importe aus China.

In Hamburg machen sich die Feiertage hingegen nur begrenzt bemerkbar, berichtet der Hafenbetreiber HHLA. „Das ist ein bisschen so wie hier an Weihnachten oder Silvester“, sagt eine Sprecherin.

Das Jahr beginnt nicht besonders glücklich

Ein Weihnachten ganz in Rot. Traditionell überreichen sich Chinesen zum neuen Jahr rote Umschläge mit Geschenken. Unternehmen übergeben auf diese Art auch gerne ein 13. Jahresgehalt. Modeketten und Luxushersteller bringen eigene Kollektionen zu dem Anlass heraus. 137 Milliarden Dollar gaben Chinesen im vergangenen Jahr für Geschenke und Restaurantbesuche aus, berichtet Bloomberg.

Um ihre Familien zu sehen, reisen sie durch das ganze Land. Wer im Ausland lebt, fliegt heim nach Asien. Die Onlinereiseplattform Ctrip, eine der größten in China, prognostiziert für dieses Jahr, dass die Chinesen mehr als 400 Millionen Reisen tätigen werden. Es ist wohl eine der größten Bevölkerungswanderung, die die Welt jedes Jahr sieht.

So verzeichnete die chinesische Glücksspielmetropole Macau im vergangenen Jahr fast eine Millionen Besucher während der Feiertage – 40 Prozent mehr als in einer normalen Woche. Die Hotelpreise stiegen um das Vierfache an.

Allerdings sinkt die Lust der Chinesen, die langen Feiertage auch zu nutzen, um selbst etwas von der Welt zu sehen. Sieben Millionen Überseereisen prognostiziert Ctrip für dieses Neujahrsfest. Nach Daten von Ctrip sind in diesem Jahr Thailand, Japan, Indonesien und Singapur die beliebtesten Ziele. Für das Ferne Europa fehlt es ihnen dieses Jahr an Budget in der Reisekasse.

Eigentlich ist das Schwein ein Glücksbringer, auch im traditionellen chinesischen Kalender. Doch das Jahr des Schweins beginnt nicht besonders glücklich: Solange Handelsstreit und Wirtschaftsflaute herrschen, wird das Reichwerden schwieriger für viele Chinesen schwieriger.

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