Jeff Sessions Der ungeliebte Schoßhund

Während sein politisches Schicksal auf der Kippe steht, macht US-Justizminister Jeff Sessions stoisch weiter seine Arbeit. Ungeachtet der öffentlichen Bloßstellungen durch Donald Trump hält er dem Präsidenten die Treue.

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„Ich bin überzeugt davon zu wissen, was im Justizministerium gebraucht wird und was Präsident Trump will. Ich teile seine Absichten.“ Quelle: AP

San Salvador Der oberste Strafverfolger der USA besucht ein Gefängnis in El Salvador und mustert tätowierte Gangmitglieder, die mit dem Rücken vor ihm auf dem auf dem Betonboden ihrer Zellen sitzen. Gegen den trommelnden Regen auf dem Blechdach ist die sanfte Stimme von Jeff Sessions kaum zu verstehen, als der Justizminister sich mit Polizisten unterhält.

In einer Woche, in der sein Amt und seine Zukunft ernsthaft in Frage stehen, hält sich Sessions Tausende Kilometer von Washington entfernt auf, umgeben von Stacheldraht und schwer bewaffneten Soldaten. Nachdem er von US-Präsident Donald Trump öffentlich demontiert wurde, engagiert sich der Minister umso stärker für sein Amt, das er liebt.

Für Sessions ist die Leitung des Justizministeriums eine Gelegenheit, greifbare Erfolge auf Gebieten zu erzielen, für die er sich seit 20 Jahren im US-Senat einsetzt. Dort warb er - oft gegen den Widerstand seiner republikanischen Parteikollegen - vor allem für eine restriktive Einwanderungspolitik und einen aggressiven Kampf gegen Gangs, Drogen und Waffenkriminalität.

Mit diesen Schwerpunkten kehrt er sich deutlich ab von der Politik des Justizministeriums unter Trumps Vorgänger Barack Obama. Damals lag der Fokus auf der Prävention von High-Tech-Angriffen aus dem Ausland sowie von Wirtschaftskriminalität und gewalttätigem Extremismus im Inland.

Allerdings schwebt über Sessions' Arbeit oft der Schatten der Russland-Ermittlungen. Der Minister stand selbst wegen seiner Kontakte zum russischen Botschafter in den USA in der Kritik und zog sich aus den Ermittlungen zurück. Trump reagierte darauf sichtlich genervt. In der vergangenen Woche stellte er seinen Generalstaatsanwalt fast täglich öffentlich bloß.

Session bemühte sich, in San Salvador den Turbulenzen zu trotzen. Thema der bereits seit längerem geplanten Reise war unter anderem das kriminelle Treiben der Straßengang MS-13, deren Brutalität in den USA eine wichtige Rolle in der Einwanderungsdebatte spielt. Der frühere Senator aus Alabama hofft nach eigenen Worten, sein angeschlagenes Verhältnis zu Trump zu retten.

„Was meine Beziehung zum Präsidenten angeht, war dies nicht meine beste Woche“, sagte Session der Nachrichtenagentur AP. „Aber ich bin überzeugt davon zu wissen, was im Justizministerium gebraucht wird und was Präsident Trump will. Ich teile seine Absichten.“


Umstritten bei Demokraten und Republikanern

Sessions hatte auf dem Höhepunkt des Drogenkriegs Erfahrungen als Bundesanwalt in der Stadt Mobile in Alabama gesammelt. Diese prägen heute seinen Ansatz bei der Leitung des Justizministeriums. Vorwürfe über rassistische Bemerkungen kosteten ihn das Amt eines Bundesrichters, doch er wurde stattdessen Justizminister von Alabama. 1996 wurde er in den Senat gewählt, wo er die Auseinandersetzung mit Parteikollegen nicht scheute und deshalb häufig zum Einzelkämpfer wurde.

Im vergangenen Jahr setzte sich Sessions gegen eine geplante Strafrechtsreform ein, auf die sich Konservative und Liberale geeinigt hatte. Er war auch einer der führenden Gegner eines Gesetzes zur Lockerung der Einwanderungsbeschränkungen im Jahr 2013.

Dieses Thema brachte ihn mit Trump zusammen. Sessions war der erste Senator, der Trump öffentlich unterstützte. Der Präsident revanchierte sich später, indem er den 70-Jährigen zum Justizminister ernannte. Der Posten gehe „über alles hinaus, was ich mir jemals für mich hätte vorstellen könnten“, erklärte Sessions.

„Im Senat wird man für seine Worte bezahlt“, sagte er der AP in El Salvador. „Aber im Justizministerium kann man ab und zu tatsächlich handeln und Prioritäten setzen und sehen, wie Entscheidungen tatsächlich in Kraft treten.“ Nach 14 Jahren als Bundesanwalt sei der Weg ins Justizministerium für ihn wie eine Heimkehr zu einem Job, den er liebe: „Im Justizministerium kann man Dinge verwirklichen.“

Sessions setzte dort rasch seine eigene Duftmarke und geriet sowohl mit Demokraten als auch Mitgliedern der eigenen Partei aneinander. Er macht sich für ein hartes Vorgehen gegen Marihuana stark, das immer mehr US-Staaten legalisieren wollen. Städten, die nicht mit den Einwanderungsbehörden kooperieren, droht er mit dem Entzug von Bundesgeldern.

Timothy Heaphy, ein früherer Bundesanwalt aus Virginia unter Expräsident Barack Obama, kritisiert Sessions' hohes Reformtempo. „Er ist offensichtlich mit der Agenda angetreten, zu einer harten Linie gegen Verbrecher und für Recht und Ordnung zurückzukehren“, sagte Heaphy. „Er ignoriert all die Fortschritte, die wir erzielt haben.“

In seinen letzten Jahren immer Senat hatte Sessions verstärkt die Aufmerksamkeit der extremen Rechten auf sich gezogen. Er war ein Liebling der rechten Website Breitbart, die früher von Trumps heutigem Chefberater Steve Bannon betrieben wurde. Jenny Beth Martin, Mitbegründerin der konservativen Organisation Tea Party Patriots, lobte Sessions „Kampfgeist“ und erklärte, der Minister setzte sich für Menschen ein, deren Stimmen im Kongress nicht immer Gehör gefunden hätten.

Sessions selbst zeigt sich zufrieden mit seiner bisherigen Bilanz. „Ein paar Dinge, die wir in Angriff genommen haben, beginnen gerade heranzureifen“, sagte er der AP. „Ich bin sehr froh über das Tempo, in dem vieles passiert. Manchmal wissen die Menschen in Amerika vielleicht gar nicht, wie effektiv das war.“

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