Jeff Sessions Das Ende des liberalen Rechtsstaats

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„Schlanker Rechtsstaat“ – aber nicht für Kiffer



Fragen nach einem Sonderermittler zu der sogenannten E-Mail-Affäre um Hillary Clinton und seine Meinung zu einer Strafverfolgung federt Sessions hingegen gekonnt ab: Hier werde er sich komplett zurückziehen. Im Wahlkampf hatte er sich noch negativ zu Clinton geäußert. Jetzt sagt er: „Politische Kämpfe dürfen niemals juristische Kämpfe werden.”

Sessions zeigt sich als jemand, der sich an Gesetze hält und das auch von anderen verlangt. Doch seine weiße Weste hat dunkle Flecken. Der Senator aus dem für den Ku-Klux-Klan berüchtigten Alabama wurde wegen rassistischer Aussagen schon einmal als Bundesrichter abgelehnt. Das ficht ihn auch heute nicht an. Die damaligen Vorwürfe seien allesamt falsch, betont er am Dienstag, während Demonstranten mit Ku-Klux-Klan-Hauben aus dem Saal geführt werden. Keine Einsicht, kein „Ich habe mich geändert”.

Seine Botschaft bringt Sessions dabei klar herüber: Es gibt Gesetze in den USA und ich werde sie emotionslos durchsetzen. Egal, ob ich sie mag oder nicht. Er gibt den einsamen Sheriff auf der staubigen Landstraße im Wilden Westen, der sich entschlossen den Desperados in den Weg stellt. Der Law-and-Order-Mann hatte schon angesichts von Massenprotesten gegen Polizeigewalt vor „überzogener Kritik an der Polizei“ gewarnt.

Das bleibt von Obamas Amtszeit
Barack Obama steckt die Hülle auf seinen Stift, nachdem er im Oval Office die Anordnung zur Schließung des Gefängnisses in Guantanamo Bay unterzeichnet hat. Quelle: AP
Sein Versprechen, das Lager, das mit Folter und Unrecht in Verbindung gebracht wird, binnen eines Jahres zu schließen, konnte Obama nicht einhalten Quelle: AP
Obamacare: Weniger als neun Prozent aller Amerikaner sind derzeit noch ohne Gesundheitsversorgung. Quelle: REUTERS
Obamacare in Gefahr: Donald Trump will einen Teil abschaffen. Quelle: REUTERS
Mit einer Arbeitslosenquote von 4,7 Prozent übergibt Obama die größte Volkswirtschaft der Welt an Trump. Quelle: dpa
Rund 25.000 US-Soldaten waren im Afghanistan-Einsatz, als Obama Präsident wurde. Quelle: REUTERS
Als Obama 2009 antrat, hatten Homosexuelle nur in ganz wenigen Staaten Rechtssicherheit. Quelle: AP

Nicht an linke Kritiker, sondern an moderate Republikaner richtet sich seine Botschaft. Sie sollen sicher sein, dass die Zeiten des liberalen Obama-Rechtsstaats vorbei sind. Und Trump braucht jemanden in seinem Team, der diese Gruppe anspricht – auch wenn Sessions betont, er werde immer seine Unabhängigkeit zu Trump wahren.

Auf die Frage des demokratischen Senators Patrick Leahy, ob das Anfassen von weiblichen Genitalien ohne Zustimmung sexuelle Belästigung sei, antwortete er mit einem klaren „Ja”. Im Wahlkampf allerdings hatte er noch Zweifel daran geäußert, als Tonaufnahmen veröffentlicht wurden, in denen Trump sich dessen gebrüstet hatte.

Kritiker beäugen auch Sessions‘ Nähe zum Christentum skeptisch. Die Trennung von Staat und Kirche gehe ihm etwas zu weit, hat er früher schon mal betont. Er sympathisiert offenbar mit der Idee einiger Bundesstaaten, die Gesetze zur Homo-Ehe, die ihnen durch Obama aufgezwungen wurden, durch eigene “Gesetze zur Religionsfreiheit” wieder auszuhebeln. So sagt Sessions am Dienstag, wenn die einzelnen Bundesstaaten ihre Aufgaben erfüllten, gebe es keinen Grund, warum Washington Bundesrecht anwenden müsse.

Ohnehin findet er einen „schlanken Rechtsstaat“ unausweichlich. Allerdings will er nicht ausschließen, dass die Bundespolizei Drogenhändler und -konsumenten in denjenigen Staaten verhaften lässt, in denen Marihuana legalisiert ist. So weit geht sein schlanker Rechtsstaat dann wohl doch nicht.

Die Befragung von Jeff Sessions wird am Mittwoch weitergehen. Ein Scheitern seiner Nominierung halten Beobachter allerdings trotz einiger Ungereimtheiten für unwahrscheinlich. Schließlich halten die Republikaner die Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus. Und keiner der moderaten republikanischen Parlamentarier hat zu erkennen gegeben, dass er den wohl radikalsten und umstrittensten Kandidaten für die neue Regierung ablehnen wird.

Dazu bräuchte es eine dramatische neue Erkenntnis über Sessions. Die ist aber nicht in Sicht. Und wenn Sessions durchkommt, ist der Damm gebrochen. Für die anderen werden die Anhörungen dann nur noch Formsache sein.

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