John-Bolton-Buch über Trump „Zölle sind der beste Freund des Mannes“

Nach monatelangem Hin und Her, einem Rechtsstreit und mehreren Vorab-Durchstechereien erscheint in den Vereinigten Staaten nun endlich das Buch von John Bolton. Quelle: AP

Seit Wochen kursieren Passagen des John-Bolton-Buchs in der Öffentlichkeit. Nun kommt das Werk des ehemaligen Top-Beraters von Donald Trump endlich auf den Markt und gibt Einblicke in den Regierungsstil des Präsidenten und Gespräche mit Merkel.

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Heute ist der Tag, auf den viele US-Buchhändler seit Wochen warten: Nach monatelangem Hin und Her, einem Rechtsstreit und mehreren Vorab-Durchstechereien erscheint in den Vereinigten Staaten nun endlich das Buch von John Bolton, 17 Monate lang Nationaler Sicherheitsberater im Weißen Haus unter Donald Trump. Zahlreiche Details sind bereits durchgesickert, die meisten hochnotpeinlich für den Präsidenten, der angeblich nicht weiß, dass Finnland nicht zu Russland gehört und der Chinas Präsident Xi Jinping zum Kauf von landwirtschaftlichen Produkten drängt, um seine Wiederwahl zu sichern.

In dem Buch „The Room Where It Happened“ beschreibt der ehemalige Top-Berater ein Staatsoberhaupt, dass nur schwer von seinen Überzeugungen abzubringen ist – ganz unabhängig von deren Wahrheitsgehalt. Trump wirkt auf den über 500 Seiten beratungsresistent und völlig von sich überzeugt, gleichzeitig schlecht informiert und desinteressiert. Dass es diese Kombination seinen Gesprächspartnern schwer macht, etwa in Handelsfragen Fortschritte zu erzielen, ist da kaum überraschend – und bekam auch der Ex-Sicherheitsberater schnell zu spüren. Und er belegt es – beispielsweise mit Berichten über Beratungen zwischen den USA und Deutschland.

Bereits kurz nach seinem Amtsantritt im April 2018 nimmt Bolton erstmals an einem Treffen zwischen Trump und Bundeskanzlerin Angela Merkel teil. Es läuft nicht gut. Der Präsident, schreibt er, eröffnet das Gespräch mit meiner Beschwerde über Nord Stream 2. Deutschland „füttert das Biest“ (gemeint ist Russland), so Trump mit Blick auf das Pipeline-Projekt. Dann zieht er über die Europäische Union her, die „schlimmer als China, nur kleiner“ sei und die aus Sicht der Präsidenten nur gegründet wurde, um die USA zu übervorteilen.

von Jörn Petring, Cornelius Welp, Sascha Zastiral

Merkel hält dagegen, schreibt Bolton. Doch sie kommt nicht weiter. Als sie Trump zu überzeugen versucht, die damals bereits geplanten US-Zölle auf Aluminium und Stahl für drei bis vier Monate zu verschieben, um Verhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten und der EU zu ermöglichen, blockt Trump ab. Er wolle nicht mit Brüssel reden. Außerdem sei ein Aufschub ohnehin Zeitverschwendung, schließlich gelänge es den Deutschen nicht einmal, ihre NATO-Verpflichtungen einzuhalten und zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Verteidigungsausgaben zu stecken. Letzteres stellt die Kanzlerin schließlich bis 2030 in Aussicht. Beim Thema Handel gibt sie auf. Der Präsident könnte mit Blick auf Zölle „tun, was immer er will, denn er ist ein freier Mann“, zitiert Bolton.

Es ist ein Dreiklang, der sich durch die Interaktionen zwischen Präsident und Kanzlerin zieht. Zölle, Nord Stream 2, Verteidigungsausgaben. Vom Fleck kommen die beiden Boltons Beschreibung zufolge nie – zumal andere Themen wie das Atomabkommen mit dem Iran oder der INF-Vertrag die Gespräche zwischen beiden Ländern ohnehin verkomplizieren.

Andere kommen immerhin zeitweise weiter. Dass es möglich ist, bewies im Juni 2018 das Treffen zwischen Trump und dem damaligen EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, das einen vollständigen Handelskrieg zwischen Washington und Brüssel zumindest verzögerte. Abzusehen war das nicht. Trump, schreibt Bolton, hatte noch kurz vor dem Gipfel über den Luxemburger hergezogen, Er sei „ein bösartiger Mann“, der „die Vereinigten Staaten krampfhaft hasst“, so Trump laut Bolton zu NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Wenige Tage danach dann trotzdem die vorläufige Vereinbarung. Seitdem stocken die Handelsgespräche allerdings. Für Bolton schienen sie ohnehin nie eine Rolle zu spielen. Im Buch kommen sie nicht vor.

Nicht, dass sie mit Trump im Weißen Haus sonderlich aussichtsreich gewesen wären. Bolton beschreibt das Staatsoberhaupt sei beim Thema Handel völlig unbeweglich. „Zölle sind der beste Freund des Mannes“, gibt er seiner Verhandlungsdelegation mit auf den Weg, als diese Vorbereitungen für ihre erste Peking-Reise, um einen Vertrag mit China vorzubereiten. In den folgenden Jahren eskaliert der Streit zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt immer weiter. Endgültig gelöst ist er bis heute nicht.

Dass auch seine Gegenüber ihre Bekenntnisse zum Freihandel nicht immer ganz ernst meinen, testete der Präsident gleichwohl ebenfalls aus. Als Trump beim G7-Gipfel in Charlevoix wegen der US-Handelspolitik von allen Seiten kritisiert wird, schlägt er plötzlich vor, sämtliche Handelsbarrieren abzubauen. Das lässt seine Kritiker verstummen, schreibt Bolton. „Die Diskussion zeigte die Heuchelei internationaler Handelsgespräche“, heißt es. „Freihandel ist immer gut für alle anderen, aber nicht für bestimmte Sektoren der eigenen Wirtschaft.“

Dass Trump an der Handelsfront trotz aller Bemühungen nicht wirklich erfolgreich ist, überrascht Bolton nicht. Die Entscheidungsfindung bei diesem Thema sei „schmerzhaft“ gewesen, schreibt er. Die Beratungen innerhalb des Weißen Hauses hätten eher an einen „Essenskampf“ erinnert, denn an einen ordentlichen Prozess. „Würde ich an Yoga glauben: Nach diesen Beratungen hätte ich es gebraucht“, schreibt der Ex-Berater.

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